Neos-Spitze Wiederkehr

„Wenn ich feiere, gehe ich als Letzter heim“

Wien
10.09.2020 06:00

Schöne Gespräche an schiachen Orten - diesmal mit Neos-Chef Christoph Wiederkehr.

„Krone“: Herr Wiederkehr, wir wollen von allen Spitzenkandidaten wissen, welcher Ort in Wien für sie der hässlichste ist. Sie haben den Genochplatz im 22. Bezirk genannt. Eine Ecke, die außer den Donaustädtern wahrscheinlich nicht viele Wiener kennen. Warum haben Sie sich für diesen Platz entschieden?
Christoph Wiederkehr: Der Genochplatz ist der Schandfleck des 22. Bezirks. Da wo früher ein schöner Markt war, sieht man nur mehr eingezäuntes Gestrüpp und Müll. Leider schaut er schon seit zehn Jahren so aus. Das zeigt, dass in Wien die Aufmerksamkeit viel zu sehr auf den Bezirken innerhalb des Gürtels liegt. Die zweite Komponente ist die, dass ich hier einen fragwürdigen Immobilienskandal aufgedeckt habe: Das Grundstück wurde von der Stadt Wien nämlich zu billig an Private verkauft. Das zeigt, dass die Stadt Wien nicht sorgsam mit unserem Steuergeld umgeht.

Wofür sollte man denn das Steuergeld im 22. Bezirk verwenden? 
Es gibt in der Donaustadt viel zu wenig Märkte. Also sollte man den Genochplatz wiederbeleben, gerne auch in Verbindung mit moderatem Wohnbau.

Wo befindet sich denn der für Sie schönste Platz in Wien? 
Das ist für mich der Yppenplatz. Der war ja vor zehn Jahren auch noch ein schiacher Platz, aber in kurzer Zeit hat man es mit politischem Willen und EU-Förderungen geschafft, einen richtig coolen Ort zu schaffen. Ich wohne dort auch in der Gegend und gehe sehr gerne nach der Arbeit noch etwas trinken mit meiner Partnerin oder Freunden.

„Krone“-Redakteurin Viktoria Graf mit Christoph Wiederkehr: „Ich vermisse das Musikhören in den Clubs.“ (Bild: Klemens Groh)
„Krone“-Redakteurin Viktoria Graf mit Christoph Wiederkehr: „Ich vermisse das Musikhören in den Clubs.“

Gehen Sie auch gerne am Markt einkaufen? Märkte sind ja offensichtlich ein großes Thema für Sie. 
Ich gehe gerne am Wochenende am Brunnenmarkt einkaufen oder am Bauernmarkt. Genauso aber auch in den Supermarkt oder zum Diskonter.

Wer kocht bei Ihnen zu Hause dann das Eingekaufte? 
Unterschiedlich. Ich kann selber kochen, aber nicht sehr gut. Damit ich überhaupt damit anfange, muss ich entspannt sein. Manche Menschen entspannt das Kochen ja, bei mir ist das aber genau umgekehrt.

Am Brunnenmarkt gibt es ja auch einige Bettler, Zeitungsverkäufer und Straßenmusikanten. Sind Sie jemand, der diesen Menschen etwas Kleingeld gibt?
Wenn ich gerade Münzen in meiner Hosentasche habe, gebe ich eigentlich fast immer etwas.

Schön ist er nicht: Genochplatz im 22. Bezirk (Bild: Klemens Groh)
Schön ist er nicht: Genochplatz im 22. Bezirk

Bildung ist ja das Top-Thema bei den Neos. Wie waren Sie eigentlich selbst als Schüler?
Ich war ein sehr schwieriger und schlimmer Schüler in Salzburg. Ich hatte einige Klassenbucheinträge, und einmal drohte mir in der 6. Klasse ein Schulverweis, weil ich mit der Religionslehrerin über den Begriff Moral diskutierte. Ich hätte schreiben müssen, dass Moral von Gott gegeben ist, aber ich finde, dass man sich die Moral als Mensch auch selber zurechtrückt. Das mag man heute kaum glauben, aber ich war dann erst bei der Matura ein guter Schüler.

