Mehr als 100 Tote

Hochwasser: „Sieht aus wie nach dem Weltkrieg“

Ausland
16.07.2021 12:30

Die Lage in den deutschen Hochwassergebieten ist weiter angespannt. Mittlerweile zählt man mindestens 100 Tote. Diese Zahl könnte aber noch weiter steigen, denn zu mehr als 1300 Menschen gibt es wegen des teils lahmgelegten Mobilfunknetzes keinen Kontakt. Das Ausmaß der Schäden wird langsam sichtbar, viele Betroffene haben alles verloren. „Es sieht aus wie nach einer Bombe, wie nach dem Weltkrieg“, zeigte sich ein Anrainer fassungslos.

„Wir haben hier in Altenahr Angehörige und haben ihnen Lebensmittel gebracht“, erklärte der Mann aus Rheinland-Pfalz gegenüber der Nachrichtenseite ruptly.tv. „Ich habe gerade mit einem Autohändler gesprochen. Der weiß gar nicht, wo sein Vater ist und ob er überhaupt lebt, weil kein Telefon geht“, so ein anderer Bewohner. „Es gab hier auch schon 2016 ein Hochwasser. Aber so katastrophal wie diesmal, diese Zerstörung ist unglaublich“, erinnerte sich eine Frau.

Hubschrauber retten Menschen von Hausdächern
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer erläuterte im Mainzer Landtag die Situation: „Es gibt Tote, es gibt Vermisste, es gibt viele, die noch in Gefahr sind“, sagt Dreyer. „Es ist wirklich verheerend.“ Ganze Orte seien überflutet, Häuser einfach weggeschwommen.

Im benachbarten Nordrhein-Westfalen blieb die Lage in den Überschwemmungsgebieten ebenso angespannt. Dramatische Berichte kamen aus Erftstadt: In Erftstadt-Blessem sei eine Reihe von Häusern ganz oder teilweise eingestürzt, teilte die Bezirksregierung Köln Freitagfrüh mit. Ursache seien massive und schnell fortschreitende Unterspülungen der Häuser. Die Bundeswehr hat zur Unterstützung inzwischen rund 900 Soldaten in die Katastrophengebiete entsandt.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet sagte am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“, es müssten Wege gefunden werden, sehr schnell wieder Straßen, Brücken und andere Infrastruktur in Gang zu setzen. Das Land werde helfen, nötig sei aber auch „eine große nationale Kraftanstrengung, damit schnell die schlimmsten Dinge beseitigt werden“. Obwohl die Rettungsmaßnahmen noch voll im Gange waren, lag die Zahl der Toten bereits deutlich höher als beim sogenannten Jahrhunderthochwasser des Jahres 2002, bei dem in Deutschland 21 Menschen starben.

Es handelt sich um eine der größten Unwetterkatastrophen der Nachkriegszeit in Deutschland. Die Schäden durch die Wassermassen sind in beiden Bundesländern immens. Nach Angaben des Bundesamtes für Bevölkerung und Katastrophenschutz in Bonn sind in Nordrhein-Westfalen 23 Städte und Landkreise von Überschwemmungen betroffen. Das Land Rheinland-Pfalz stellte als kurzfristige Unterstützung 50 Millionen Euro bereit, um etwa Schäden an Straßen, Brücken und anderen Bauwerken zu beheben. Wegen der Katastrophe sollen die Flaggen an öffentlichen Gebäuden auf halbmast hängen.


Merkel: „Werden Menschen nicht alleinelassen“

Auch die Bundesregierung plant Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner zufolge ein Hilfsprogramm. Kanzlerin Angela Merkel versicherte bei ihrem Besuch in den USA mit Blick auf die Betroffenen: „Wir werden sie in dieser schwierigen, schrecklichen Stunde nicht alleinelassen und werden auch helfen, wenn es um den Wiederaufbau geht.“

Überflutungen auch in Vorarlberg
Ebenfalls mit Hochwasser zu kämpfen haben Nachbarländer Deutschlands. In Österreich machte der Starkregen in Vorarlberg in der Nacht auf Freitag mehr als 50 Feuerwehreinsätze notwendig. Hauptsächlich galt es, unter Wasser stehende Keller auszupumpen. Ebenso kam es zu einzelnen Behinderungen im Verkehr. Fast ausschließlich betroffen war der vordere Bregenzerwald, wo innerhalb von 24 Stunden 80 oder mehr Liter Regen pro Quadratmeter fielen. Verletzt wurde niemand.

Video: Die Bregenzer Ach führt Hochwasser


In der Schweiz stiegen Flusspegel nach starken Regenfällen stark an. Im Kanton Schaffhausen überschwemmten laut der Nachrichtenagentur Keystone-sda angeschwollene Bäche die Dörfer Schleitheim und Beggingen. Wassermassen flossen durch Straßen, in Keller, rissen Fahrzeuge mit und zerstörten kleinere Brücken. In Belgien wurden entlang der Maas vorbeugend Menschen aus einigen Gemeinden in Sicherheit gebracht, wie die Nachrichtenagentur Belga meldete.

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