Happy Birthday

Barry Gibb, der letzte Bee Gee, wird 75 Jahre jung

Musik
01.09.2021 06:00

Seine Stimme prägte die größten Hits der Bee Gees. Klassiker wie „Staying Alive“ oder „Night Fever“ wären ohne den Falsettgesang von Barry Gibb undenkbar. Eher zufällig und relativ spät entdeckte der Sänger seine Kopfstimme. Bei den Aufnahmen zu „Nights On Broadway“ im Jänner 1975 schlug Produzent Arif Mardin vor, den Refrain mit kreischendem Hintergrundgesang zu ergänzen. Barry versuchte es und staunte über seinen eigenen Stimmumfang. Ein neuer Bee-Gees-Sound war geboren.

(Bild: kmm)

Damals trug Frauenschwarm Gibb zu seinem strahlend weißen Lächeln das Hemd offen und die vollen Haare dauergewellt und hochgeföhnt. Von der Frisur ist heute nur ein wenig graues Resthaar übrig. Sein Lächeln zeigt Barry Gibb nicht mehr so häufig. Der letzte überlebende Bee Gee, der heute, am 1. September, 75 Jahre alt wird, ist nachdenklich geworden. Maurice starb 2003, Robin 2012. Der jüngste Bruder Andy, der nie offizielles Mitglied der Band war, war schon 1988 gestorben.

Erfolg in Down Under
Schon als Kind trat Gibb in den 50er-Jahren mit seinen Brüdern auf. Geboren am 1. September 1946 in Douglas auf der Isle Of Man, lebt er mit seiner Familie einige Jahre in Manchester, wo er mit den drei Jahre jüngeren Zwillingen Andy und Maurice die Skiffle-Band The Rattlesnakes gründet. Als Zwölfjähriger wandert er mit der Familie nach Australien aus. Aus den Rattlesnakes werden die Bee Gees, die mit ihrem genialen Harmoniegesang nicht nur in Down Under für Aufsehen sorgen, sondern auch in ihrer alten Heimat.

Für die Karriere der Söhne siedelt die Familie 1967 zurück nach Großbritannien, wo die British Invasion mit Bands wie den Beatles und den Rolling Stones Fahrt aufnimmt. „Wir waren uns alle drei einig, dass wir um jeden Preis berühmt sein wollten“, erinnert sich Gibb in dem hervorragenden Dokumentarfilm „How Can You Mend A Broken Heart“, der im vergangenen Jahr veröffentlicht wurde.

Schwere Streitereien
Noch im selben Jahr erscheint das Debütalbum „Bee Gees‘ 1st“ mit dem Megahit „To Love Somebody“. Der Grundstein für die Weltkarriere ist gelegt, doch der Ruhm hat Schattenseiten. Die Harmonie existiert bald nur noch im Gesang der Bee Gees. Mit wachsendem Erfolg verschlechtert sich das Verhältnis der Brüder. „Als wir berühmt wurden, habe ich aufgehört, Robin und sein Privatleben zu kennen, und genauso mit Maurice“, klagt Gibb. „Wir haben nicht mehr dasselbe Leben gelebt.“ Für kurze Zeit verlässt Robin sogar die Gruppe. Barry und er kommunizieren zeitweise nur durch Maurice miteinander - oder sprechen in der britischen Presse übereinander.

In den 70er-Jahren kämpft das Trio mit Alkohol- und Drogenproblemen. Kommerziell geht es auch bergab. „Es gab überhaupt kein Interesse mehr an uns“, so Gibb. Bis sich die Bee Gees 1975 neu erfinden. Ihr 13. Album „Main Course“, das komplett in den USA aufgenommen wird, enthält moderne Elemente - Funk, Soul und R&B. Die Hitsingles „Nights On Broadway“ und „Jive Talkin‘“ markieren nicht nur die Geburt von Barrys Falsettgesang, sondern sind auch Wegweiser für den Discosound.