Waren Sie beliebt in der Klasse? 
Meine Mitschüler würden sicher über mich sagen, dass ich immer engagiert war und mich für etwas eingesetzt habe. Ich habe zum Beispiel als Schulsprecher die Schuljause gegründet.

Die aktuelle Neos-Kampagne hat den Titel „Weil‘s nicht wurscht ist“. Was ist Ihnen wurscht, worüber sich andere aufregen?
Mir ist es wurscht, wenn es mal ein bisschen lauter ist. Ich wohne in der Nähe der Ottakringer Straße, und dort ist es schon laut. Ich finde es schön, wenn es ein Leben gibt, Menschen sich treffen und auch mal bisschen lauter sind.

Was machen Sie gerne an einem freien Abend? Welche Hobbys haben Sie?
Ich gehe sehr gerne Tennis spielen auf dem Postsportplatz bei mir in der Nähe. Ich wechsle alle zwei Jahre die Sportart, aber ein Ball ist immer dabei. Squash, Badminton, Tischtennis. Man sieht, ich schlage gerne auf Bälle. Neben Sport liebe ich Brettspiele. Am liebsten spiele ich „Risiko“ und im Moment „Zug um Zug“. Da ich ein analytischer Denker bin, gewinne ich meistens. Meine Partnerin will gar nicht mehr mit mir spielen.

Christoph Wiederkehr im Interview (Bild: Klemens Groh)
Christoph Wiederkehr im Interview

Gehen Sie auch gerne in Clubs? Feiern Sie viel? 
Ich gehe nicht oft, aber wenn, dann gescheit. Wenn ich mal feiern gehe, bin ich meist der Letzte, der heimgeht. Ich vermisse es schon, Musik in Clubs wie dem Volksgarten zu hören. In letzter Zeit drehe ich dafür öfter die Musik zu Hause ganz laut auf und feiere dort.

Welche Musik findet man in Ihrer Playlist? 
Ich höre gern Deutschsprachiges wie Wanda oder Prinz Pi. Meine Lieblingsplaylist im Moment beinhaltet Indie-Musik.

Gibt es eine Lieblingsband, die Ihnen heute peinlich ist? 
Ich habe damals Rammstein richtig cool gefunden, das würde ich heute so nicht mehr sagen.

Die Neos fordern ja Schnellradwege. Wie oft fahren Sie mit dem Rad? 
Ich bewege mich sozusagen multimodal, bin mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln unterwegs und besitze selbst aber auch einen Elektroscooter, mit dem ich auf dem Radweg fahre. Mein Auto benutze ich nur, wenn ich aufs Land fahre.

Verraten Sie uns zum Abschluss Ihren schönsten Moment in Wien?
Als ich mit 19 Jahren mit dem Koffer von Salzburg angekommen bin und gewusst habe: Das ist jetzt meine Stadt. Dieses Gefühl spüre ich heute noch sehr stark, wenn ich daran denke. Salzburg war mir als Jugendlicher schon zu eng und zu wenig weltoffen.

Viktoria Graf, Kronen Zeitung

Lesen Sie demnächst: Welchen hässlichen Ort Heinz-Christian Strache am hässlichsten findet. Zum Auftakt der Interview-Serie zur Wien-Wahl sprach „Krone“-Wien-Ressortleiter Michael Pommer mit SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig. FPÖ-Spitzenkandidat Dominik Nepp zeigte dann „Krone“-Redakteurin Maida Dedagić seinen schiachsten Platz in Wien. Stadt-Vize Birgit Hebein (Grüne) lud Alexander Schönherr in die Gumpendorfer Straße ein. Und Gernot Blümel (ÖVP) sprach mit Philipp Wagner.

Porträt von Wien Krone
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