Gift für Tourismus

Türkei: „Brände schlimmer als Corona“

Ausland
10.08.2021 12:55

Die schweren Waldbrände (siehe Drohnenvideo oben) mitten in der Urlaubssaison sind Gift für die ohnehin angeschlagene Tourismusbranche in der Türkei. Etwa die Hälfte der 81 türkischen Provinzen war in den vergangenen Wochen betroffen. Eine Rezeptionistin im westtürkischen Marmaris wagt einen interessanten Vergleich: „Das ist schlimmer als Corona. Die ganze schöne Natur ist weg.“ Griechenland und Italien, wo ebenfalls heftige Waldbrände toben, spüren noch nicht allzu viele Auswirkungen auf den Tourismus.

Nun brächen die Buchungen ein. Etliche Touristen sagen ihren Urlaub mitten in der für den Sektor so wichtigen Saison ab. „Dabei hätte dieses Jahr jetzt doch Erholung bringen sollen“, so die türkische Rezeptionistin. Brennende Wälder und Dörfer, evakuierte Hotels und anhaltende Hitzewarnungen - die Nachrichten von den Bränden in bei Urlaubern beliebten Ländern und Regionen haben etwa in der Türkei dramatische Auswirkungen auf den ohnehin durch die Pandemie gebeutelten Tourismus. Der Verband der Hoteliers und Betreiber in der südlichen Ägäis, Getob, hat einen Aufruf gestartet und Menschen gebeten, ihren Urlaub in den betroffenen Gebieten zu verbringen, um diesen wieder auf die Beine zu helfen.

Ein versengtes Ortsschild auf dem Weg nach Marmaris (Bild: APA/AFP/Yasin AKGUL)
Ein versengtes Ortsschild auf dem Weg nach Marmaris

Der Tourismus ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige des Landes und machte laut Statistik 2019 vor der Corona-Krise elf Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. Im vergangenen Jahr ist er jedoch um 70 Prozent eingebrochen. Die Regierung sieht unterdessen kaum Probleme für den Sektor durch die Brände. Zu Beginn der Feuer habe es Absagen gegeben, mittlerweile nähmen die Buchungen aber wieder zu, sagte kürzlich der Tourismusminister Mehmet Nuri Ersoy. Für bestimmte Regionen mag das stimmen, in der Region Antalya etwa haben die Brände nie akut Touristenhochburgen bedroht.

Feuer gelöscht, aber Touristen sind fort
Im Urlaubsort Turunc können die Menschen davon nur träumen. Das Küstendorf liegt 20 Kilometer von Marmaris entfernt in einer kleinen Bucht, umschlossen von Bergen. Einzig eine kurvige schmale Straße führt in den Ort. Acht Tage lang habe es hier in den umliegenden Wäldern gebrannt, sagt ein Restaurantbesitzer. Am Strand hätten Touristen Schlange gestanden, um in Sicherheit gebracht zu werden. Bewohner des Ortes erzählen, sie hätten tagelang gegen die Flammen an den steilen Hängen gekämpft, um den Brand fernzuhalten. Hilfe von Löschtanks und Flugzeugen sei erst nach Tagen gekommen. Der Ort ist unbeschadet davongekommen, die Feuer sind gelöscht. Aber die Touristen sind fort.

Auch in Griechenland und Italien wüten die Brände. Touristische Regionen sind in Griechenland jedoch kaum betroffen. Auf der Insel Euböa wurden mehrere Campingplätze frühzeitig evakuiert, Brände auf den Inseln Kreta und Rhodos schnell unter Kontrolle gebracht. In Italien sind besonders der Süden des Mittelmeerlandes und die großen Inseln Sizilien und Sardinien betroffen, wo die Flammen auch in Touristengebieten lodern.

An der Ostküste Siziliens zerstörte ein Feuer einen Strand-Badebetrieb in der Nähe der Stadt Catania. An der Adriaküste evakuierten die Behörden zuletzt Hotels, Campingplätze und Häuser bei Bränden in Campomarino Lido, in der kleinen Region Molise. Große Schäden für Hotels gebe es bisher nicht, erklärte eine Sprecherin des italienischen Hotellerieverbandes Federalberghi zu Wochenbeginn.

Italienischer Minister: Brandstifter für Feuer verantwortlich
Italiens Umweltminister Roberto Cingolani macht übrigens Brandstifter für den Großteil der schweren Brände verantwortlich. „Die Wetterbedingungen sind äußerst günstig für diese Verbrecher. 70 Prozent der Brände hängen von Brandstiftern oder höchstens von Fahrlässigkeit ab“, sagte der Minister im Interview mit RAI1 am Montagabend. Die Wälder in Italien sind oft verlassen und würden nicht mehr gepflegt werden, sagte Cingolani. „Die Erde ist sehr trocken, die Pflanzen sind trocken, die Winde sind heiß und sehr stark. Brandstifter wissen leider sehr gut, wie man Brände legt. Das Grundproblem besteht darin, dass der Mensch zutiefst unzivilisiert ist. Außerdem ist die Pflege von Grünflächen von grundlegender Bedeutung“, so der Minister weiter.

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