Zerstörter Barocksaal

Experte sagt: „Kulturerbe verbindet uns alle!“

Tirol
16.01.2021 11:00

Gebautes Kulturerbe ist nicht einfach nur schön, sondern vielmehr oft auch unbequem. Konrad Kuhn, Ethnologe der Universität Innsbruck, über die Zerstörung von Kulturgut.

Klare Worte aus fachlich profunder Sicht zur unbegreiflichen Zerstörung des „Barocksaales“ im Hotel Europa findet Konrad Kuhn. Der Schweizer Wissenschaftler der europäische Ethnologie an der Universität Innsbruck lehrt, dazu: „Dieser aktuelle Fall zeigt deutlich, wie zentral bauliches Kulturerbe und Erinnerungsorte für die Identität der Menschen sind.“

Demnach spiele dieses Kulturerbe eine elementare Rolle innerhalb der zentralen Frage: Wer wir sind und woher wir kommen? Da die Menschen an historische Ereignisse, an soziale oder technische Errungenschaften und an künstlerische Leistungen erinnert würden.

Ein Ort der Erinnerung
Dementsprechend wichtig sei der „Barocksaal“ deshalb für die Bevölkerung Innsbrucks gewesen. Für Tirols Landeshauptstadt stelle der Saal einen Ort dar, der an eine gemeinsame europäische Geschichte erinnere. „Hier trafen im 19. Jahrhundert italienische Bauleute auf ihrem Weg nach Süden auf lokale Hoteliers. In ihm wurden europäische Verträge besprochen und unterzeichnet. Nicht zuletzt wurde in dieser historischen Örtlichkeit aber auch bei vielen Gelegenheiten gefeiert.“

Kulturerbe
Somit sei der Saal ein lokales, regionales, aber auch ein internationales Kulturerbe erster Güte. „Ein bauliches Kulturerbe ist aber nicht nur schön anzusehen, sondern es ist oft auch unbequem und manchmal gar umkämpft. Im Zuge von Auseinandersetzungen kommt es auch zur bewussten Zerstörung von Erinnerungskultur, etwa im Rahmen von politischen Umstürzen oder bei Kriegen. Oft steht bauliche Erinnerungskultur aber einfach nur wirtschaftlichen Interessen im Weg“, schildert Kuhn.

Ressource der Vielfalt
Deshalb wurde wohl im aktuellen Fall, dazu noch im Schatten einer Pandemie, dieser Saal unwiderruflich vernichtet. „Der Verlust ist schmerzlich, hilft aber dabei, sich bewusst zu werden, welche Wertigkeit dem Kulturerbe als Ressource für kulturelle Vielfalt zukommt. Was deutlich macht, dass Kulturerbe uns alle betrifft, weil es uns verbindet“, betont Kuhn abschließend.

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