Feuer frei!

Fiat 500 Abarth: Ritt auf der Kanonenkugel

Motor
12.01.2009 17:57
Statt eine Lunte zu zünden, dreht man einfach den Zündschlüssel. Der Start passiert nicht mit einem lauten Knall, sondern mit böse röhrendem Auspuff – und doch ist es mehr als einfach nur Autofahren. Es ist ein wilder Ritt auf einer Kanonenkugel! Zumindest fühlt es sich so an, wenn der Fiat 500 Abarth (oder soll man sagen: Abarth 500) über die Lande schießt.
(Bild: kmm)

Natürlich muss dazu die Sport-Taste gedrückt sein, denn dann reagiert das Gas extrem spontan auf Pedaldruck und übersetzt die Wünsche aus dem Lustzentrum des Kindes im Manne direkt in Klang und Vortrieb. Ich fühle mich tatsächlich wie Münchhausen auf der berühmten Kugel, halte den imaginären Dreispitz am Kopf fest und freue mich an der blitzesschnellen Fahrt in Windeseile. Das Herz klopft mir auf die Schulter und ruft „Schneller! Schneller!“ Der Verstand muckt „Ja, aber …“ auf, doch das will hier keiner hören. Ich drehe die Musik am serienmäßigen Sound System lauter, der Subwoofer bläst mit 60 Watt unter dem Beifahrersitz hervor.

Hoppe, hoppe, Reiter
Die Hände sind süchtig nach dem sportlichen Handschmeichler in Form eines Lenkrades, sogar die Abflachung unten, die mich sonst immer nervt, stört nicht. Gut, dass die Lenkung so glasklar und direkt ist, es gibt bei hohem Tempo allerhand zu tun, denn es muss einem klar sein, dass ein so kleines Auto mit so kurzem Radstand nicht wie auf Schienen fährt. Die Physik ist ein Hund, Geradeauslauf bei Hochtempo eine Sache des Feingefühls am Lenkrad. Das Fahrwerk ist ziemlich kompromisslos, Komfort habe ich aber auch nicht erwartet, dafür liegt er gut. Auf der Autobahn neigt der 500 leider zum Hoppeln.

Im linken Augenwinkel blitzt hin und wieder „Shift up“ aus der Mitte des Ladedruckmessers auf und sagt mir kurz vor dem roten Bereich „Los, raufschalten!“, was ich gerne tue, denn der beinahe phallische Lederschaltknauf liegt extrem gut zur Hand, und auch das Getriebe macht Spaß. Aber nur bis zum Fünften, der sechste Gang will einfach nicht reingehen. Ah, ja klar, den gibt es ja gar nicht! Unerklärlich nur, warum der Abarth nur fünf Gänge hat, wo doch sogar schon der 100-PS-500er einen mehr hat.

Spaßbremsenbremse
7,9 Sekunden von Null auf 100, 205 km/h Höchsttempo – da pfeifst dahin mit einem Fliegengewicht von 1.035 Kilo! Die einzige Spaßbremse ist – das Bremsen. Denn sobald ich ein bisschen heftiger in die Eisen steige (und damit meine ich noch längst keine Vollbremsung), fängt die Warnblinkanlage an zu blinken. Wenigstens glaubt der Bremsassistent nicht, er müsste eingreifen.

Es fällt schwer, mit diesem Auto nicht zu räubern – es sei denn, man schaltet den Sportmodus aus. Dann wird die Gasannahme zäh, die Lenkung indirekt (verstärkt durch die Winterreifen) und „Shift up!“ blinkt fast ständig und mahnt damit zu sparsamer Fahrweise, oft sogar mehr, als sinnvoll ist. Der Effekt der Sporttaste ist so deutlich, dass der 500 beschleunigt, wenn man sie drückt, während man mit konstanter Gaspedalstellung dahinrollt. In Zahlen ausgedrückt: Das maximale Drehmoment beträgt im Sportmodus 206 Nm bei 3.000/min., in Normalfahrt nur 180 Nm bei 4.500/min. 135 PS gelten so und so.

... der werfe den ersten Stein
Ich hab sogar mit meinen 1,88 m gut Platz, nur Schuhgröße 45 ist nicht ganz ideal im Fußraum, rund um das (wenn es nass ist, rutschige) Kupplungspedal ist es echt eng. Das etwas überladene Kombiinstrument ist im normalen 500er einfach Geschmackssache (wie auch die Drucktasten etwa fürs Radio, die in einem Retroauto eigentlich Drehknöpfe sein sollten). In einem so sportlichen Auto ist die konzentrische Anordnung von Tacho und Drehzahlmesser aber schlicht keine gute Lösung, weil schlecht abzulesen. Das Lenkrad hätte ich gerne näher bei mir, leider lässt es sich nicht axial verstellen, wodurch ich keine ideale Sitzposition finden kann. Und weil ich gerade beim Mosern bin: Der Wendekreis ist mit 10,6 m für einen 3,65-Meter-Winzling um Eckhäuser zu viel. Der Kleine fährt sich auf Einkaufszentrums-Parkplätzen und in Parkhäusern richtig sperrig.

Verbrauchsmäßig muss man sich mit irgendwas rund um 10 Liter anfreunden, wenn man sich nicht gerade ein Fastengelübde auferlegt hat und jeglicher Spaß verboten ist. Fiat gibt einen Normverbrauch von 6,5 l/100 km an.

Das Spaßmobil gibt es ab 18.590 Euro, der Testwagen kostet mit einer Reihe Extras (z. B. Ledersitze, Perlmuttlackierung, Klimaautomatik) über 21.000 Euro. Dafür bekommt man ein Auto, das herrlich unerwachsen ist – aber kein Kinderspielzeug. Ein gewisse Portion Reife braucht es, damit man mit der Kugel nicht einschlägt…

Stephan Schätzl

Warum?

  • Weil er echt Spaß macht.

Warum nicht?

  • Weil hohes Tempo in so einem kleinen Auto auch mit sieben Airbags nicht ungefährlich ist.

Oder vielleicht ...

  • ... einen Mini Cooper S?
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(Bild: kmm)



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