Bereit zur Aufnahme?

EU: Länder sollen sich auf Geflüchtete vorbereiten

Ausland
22.08.2021 08:49

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Innenkommissarin Ylva Johansson fordern die EU-Länder zur Aufnahme von Afghanen auf. Die Staaten sollen sich nach der Machtübernahme der Taliban auf mögliche Fluchtbewegungen vorbereiten. Aus der Türkei gibt es bereits eine Absage für eine Aufnahme von Geflüchteten - man könne eine „zusätzliche Belastung“ nicht tragen, so die Erklärung. Unterdessen hat es im Gedränge am Flughafen von Kabul Medienberichten zufolge mehrere Tote gegeben.

„Wir sollten nicht die gleichen Fehler wie 2015 machen. Wir sollten nicht warten, bis die Menschen an den EU-Außengrenzen stehen“, sagt die EU-Innenkommissarin Ylva Johansson der „Welt am Sonntag“. Vor einer Woche hatten die radikalislamischen Taliban die Macht in Afghanistan wieder an sich gerissen. Seitdem versuchen unzählige Menschen verzweifelt, das Land zu verlassen.

Mehrere Tote auf Kabuler Flughafen
Am Samstag warteten bei starker Hitze weiter Tausende Afghanen mit Ausreisepapieren auf Flüge. US-Soldaten hielten zugleich Tausende ohne Papiere davon ab, auf das Flughafengelände zu gelangen. Aufnahmen des britischen Fernsehsenders Sky News zeigten, wie Soldaten mindestens drei Leichen mit weißer Plane abdeckten. Woran die Menschen starben, war zunächst unklar. Auch mehrere Verletzte waren zu sehen. Ein Sky-News-Reporter, der selbst am Flughafen war, berichtete, im Gedränge seien mehrere Menschen „zerquetscht“ worden.

EU will zusätzliche Hilfe bereitstellen
Die EU-Innenkommissarin forderte, man müsse die Afghanen innerhalb des Landes und in den Nachbarländern der Region unterstützen. Die schwedische Politikerin rief aber auch alle EU-Länder auf, über das Umsiedlungsprogramm des UNO-Flüchtlingshochkommissariates mehr Menschen aus Afghanistan aufzunehmen. „Die EU-Kommission ist bereit, solche Programme zu koordinieren und zusätzliche Finanzhilfen bereitzustellen.“

„Es geht auch darum, Mädchen und Frauen zu beschützen“
„Neben den früheren Diplomaten vor Ort und den Ortskräften mit ihren Familien gibt es noch weitere Gruppen, die dringend der Hilfe bedürfen, wie beispielsweise Menschenrechtsaktivisten und Journalisten“, sagte Johansson . „Es geht auch darum, Mädchen und Frauen zu beschützen.“ Zu möglichen Fluchtbewegungen aus Afghanistan sagte sie, bisher bewegten sich nicht so viele Menschen nach Europa, „aber die Situation ändert sich jetzt schnell und wir müssen auf verschiedene Szenarien vorbereitet sein“.

Von der Leyen will Taliban nicht anerkennen
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte zuvor bei einem Besuch in Spanien einen ähnlichen Appell an alle Staaten gerichtet, die an der Afghanistan-Mission beteiligt waren. Sie stellte finanzielle Hilfe für EU-Mitglieder in Aussicht, die Flüchtlinge aufnehmen. Von der Leyen stellte zudem klar, dass es derzeit zwar „operationelle Kontakte“ zu den Taliban gebe, „um Leben zu retten“. Es gebe aber keinen politischen Dialog und demzufolge auch „keinerlei Anerkennung der Taliban“.

Die von der Kommission vorgesehene humanitäre Hilfe für Afghanistan in Höhe von 57 Millionen Euro solle außerdem zwar aufgestockt werden, sei aber an die Einhaltung von Menschenrechten und der Rechte von Minderheiten und Frauen gebunden.

„Fast alle EU-Staaten“ bereit zur Aufnahme
Laut dem spanischen Außenminister José Manuel Albares haben sich „fast alle EU-Staaten“ bereit erklärt, Flüchtlinge aus dem Lager aufzunehmen. Die Afghanen sollen zunächst eine „befristete Einreiseerlaubnis“ für Spanien erhalten, bevor ihnen von den verschiedenen Ländern, in denen sie sich niederlassen sollen, der Flüchtlingsstatus zuerkannt wird.

Türkei kann „zusätzliche Belastung“ nicht tragen
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sprach am Samstag mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan über die Lage in Afghanistan. Nach Angaben der türkischen Regierung wies Erdogan in dem Telefonat darauf hin, dass die Türkei im Falle einer verstärkten Fluchtbewegung aus Afghanistan diese „zusätzliche Belastung“ nicht tragen könne.

„Eine neue Migrationswelle ist unausweichlich, wenn in Afghanistan und im Iran nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden“, sagte Erdogan demnach. „Die Türkei, die bereits fünf Millionen Flüchtlinge hat, kann keine zusätzliche Belastung von Migranten tragen.“

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