Schwanger und dünn?

Verhasster Bauch: Essstörungen bei werdenden Müttern

Gesund
23.10.2009 16:27
Panik macht sich breit, wenn die junge Frau in den Spiegel blickt. Jetzt, im fünften Schwangerschaftsmonat, ist die kleine Kugel nicht mehr zu übersehen, die ihren Bauch spannt. „Ich darf nicht weiter zunehmen“, schießt es ihr durch den Kopf, das Gefühl von Kontrollverlust führt zu Schwindel und Übelkeit.

Essstörungen sind zu einem wichtigen Thema in der gynäkologischen Praxis geworden.

In einer umfassenden Arbeit der klinischen und Gesundheitspsychologin Mag. Michaela Langer (Schwerpunkt Frauengesundheit) wird dargelegt, dass Essstörungen schwerwiegende Auswirkungen auf Fruchtbarkeit, Schwangerschaft und Mutterschaft haben. Etwa wenn Zyklusstörungen, Unfruchtbarkeit oder Fehlgeburten auftreten, es im Falle einer Schwangerschaft zu starkem und häufigem Erbrechen und geringer Gewichtszunahme kommt.

Weil essgestörte Mütter häufig Probleme im Umgang mit ihrem Baby haben, zum Beispiel beim Stillen, organisieren von Mahlzeiten, aber auch starke Kontrolle ausüben, sollten sie bereits im Vorfeld Hilfsangebote erhalten. Hier sind eben der Frauenarzt oder die Frauenärztin erste Ansprechpartner.

Weil Schuld- und Schamgefühle ein Kardinalsymptom bei Essstörungen sind, suchen Betroffene kaum je von sich aus Unterstützung, sondern verheimlichen ihre Probleme so lange wie möglich. Gynäkologen sollten daher genau nachfragen, wenn oben genannte Störungen auftreten.

Die Frauen sind hier keineswegs „unmütterlich“ oder „egoistisch“, wie viele glauben, sondern Opfer eines komplexen Krankheitsbildes.

Rollenbild setzt Frauen unter Druck
Nährboden ist die widersprüchliche Rollen-Erwartungen an die moderne Frau, wie Studienautorin Langer meint. Vor allem junge Mädchen, die gerade versuchen, im Leben einen Platz zu finden, sehen sich immer mehr mit Magermodels und Diätwahn konfrontiert.

Der Druck durch Schule und Beruf wird größer. Mütter kleiner Kinder  müssen immer früher in den  Job zurück. In Österreich erkranken etwa 200.000 Frauen mindestens einmal im Leben an einer Essstörung. Die Bandbreite von „gezügeltem Essverhalten“ mit regelmäßigen Diäten bis hin zum schweren Krankheitsbild bei Magersucht (Anorexia nervosa), Ess-Brech-Sucht (Bulimie) und Binge-Eating-Disorder (es werden in kurzer Zeit große Essensmengen verschlungen) ist weit gefächert.

Essstörungen bei junge Müttern
Für die Patientinnen selber – die aber eher selten Krankheitseinsicht zeigen – ist eine Unterscheidung hinsichtlich der Therapie wichtig. Für das Ungeborene kann aber bereits kalorienreduzierte Kost der Mutter Mangelversorgung nach sich ziehen. So benötigt es vor allem in den ersten Entwicklungsmonaten Folsäure, um Neuralrohrdefekte (offener Rücken, Gaumenspalte) zu vermeiden. Da dieses Vitamin vor allem in Weichkäse, Nüssen, Frühstücks-Cerealien, Vollmilch, Bananen usw. vorhanden ist, weisen Frauen, die ständig Diäten halten, Mängel auf. Sie müssen unbedingt Folsäurepräparate einnehmen.

Eiweiß wiederum ist der Grundbaustoff menschlicher Zellen. Dafür sollten Schwangere vor allem ab dem vierten Monat vermehrt Vollkornprodukte, Erdäpfel, Hülsenfrüchte, etc. zu sich nehmen. Bei Essstörungen ist dies aber extrem schwierig. Die Liste ließe sich noch weiterführen.

Essstörungen entstehen aus nicht gelösten Problemstellungen. Hunger und Nahrungsbedürfnis zu kontrollieren, gibt den Frauen das Gefühl von Unabhängigkeit und Macht, obwohl sie sich ansonsten unsicher und ausgeliefert fühlen. Dies zeigt sich dann meist auch in der Erziehung der Kinder.

Niederschwellige Hilfsangebote für diese Frauen sind das Um und Auf in der Betreuung. Es gibt auch Online-Beratungen durch Fachleute, wie etwa vom Therapiezentrum intakt, wo man anonym Fragen stellen kann. Angehörige erhalten ebenfalls Informationen, wie sie helfen und unterstützen können.

Karin Podolak, Kronen Zeitung

Die Links, wo du als Betroffene Hilfe findest, gibt's in der Infobox!

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