Assistierter Suizid

„Es bekommt den Charakter der Alltäglichkeit“

Vorarlberg
25.10.2021 08:25

Vor knapp einem Jahr hat der Verfassungsgerichtshof entschieden, dass die Bestrafung der Mithilfe am Suizid „dem Recht auf Selbstbestimmung widerspricht“. Als Konsequenz darauf will die Bundesregierung bald ein Sterbeverfügungsgesetz verabschieden, welches die Möglichkeit eines assistierten Suizids beinhaltet. Vorarlbergs Caritas-Chef Walter Schmolly sieht den Entwurf kritisch.

Konkret sieht die Vorlage zum neuen Sterbeverfügungsgesetz vor, dass unheilbar kranke Menschen ab 1. Jänner 2022 ein tödliches Präparat in Apotheken beziehen können, welches sie sich danach selbst zuführen müssen. Die Assistenz zur Sterbehilfe beschränkt sich darauf, dass die Betroffenen, die ja meist bettlägerig sind, einen in ihrer Sterbeverfügung genannten Vertreter damit beauftragen können, das Medikament aus der Apotheke abzuholen - auch eine Zustellung seitens der Apotheke ist möglich. Diese Vorgehensweise sieht Vorarlbergs Caritas-Direktor Walter Schmolly überaus kritisch: „Dass das tödliche Präparat in der Apotheke abgeholt wird, gibt dem Vorgang den Charakter von Alltäglichkeit.“

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Letztlich geht es darum, dass Menschen den assistierten Suizid nicht aus der Sorge heraus wählen, dass sie jemandem zur Last fallen oder weil sie sich sonst irgendwie gedrängt fühlen.

Vorarlbergs Caritas-Direktor Walter SCHMOLLY

„Assistenz zum Leben“
Es gelte vor allem eine Frage zu beantworten: „Wird durch dieses Gesetz die Tür nicht zu weit aufgestoßen, sodass der assistierte Suizid zu etwas nahezu ,Normalem´ und ,Alltäglichem’ wird?“ Schmolly erinnert in diesem Zusammenhang an ein Zitat der Hospiz-Gründerin Cicely Saunders: „Du zählst, weil Du du bist. Und du wirst bis zum letzten Augenblick deines Lebens eine Bedeutung haben.“ Würde die Assistenz zum Suizid straffrei gestellt, drohe diese Maxime peu a peu ausgehöhlt zu werden. Für Schmolly ist klar: „Die bedingungslose Assistenz zum Leben muss unsere gemeinsame erste Aufgabe bleiben!“

Der Vorarlberger Caritasdirektor bemängelt am Gesetzesentwurf aber noch einen weiteren Punkt: Bei der Aufhebung des Verbots des assistierten Suizids hatte der Verfassungsgerichtshof vor allem mit dem Recht des Menschen auf Selbstbestimmung argumentiert - allerdings mit dem Hinweis, dass die „freie Selbstbestimmung durch vielfältige soziale und ökonomische Umstände beeinflusst wird“. Dahinter stand die Befürchtung, dass todkranke Menschen womöglich den Freitod wählen, weil sie nicht zur Last fallen wollen. Folglich hat das Höchstgericht gefordert, dass in einem neuen Gesetz Maßnahmen vorzusehen seien, die genau das verhindern.

Diese Forderung sieht Schmolly allerdings keineswegs verwirklicht. Der Entwurf sähe nämlich einzig eine Aufklärung im Rahmen von Gesprächen mit einer Ärztin oder einem Arzt vor: „Das ist zu wenig. Es kann nicht alles in ein medizinisches Gespräch gepackt werden. Es wäre wichtig, dass zusätzlich eine psychologische und psychosoziale Beratung vorgesehen wird.“

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