Plötzlich Ikonen
Mit ihrem Beitrag zum Soundtrack des John-Travolta-Kultfilms „Saturday Night Fever“ werden die Bee Gees dann - eher ungewollt - zu Ikonen der Disco-Bewegung. In nur wenigen Wochen produzieren sie die drei Nummer-eins-Hits „Stayin‘ Alive“, „How Deep Is Your Love“ und „Night Fever“, dazu „More Than A Woman“ und „If I Can‘t Have You“.

Die Band spielt weltweit ausverkaufte Konzerte, doch wieder hat der Erfolg auch eine Kehrseite. Die Bee Gees werden zum Hasssymbol der „Disco Sucks“-Bewegung und genervter Radio-Discjockeys. „Nachdem Disco in Ungnade gefallen war und wir angegriffen wurden, weil unser “Saturday Night Fever“-Soundtrack zu allgegenwärtig war, mussten wir in Deckung gehen“, erzählte Gibb vor kurzem im „Zeit“-Interview. Die Band zieht sich für ein paar Jahre zurück. Die Brüder schreiben für andere Künstler. „Das half uns, zu überleben. Außerdem war es ein Statement: Wir sind Songwriter, und zwar gute!“ Barry bringt erstmals ein Soloalbum heraus. Zwei weitere sind bis heute unveröffentlicht. Erst 2016 erscheint mit „In The Now“ wieder ein Solowerk von ihm.

Leicht von der Hand
Ein gutes Händchen hat Sir Barry, wie er sich seit dem Ritterschlag 2018 nennen darf, auch als Produzent. Für Barbra Streisand schreibt und produziert er 1980 ihr erfolgreichstes Album „Guilty“ mit Evergreens wie „Woman In Love“ oder dem Titelsong, einem Duett der beiden. „Es war einfach das leichteste Album, das ich je gemacht habe“, schwärmte Streisand erst kürzlich in einem BBC-Interview. 2005 nehmen die beiden den Nachfolger „Guilty Pleasures“ auf.

Ein bisschen was vom markanten Bee-Gees-Stil ist stets erkennbar, etwa bei Dionne Warwicks „Heartbreaker“ oder Diana Ross‘ „Chain Reaction“. Mehr als 1000 Songs schrieb Barry Gibb mit seinen Brüdern, darunter 20 Nummer-eins-Hits in den USA und Großbritannien. Für Gibb nur eine Zahl, die angesichts der schweren persönlichen Verluste an Bedeutung verliert. Er vermisst seine drei jüngeren Brüder. „Ich hätte sie lieber alle hier und dafür keinen einzigen Hit.“

Immer noch kreativ
Noch immer schreibt er neue Musik, wie er der „Zeit“ verriet, wenn auch nicht mehr ganz so häufig. „Oft wache ich mitten in der Nacht auf, weil mir ein Song durch den Kopf rauscht. Ein Aufnahmegerät liegt immer neben meinem Bett.“ Anfang des Jahres veröffentlichte Barry Gibb das Duett-Album „Greenfields“, auf dem er mit Stars wie Dolly Parton oder Keith Urban Bee-Gees-Songs im Countrystil singt.

Mit seiner zweiten Frau Linda, einer ehemaligen Miss Edinburgh, ist Gibb seit 1970 verheiratet. Das Paar lebt überwiegend in Miami und gelegentlich in Großbritannien. Die beiden haben fünf Kinder. Sohn Steve (47) ist Gitarrist in der Band seines Vaters. Bald will Barry Gibb, der 2017 beim ikonischen Glastonbury-Festival auftrat, auf die Bühne zurückkehren. „Ich kann es nicht erwarten, diesen Song wieder für euch zu spielen“, schreibt er bei Instagram unter eine Live-Performance seines „Home Truth Song“ und fragt, welche Lieder seine Fans hören wollen. „Stayin‘ Alive“ garantiert.

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