Grazer im Interview

„Der Pulitzer-Preis ist wie ein Traum für mich“

Nachrichten
14.06.2021 06:30

Der „Journalisten-Oscar“ geht an einen Grazer! Der in Berlin lebende Christo Buschek gewann den renommierten Pulitzer-Preis in der Kategorie „International Reporting“. Gemeinsam mit zwei Kolleginnen konnte er Hunderte geheime Internierungslager in China auffliegen lassen. Im Interview mit der „Krone“ verrät der sympathische IT-Profi Details zu seiner preisgekrönten Arbeit.

Der Pulitzer-Preis - wie fühlt man sich denn als Träger dieser renommierten Auszeichnung?

Ich bin glücklich, kann das aber noch nicht realisieren. Es muss aber wohl stimmen, weil ich so viele Gratulationen bekomme (lacht).

Sie haben mit Ihrer Arbeit gemeinsam mit zwei Kolleginnen geheime Internierungslager in China ausgeforscht. Wie ist es dazu gekommen?

Die Reporterin Megha Rajagopalan hatte in China selbst versucht, so ein Lager, deren Existenz die Regierung ja leugnet, zu besuchen und wurde daraufhin verbannt. Also haben wir andere Wege gesucht.

Und wie gefunden?

Vereinfacht gesagt, haben wir Plätze, die auf chinesischem Kartenmaterial zensiert sind, unter die Lupe genommen. Zufahrtsstraßen, Infrastruktur usw. analysiert. Wir konnten damit an die 280 Lager entdecken.

Wer wird in solchen Lagern festgehalten?

Uiguren, eine vorwiegend muslimische ethnische Minderheit in China. Laut offiziellen Angaben sind sie dort zu „Umerziehung“ und zur politischen Schulung.

Und inoffiziell?

Auch zur Zwangsarbeit, Teile der Produktion namhafter Firmen werden gefertigt. Und als Gefängnis. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International kämpfen seit Jahren dagegen an, es gibt Versuche, China anzuklagen.

Von wie vielen Menschen sprechen wir hier?

Schätzungen zufolge von einer Million.

Gibt es Reaktionen aus China dazu?

Zu unserer Arbeit konkret nicht. „Gerechtfertigt“ werden die Lager mit dem Kampf gegen Terror.

Wie lange haben Sie an dieser Aufgabe gearbeitet?

Circa eineinhalb Jahre. Wir brauchten die Werkzeuge, die Infrastruktur, zudem galt es, riesiges Datenvolumen manuell einzugeben.

China wird mit diesen Aufdeckungen keine Freude haben, haben Sie deswegen vielleicht sogar Angst?

Nein, solche Bedenken hab ich nicht. Ich wohne ja weit weg, in Europa, wäre ich vor Ort, wäre das sicher anders. Aber ich werde nicht mehr nach China fahren.

Woher kommt Ihr Engagement für Menschenrechte?

Das hat mich mein Vater auch schon gefragt (lacht). Ich möchte einfach das, was ich kann, auch zum Nutzen anderer einsetzen und helfen, wenn ich kann. Der Pulitzer-Preis öffnet dafür hoffentlich weitere Türen.

Sie leben in Berlin, haben Sie Sehnsucht nach Graz?

Nein, weil ich oft genug da bin, um Familie und Freunde zu treffen. Die Grazer sind einfach super drauf.

Und beim nächsten Besuch gibt es was zu feiern...

Ja! Ich freu mich drauf.

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