Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Friedrich Merz am Dienstagnachmittag zum deutschen Bundeskanzler ernannt. Der CDU-Chef hatte zuvor im Bundestag erst im zweiten Durchgang die erforderliche Mehrheit erhalten – ein bisher beispielloser Vorgang in der Geschichte der Bundesrepublik. Die internationalen Reaktionen sind durchwachsen.
Moskau etwa sieht in den unerwarteten Schwierigkeiten bei der deutschen Kanzlerwahl ein grundsätzliches innenpolitisches Problem in Deutschland. „Man muss sich ehrlich fragen, wer Deutschland in wirtschaftlicher, politischer und humanitärer Hinsicht in seine jetzige Lage gebracht hat“, sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa.
Sie warf damit der alten und neuen politischen Führung in Berlin Klientelpolitik zum Schaden nationaler Interessen vor.
Merz erst im zweiten Anlauf zum Kanzler gewählt
Merz erlebte am Dienstag im Bundestag ein Wechselbad der Gefühle. Im ersten Wahlgang scheiterte er noch. Die Koalition aus CDU/CSU und SPD hat im Bundestag 328 Stimmen. 316 hätte Merz gebraucht, doch nur 310 Abgeordnete stimmten für ihn. Im zweiten Wahlgang schaffte er schließlich die nötige Mehrheit. Er erhielt in geheimer Abstimmung 325 Ja-Stimmen.
FPÖ nach erster Merz-Schlappe: „Guter Tag für Demokratie“
In Österreich freute sich FPÖ-Chef Herbert Kickl darüber, dass „Merz, der Antidemokrat Deutschlands, mit Bomben und Granaten durchgefallen“ sei. Das sei „ein guter Tag für die Demokratie und ein guter Tag für Deutschland“, so Kickl. Zu seiner Wahl im zweiten Anlauf sagte Kickl dann nichts mehr.
Stocker und von der Leyen gratulierten umgehend
Wohl aber gab es auch Glückwünsche aus Wien. „Eine gemeinsame Grenze bedeutet auch gemeinsame Verantwortung – ich freue mich auf eine freundschaftliche Zusammenarbeit zwischen uns und unseren Regierungen“, schrieb Kanzler und ÖVP-Chef Christian Stocker auf X.
Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gratulierte Merz zur Wahl zum Bundeskanzler. „Ich freue mich auf eine enge Zusammenarbeit“, schrieb von der Leyen auf Bluesky. „Wir werden uns gemeinsam für ein starkes und wettbewerbsfähigeres Europa einsetzen.“
Kiew wünscht sich von Merz Führungsstärke
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wünscht sich von Merz Führungsstärke in Europa. „Wir hoffen aufrichtig, dass Deutschland noch stärker wird und wir noch mehr deutsche Führungsstärke in den europäischen und transatlantischen Beziehungen erleben werden“, schrieb Selenskyj auf Deutsch im sozialen Netzwerk X.
Die von Russland angegriffene Ukraine sei Deutschland und seiner Bevölkerung dankbar für die Unterstützung, schrieb Selenskyj in Kiew. Der ukrainische Präsident hatte am Montag zum Abschied mit dem scheidenden SPD-Kanzler Olaf Scholz telefoniert. Merz hat als Oppositionsführer die Ukraine zweimal während des Kriegs besucht.
Merz-Macron-Treffen schon am Mittwoch
„Es liegt an uns, den deutsch-französischen Motor und Reflex stärker als je zuvor zu machen“, sagte der französische Präsident Emmanuel Macron. Und fügte hinzu: „Es liegt an uns, unsere europäische Agenda für Souveränität, Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit zu beschleunigen. Für die Franzosen, für die Deutschen und für alle Europäer.“ Bereits am Mittwoch will Merz seine ersten Antrittsbesuche in den Nachbarländern Frankreich und Polen absolvieren.
Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni schrieb: „Die Zusammenarbeit zwischen Italien und Deutschland ist von grundlegender Bedeutung für die Bewältigung der Herausforderungen des derzeitigen internationalen Kontextes.“ Sie sei sicher, dass man nicht nur auf bilateraler Ebene, sondern auch auf EU-, G7- und NATO-Ebene sowie bei internationalen Themen wichtige Ergebnisse erzielen könne, so Meloni.
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