Senioren am Steuer

„Drogenlenker sind das weit größere Problem“

Steiermark
20.07.2021 08:45

Unfälle, verursacht von Senioren am Steuer, sorgen wieder für heiße Diskussionen um Fahrtauglichkeit im fortgeschrittenen Alter. Aber: Die Fakten sprechen nicht dafür, dass Senioren ein Verkehrsrisiko sind

Zwölf Verletzte forderte kürzlich ein Unfall in Oberösterreich, bei dem ein 86-Jähriger mit seinem Auto ungebremst in einen belebten Marktstand krachte. Letzten Samstag mähte dann ein alkoholisierter 76-jähriger Steirer eine Friedhofsmauer in Schöder (Bezirk Murau) nieder - die „Krone“ hat berichtet.

Diese Unfälle lassen eine altbekannte Diskussion wieder aufkochen: Braucht es ab einem gewissen Alter eine Tauglichkeitsprüfung für den Führerschein? Ab wann sollte man wirklich nicht mehr Auto fahren? Wie bringt man den Opa oder Papa dazu, den „Zettel“ abzugeben, wenn sie nicht mehr gut und sicher fahren?

Es sind heikle Fragen, die in vielen Familien und am Stammtisch emotional diskutiert werden. Generell gilt: Wer in Österreich den Führerschein gemacht hat, darf bis an sein Lebensende ein Auto lenken - ohne seine Fahrtauglichkeit auch nur ein einziges Mal überprüfen lassen zu müssen. Dass aber ältere Menschen häufiger in Unfälle verwickelt sind oder diese gar verursachen, lässt sich nicht mit Fakten untermauern. Die Statistik über Verkehrsunfälle gibt lediglich Auskunft darüber, wie viele ältere Menschen involviert waren - nicht aber, wie viele davon einen Unfall verursacht haben. Laut Zahlen des Verkehrsclub Österreich (VCÖ) verunglückten beispielsweise im Jahr 2019 hochgerechnet gut dreimal mehr junge Lenker zwischen 24 und 35 Jahren als jene der Altersgruppe über 75. „Ältere Menschen fahren tendenziell defensiver. Auch Delikte wegen Raserei oder Alkohol am Steuer kommen bei Jüngeren weit häufiger vor“, sagt VCÖ-Sprecher Christian Gratzer.
„Man darf das Problem nicht verallgemeinern“
Diese Einschätzung kann auch die steirische Exekutive bestätigen: Ein Verkehrspolizist erzählt, dass er noch mit keinem einzigen älteren Fahrzeuglenker negative Erfahrungen gemacht hat. „Natürlich gibt es immer wieder Ausrutscher, aber man darf da nichts verallgemeinern.“ Weit größere Probleme gebe es da schon mit Suchtgiftlenkern: „Jeden Tag werden in Graz zwei bis drei angehalten.“

Auch Fritz Grundnig, Sprecher der Landespolizeidirektion, will nicht zulassen, dass alle Senioren über einen Kamm geschert werden. „Das Alter ist sicher kein Kriterium, wenn es um eine Führerscheinabnahme geht“, betont er. „Wenn der Verdacht vorliegt, dass die körperliche oder geistige Eignung, ein Fahrzeug zu lenken, nicht mehr vorliegt, wird ein Verfahren eingeleitet und die Behörde entscheidet dann.“ Jeder Fall sei individuell für sich zu beurteilen.

Beim Steirischen Seniorenbund setzt man auf Aufklärung und Bewusstseinsbildung: „Wir animieren laufend dazu, Fahrsicherheitstrainings speziell für Senioren zu machen - aber auf freiwilliger Basis“, sagt der Seniorenbund-Landesobmann Gregor Hammerl. Für neue gesetzliche Maßnahmen sieht er keine Notwendigkeit: „Ich glaube, das liegt im Bereich der Selbstverantwortung.“ Innerhalb der eigenen Familie seien offene, ehrliche Gespräche am zielführendsten (siehe auch Bericht unten).

Christian Gratzer vom VCÖ sieht einen weiteren wichtigen Hebel im Ausbau attraktiver öffentlicher Verkehrsmittel im ländlichen Raum: „Immer mehr Gemeinden bieten günstige Sammeltaxis oder eigene Seniorentaxis für Arztbesuche oder Einkäufe an.“

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