4 Tote in Ungarn

Giftbrühe aus Alu-Werk walzt über Dörfer hinweg

Ausland
05.10.2010 16:22
Nach einem Unfall in einer Aluminiumfabrik sind am Dienstag in Ungarn vier Anwohner des Werks ums Leben gekommen, darunter zwei Kleinkinder. Die Umweltkatastrophe, bei der etwa eine Million Kubikmeter giftigen Schlamms austraten und mehrere Ortschaften überschwemmt wurden, ereignete sich nur etwa 60 Kilometer Luftlinie von der österreichischen Grenze entfernt.

In dem Aluminiumwerk nahe der Ortschaft Kolontar war ätzender Rotschlamm aus einem Becken ausgetreten und hatte anschließend einen Damm durchbrochen. Den Einsatzkräften bot sich ein Bild der Verwüstung. In Kolontar und der benachbarten Kleinstadt Devecser stand der rote Bauxitschlamm meterhoch. Die Schlammlawine begrub Hunderte Häuser, Autos und Gärten unter sich. Tote Fische aus dem Fluss Marcal wurden an die Ufer geschwemmt, berichtete die dpa.

"Ich finde keine Worte dafür", zitierte das Internet-Portal "nol.hu" einen 25-jährigen Mann. "Ich rannte auf den Kirchhügel und musste zusehen, wie die Flut einfach mein Auto verschlang." Das gesamte Ausmaß der Umweltzerstörung war vorerst nicht absehbar. Über die Bezirke Veszprem, Vas und Györ wurde der Notstand verhängt.

Schlamm enthält giftige Schwermetalle
Der Schlamm ist ein Abfallprodukt aus der Aluminiumgewinnung, das Natronlauge und Schwermetalle enthält und bei Hautkontakt lebensgefährliche Reaktionen auslösen kann.

Der Betreiber MAL AG baut am Rand der 30.000-Einwohner-Stadt Ajka Bauxit ab. Dieses wird mittels Natronlauge "aufgebrochen" - das dadurch gewonnene Aluminium wird abgefiltert, übrig bleiben Eisen sowie Titanoxide. "Diese Stoffe sind extrem giftig. Die Umweltbelastung ist erheblich", erklärte ein Sprecher von Global 2000. Der toxische Rotschlamm könne laut Greenpeace das Grundwasser vergiften.

WWF befürchtet Umweltkatastrophe
Der WWF befürchtet verheerende Langzeitschäden durch den Schlamm, Blei, Kadmium, Arsen und Chrom enthalte, Gifte die sich verheerend auf Pflanzen und Tiere auswirken können. Der Marcal-Fluss ist nach Expertenmeinung bereits tot. Die Zahl der verendeten Haustiere lässt den Schluss zu, dass auch die wild lebende Tierwelt stark betroffen ist. Der Schlamm hat einen PH-Wert von 13 und Säuren im Marcal-Fluss neutralisieren den alkalischen Strom, bevor er die Raba und die Donau erreicht. 500 bis 600 Tonnen Gips werden in den Fluss geschüttet um das leicht radioaktive Material zu binden.

Berlakovich: "Notfallplan zu klein dimensioniert"
Umweltminister Nikolaus Berlakovich gab indes Entwarnung für Österreich. "Allerdings wird sich durch die dramatische Hochwassersituation das Ausmaß des Gift-Unfalls für Ungarn weiter verschlimmern", hieß es. Und weiter: "Wie mittlerweile bekannt wurde, war der Schutzplan der Aluminiumfabrik für lediglich 300.000 Kubikmeter Giftschlamm ausgelegt - ausgetreten sind allerdings rund eine Million Kubikmeter. Daher ermitteln die ungarischen Behörden nun wegen Fahrlässigkeit."

Die MAL AG musste nach dem Unfall auf Anordnung von Umweltstaatssekretär Zoltan Iles ihre Tätigkeit im Werk bei Ajka einstellen. Illes forderte laut ungarischer Presseagentur MTI das Unternehmen auf, umgehend mit den Reparaturarbeiten am gebrochenen Speicher zu beginnen. Es bestehe der Verdacht, dass im Speicher mehr Rotschlamm gelagert war als erlaubt.

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