Menschen „liquidiert“

Kasachstan-Demos: Präsident erteilte Schießbefehl

Ausland
07.01.2022 10:49

In Kasachstan tobt seit Tagen ein Aufstand gegen das autoritäre Regime der Republik. Nach schweren Unruhen hat der Präsident des Landes, Kassym-Schomart Tokajew, am Freitag einen Schießbefehl gegen militante Demonstranten erteilt. „Ich habe den Sicherheitskräften und der Armee den Befehl gegeben, ohne Vorwarnung das Feuer zu eröffnen“, sagte er in einer Fernsehansprache. Zuvor hatte Tokajew die Niederschlagung der Proteste in seinem Land verkündet. Das kasachische Innenministerium berichtete, dass die Sicherheitskräfte 26 Menschen „liquidiert“ hätten. Zudem habe es mehr als 3000 Festnahmen gegeben.

Bei den 26 Personen habe sich um „bewaffnete Kriminelle“ gehandelt, so das Ministerium. Zudem seien mehr als 3000 Menschen in der Millionenmetropole Almaty festgenommen worden. 18 Polizisten und Nationalgardisten seien bei den Auseinandersetzungen getötet worden, 748 verletzt. Staatschef Tokajew erklärte, es hätten insgesamt 20.000 „Banditen“ die Millionenstadt Almaty im Südosten des zentralasiatischen Landes angegriffen, wo die Unruhen in den vergangenen Tagen besonders heftig waren.

Aus dem Ausland kämen Aufrufe zu einer friedlichen Lösung der Krise. „Welch eine Dummheit! Was für Verhandlungen kann es mit Verbrechern und Mördern geben?“, so Tokajew im TV. Er bezeichnete Demonstranten auch als „Terroristen“ und als aus dem Ausland gesteuert. Derzeit ist es schwierig, Informationen unabhängig zu überprüfen. Immer wieder wird in Kasachstan das Internet abgestellt, die Grenze wurde für Ausländer geschlossen.

Russische „Friedenstruppen“ bereits eingetroffen
Die Proteste hatten sich an der Erhöhung von Treibstoff-Preisen entzündet. Der Rücktritt der Regierung und die Rücknahme der Preiserhöhung für Autogas durch Präsident Tokajew haben die Menschen jedoch nicht beruhigt, weswegen dieser die russisch geführte Verteidigungsallianz OVKS zum Eingreifen aufforderte. Erste Einheiten der „Friedenstruppe“ trafen am Donnerstag ein.

Viele Kasachen werfen den Behörden und der Elite des ölreichen Landes Bereicherung vor, während die allermeisten der knapp 19 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner arm bleiben.

Wirtschaftsdelegierter schildert Lage vor Ort
Die „Krone“ erreichte am Donnerstag in Almaty den österreichischen Wirtschaftsdelegierten Clemens Machal. Brennenende Paläste, Schüsse und rollende Panzer - die Revolte in der ehemaligen Hauptstadt des Landes spielte sich direkt vor den Augen des 44-jährigen Wieners ab: „Menschenmassen zogen durch die Straßen. Einige Demonstranten waren mit Knüppeln bewaffnet und konnten den Polizeikräften Helme und Plexiglasschilde abnehmen. Dann fielen Schüsse, das alarmierte Militär musste sich kurzfristig zurückziehen.“

Ölpreis steigt angesichts der Unruhen
Am Donnerstag war der Preis für US-Öl noch um etwa drei Prozent und der für Brent-Öl um mehr als zwei Prozent gestiegen. Am Markt wurde unter anderem auf die Unruhen im Förderland Kasachstan verwiesen. Mittlerweile hat Russland Soldaten in den zentralasiatischen Staat verlegt. International wächst die Sorge vor einer weiteren Eskalation. Kasachstan stemmt nach Einschätzung von Rohstoffexperten der Commerzbank eine Ölförderung von 1,6 Millionen Barrel pro Tag. Zudem ist das Land einer der wichtigsten Produzenten von Uran für Atomkraftwerke.

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