Sichert Provisionen

Lieferando baut Websites für Wirte ohne ihr Wissen

Digital
26.02.2021 10:31

Der Online-Essenslieferdienst Lieferando hat in Europa Zehntausende „Schatten-Websites“ für Restaurants erstellt, die oft gar nichts von diesen Websites wissen. Der Zweck: Kunden abgreifen, die direkt beim Wirt bestellen wollen, statt den Umweg über den Vermittler zu nehmen. Auf diese Weise bleiben die Vermittlungsprovisionen bei Lieferando.

Online-Essenslieferanten wie Lieferando verdienen ihr Geld mit Provisionen: Wird über ihre Angebote bestellt, zahlt das Restaurant einen Prozentsatz der Bestellsumme. Liefert das Restaurant die bestellten Speisen selbst, soll die Provision bei Lieferando im Bereich der 13 Prozent liegen, bei Lieferung durch einen Lieferando-Fahrer wird fast ein Drittel fällig. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass den Wirten mehr Gewinn bleibt, wenn der Kunde direkt bestellt.

Zehntausende Websites erstellt
Wie Recherchen des Bayerischen Rundfunks (BR) zeigen, bedeutet eine Bestellung auf der Website des Restaurants aber nicht automatisch, dass Lieferando keine Provision erhält. Der Online-Dienst habe in ganz Europa nämlich Zehntausende „Schatten-Websites“ erstellt, von deren Existenz die Lokalbetreiber oft gar nicht wussten. In Deutschland seien 50.000 solche Websites erstellt worden, europaweit sollen es über 120.000 sein.

Ihr Zweck: Kunden, die über eine Suchmaschine nach dem Restaurant suchen, sollen auf die Lieferando-Seite geleitet werden und ihre Bestellung dort tätigen. Auf diese Weise erhalte der Essens-Lieferdienst auch dann Provision, wenn der Kunde vermeintlich direkt beim Wirt bestellt hat. Registriert seien die Websites auf den niederländischen Lieferando-Besitzer Just Eat Takeaway, häufig seien sie durch Google-Reklame bei den Suchergebnissen vor der eigentlichen Website eines Restaurants zu finden.

Lieferando: „Service für Restaurants“
Seitens Lieferando spricht man im Zusammenhang mit den Websites von einem „Service für Restaurants“, der vertraglich geregelt sei. Dass manch Restaurantbesitzer nichts von der für ihn erstellten Website weiß, mutet da freilich seltsam an. Ein Wirt, der sich auf vegane Kost spezialisiert hat, musste sogar feststellen, dass die Lieferando-Website zu seinem Lokal mit dem Bild eines Steaks versehen war. Für den Wirt ein No-Go.

Wirte sind aufs Internet angewiesen
Andere Lokalbetreiber loben den Online-Essensbestelldienst, sind in der momentanen Situation auch auf ihn angewiesen. Ohne ihn hätte er es nicht ohne Kurzarbeit durch die vergangenen Monate geschafft, betont ein Wirt gegenüber dem BR. Die vielen „Schatten-Websites“ sehen Juristen dennoch kritisch. Besonders die Platzierung mittels Google-Werbung werfe Fragen zum Missbrauch der Marktmacht des Lieferkonzerns auf.

Weiterer Trick: „Geisterküchen“
Solche „Schatten-Websites“ sind nicht der einzige Trick der Online-Essensvermittler. So wurde beim heimischen Anbieter mjam.at, der zum deutschen Delivery-Hero-Konzern gehört, vergangenes Jahr bekannt, dass dieser in Wien geheime „Geisterküchen“ betreibt. Es handelt sich um Restaurants mit klingenden Namen, bunten Websites und gekonntem Marketing, die es in Wahrheit gar nicht gibt. Vielmehr verdienen sich hier Wirte als Franchisenehmer einer Mjam-Schwestergesellschaft ein Zubrot, indem sie die Bestellungen bei diesen virtuellen Restaurants mit vom Betreiber bereitgestellter Tiefkühlware in deren Namen abwickeln.

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