Alexander Moosbrugger

„Es braucht Impulse für die großen Dinge“

Vorarlberg
31.05.2021 06:30

Mit dem Team Ritsch und der FPÖ hatte sich Alexander Moosbrugger (NEOS) im Sommer für die Stadtentwicklung in Bregenz engagiert - und damit auch für den Sturz von Langzeitbürgermeister Linhart gesorgt.

Ganz rund läuft es in Bregenz nicht, es wird viel gestritten. Wünschen Sie sich Markus Linhart zurück?

Meine Antwort ist ein klares Nein. Markus Linhart war für eine gewisse Zeit ein guter Bürgermeister. In den letzten Jahren aber sind ihm die Ideen ausgegangen, er hat Dinge nicht weitergebracht.

Mit Michael Ritsch scheinen Sie aber auch nicht ganz zufrieden. Haben Sie es bereut, mit ihm als vereinte Opposition in den Wahlkampf zu ziehen?

Nein, denn die Initiative ist ja von den NEOS ausgegangen. Ich wollte das Thema Stadtentwicklung, also die Entwicklung von Seestadt, Seequartier, Bahnhofs- und Festspielareal, vorantreiben. Zusammen mit dem Team Ritsch und der FPÖ wurden die drei Fraktionen aber weniger als „Pro-Stadtentwicklungsbewegung“, sondern mehr als „Anti-Linhart-Bewegung“ wahrgenommen.

Wobei in die Stadtentwicklung auch wieder Bewegung gekommen ist.

Sogar sehr viel. Im Dezember haben wir erreicht, dass die Zirl-Studie, eine Untersuchung für eine neue Eisenbahntrasse aus dem Jahr 1999, überarbeitet wird. Zudem besteht parteiübergreifend die Meinung, dass der vor den Wahlen existierende Masterplan für Bregenz Mitte obsolet ist. Das wäre unter Markus Linhart nicht möglich gewesen.

Wie ist da der Stand der Dinge? Die Zeit drängt ja.

Wir haben den Fuß bewegt, aber noch keinen Schritt getan. Was die Zeit betrifft, drängen nur die ÖBB. Ich habe damals schon kritisiert, dass sich Markus Linhart am Nasenring herumführen hat lassen. Auch Michael Ritsch lässt sich unnötigerweise unter Druck setzen. Aber die ÖBB sind ein Staatsbetrieb – und der hat sich nach den Interessen der Bürger zu bewegen.

Was ist mit dem Argument, dass die ÖBB bei einem neuen Projekt nicht mehr für den Bahnhof zahlen werden?

Wir reden von einem 70 bis 80 Millionen-Euro-Projekt, bei dem 45 Millionen von den ÖBB kommen. Für einen Ticketcorner mit Dach, mehr ist es doch nicht. Es gibt nicht mal einen Kiosk. Bregenz braucht einen mehrgleisigen Anschluss nach Deutschland. Die ganze Bahntechnik wird sich ändern, kleinere, führerlose Züge werden öfter fahren und der Schranken im Vorkloster nie mehr aufgehen. Deswegen braucht es eine Unterflurlösung.

Wie sieht es mit Seestadt und Seequartier aus?

Da ist in den vergangenen zehn bis 15 Jahren vieles schiefgelaufen. Jetzt muss es darum gehen, einen großen Gesamtplan neu zu denken. Ich halte auch nichts von der Idee, wieder klein zu beginnen und etwa das Baurecht für ein Hotel in Festspielnähe auszuschreiben. Ich bin gespannt auf die Ideen der Architekten-Initiative.

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Konkret erwarte ich, dass er die hoheitlichen Aufgaben wahrnimmt und das Projekt sauber managt.

Alexander Moosbrugger (NEOS)

Was erwarten Sie sich vom neuen Bürgermeister in dieser Sache?

Ich finde es gut, dass alle an einen Tisch geholt wurden. Bei Großprojekten gibt es immer eine Phase, in der man Dinge geschehen lässt. Das beherrscht der neue Bürgermeister gut. Und dann gibt es eine Phase, in der man eingreifen muss. Das nehme ich noch nicht wahr. Gerade wenn es um private und öffentliche Interessen geht, gilt es moderierend einzugreifen. Konkret erwarte ich, dass er die hoheitlichen Aufgaben wahrnimmt und das Projekt sauber managt.

Parteiübergreifend gab ich in den vergangenen Monaten immer wieder Kritik am Personalmanagement des Bürgermeisters.

Ich sehe bisher nur eine Erhöhung der Personalkosten um rund 5,5 Millionen Euro und frage mich: Was ist der Mehrwert für den Bürger? Von den neun Köpfen der Führungsebene - Bürgermeister und Stadtamtsdirektor mitgerechnet - sind sechs neu. Das ist ein Umfärben und zu dieser Aussage stehe ich. Wenn sich mir der Mehrwert erschließt, werde ich meine Meinung ändern.

Sind Sie nicht zufrieden mit der Arbeit der neuen Kräfte?

Es gibt eine Trennung zwischen Politik und Verwaltung. Ich kann doch eine Stadt nicht als Beute sehen und keine Rücksicht auf diese Trennung nehmen. Die Verwaltung hat funktioniert. Und es ist nichts abscheulicher, als Angestellte zum Spielball zu machen. Ein guter Chef kann auch mit Mitarbeitern, die nicht nach seiner Nase tanzen.

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Es gibt eine Trennung zwischen Politik und Verwaltung. Ich kann doch eine Stadt nicht als Beute sehen und keine Rücksicht auf diese Trennung nehmen.

Alexander Moosbrugger

In der jüngsten Stadtvertretersitzung gab es gehörig Wirbel wegen einer Personalgeschichte.

Es war eine sehr scharfe Kritik der Stadtvertreterin Veronika Marte. Vielleicht hätte sie den Namen der betreffenden Person weglassen können, aber in der Sache hatte sie zu 100 Prozent Recht. Es gab diesbezüglich auch ein Schreiben der Personalvertreter an die Mitglieder der Stadtvertretung, in dem kritisiert wurde, dass es Angriffe gegen einzelne Mitarbeiter gegeben hätte. Die gab es aus meiner Sicht nicht. Zudem sehe ich es sehr kritisch, dass die Aufzeichnung der Sitzung gelöscht wurde. Die NEOS haben deshalb auch rechtliche Schritte eingeleitet.

Damit sind die NEOS ja schnell bei der Sache. Wie viele Aufsichtsbeschwerden haben Sie schon gegen Michael Ritsch eingebracht?

Es gab nur drei Aufsichtsbeschwerden. Die Erste wegen seines Abstimmungsverhaltens wurde abgewiesen. Eine Zweite hat sich nicht direkt gegen ihn gerichtet. Da ging es vielmehr um eine unklare gesetzliche Regelung, also wer genau in einem nicht-öffentlichen Ausschuss zuhören darf. Die dritte Beschwerde ist noch anhängig.

Wie bewerten Sie das freie Spiel der Kräfte?

Wenn der Bürgermeister für seine Themen Mehrheiten suchen muss, setzen sich die besten Ideen durch. Das ist grundsätzlich positiv. Wenn man aber Ideen für die alleine stehen lässt, können sich diese zum Bumerang entwickeln. Derzeit geht es um sehr viele kleine Themen, die einen sehr hohen Stellenwert haben. Die großen Themen wie Stadtentwicklung oder Bahnmobilität sind in den Hintergrund gerückt. Da muss man den Bürgermeister mehr in die Pflicht nehmen. Es braucht mehr Impulse und Ideen für die großen Dinge.

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