Wetzt die Klingen!

Sacred 2: Fallen Angel

Spiele
17.10.2008 16:38
Zähflüssig schlängelt sich die blaue T-Energie durch Wiesen, Wälder und Täler. Während man andernorts über eine solche alternative Energieform erfreut wäre, sind die Bürger von Ancaria zunehmend beunruhigt: Einst friedliche Lebewesen mutieren durch die in den Boden und das Grundwasser sickernde Flüssigkeit plötzlich zu reißenden Bestien. Es droht der Öko-Kollaps in "Sacred 2", der Fortsetzung des Action-Rollenspiels aus dem Jahre 2004.

Ob man sich nun auf die Seite der Umweltaktivisten schlägt oder doch weiter Raubbau an der Natur betreibt und die Welt ins Chaos stürzt, überlässt "Sacred 2" dem Spieler, indem es sowohl eine "gute" als auch eine "böse" Kampagne anbietet. Zwei der insgesamt sechs zur Auswahl stehenden Charaktere haben davon allerdings nichts: Die engelsgleiche Seraphim und der an den star-wars'schen Imperator erinnernde Inquisitor sind per se so gut bzw. böse, dass sie nur die ihrem jeweiligen Naturell entsprechende Kampagne spielen können. In dieser Frage flexibel sind hingegen die zaubernde Hochelfe, der kampferprobte Schattenkrieger, die auf Pfeil und Bogen spezialisierte Dryade sowie der mit einem Gewehr-Arm ausgestattete Tempelwächter,  eine Kreatur halb Mensch, halb Maschine.

Je nachdem für welchen Charakter man sich entscheidet, gestaltet sich der Beginn des Spiels unterschiedlich. Die Hintergrundgeschichte ist aber durchaus zu vernachlässigen, denn das Resultat ist immer dasselbe: Der Spieler hetzt von Quest zu Quest, metzelt im Zuge dessen Horden von Kobolden, Ogern und anderen Monstrositäten nieder und wird schließlich mit Waffen, Rüstungen, Erfahrungspunkten und Schätzen aller Art belohnt, um sich für die nächste Herausforderung zu wappnen. So weit, so klassisch.

Aufgaben gibt es in "Sacred 2" für die tapferen Recken an allen Ecken und Enden. Den Entwicklern zufolge sind es an die 500, wobei sich gerade zu Beginn des Spiels ein Großteil davon auf die typischen "Botengänge" beschränkt. Da dürfen Katzen und Kühe gerettet, Briefe übermittelt und irgendwelche Menschen irgendwo über irgendeinen Sachverhalt informiert werden.  Da den Überblick zu bewahren fällt nicht leicht, zumal die Macher bei der Gestaltung des Logbuchs kläglich gescheitert sind: Von Kategorien oder einer Sortierung keine Spur, stattdessen gibt lediglich eine schnöde Liste Auskunft darüber, was bereits erledigt und was noch offen ist.

Der Aufwand lohnt die Mühe jedenfalls nicht immer. Schnell beschleicht den Spieler das Gefühl, dass es das eine oder andere Quest weniger auch getan hätte. Vor allem deshalb, weil für viele Missionen gewaltige Wegstrecken zurückgelegt werden müssen. Eine Minimap weist zwar die Richtung, ob Flüsse oder Steilhänge dazwischen liegen, verheimlicht sie jedoch, was oftmals lange Expeditionen zur Folge hat. Abhilfe versprechen Reittiere und magische Portale, mit denen sich große Distanzen überbrücken lassen. Beides zu finden aber ist nicht leicht, und nennt man einen Klappergaul oder eine der für jeden Charakter speziellen Reit-Kreaturen erst einmal sein Eigen, stellt sich Ernüchterung ein: die Fortbewegung ist mit "fahrbarem" Untersatz nicht merklich schneller.

Etwas Feintuning könnte schließlich auch das unkomfortabel gestaltete Inventar vertragen. Nach wie vor scheint es nicht möglich zu sein, ein wirklich eigenständig sortierendes Inventar zu programmieren, das auf einen Blick klar ersichtlich die Vor- und Nachteile von ausgerüsteten sowie abgelegten Items miteinander vergleicht und darstellt. Bleibt zu hoffen, dass dies in einem zweiten Patch – ein erster, 500 Megabyte großer Patch steht bereits seit dem ersten Tag nach der Veröffentlichung zum Download bereit – behoben wird.

Punkten kann das Action-Gemetzel hingegen mit einer Fülle von unterschiedlichen Waffen, Rüstungen und anderen Items, die unweigerlich den Sammlertrieb des Spielers wecken. Wie in anderen Genrevertretern auch, lassen sich Gegenstände durch bestimmte Power-Ups, beispielsweise seltene Gesteine, beim Schmied des Vertrauens oder, die entsprechende Fertigkeit vorausgesetzt, in Eigenregie modifizieren.

Sehr umfangreich sind auch die Möglichkeiten zur Individualisierung des eigenen Charakters ausgefallen. Wer ordentlich hackt, drischt und zerstückelt und schließlich in der Stufe aufsteigt, kann neben den klassischen Attributen wie Geschick und Stärke auch besondere Fertigkeiten, sowohl offensiver als auch defensiver Natur, verbessern. Unterschieden wird dabei zwischen speziellen, also nur dem jeweiligen Charakter zur Verfügung stehenden, sowie allgemeinen Fertigkeiten, etwa das Erlernen der Schmiedekunst oder des Reitens.

Auch das Kampfsystem lässt sich den eigenen Wünschen individuell anpassen: Während mit der linken Maustaste der Primärangriff mit Nah- oder Fernkampfwaffe erfolgt, lassen sich über einen Rechtsklick magische Angriffe entfesseln. Die Besonderheit: Mehrere Zauber können miteinander kombiniert und zu gewaltigen Kettenzaubern zusammengefasst werden, was meist nicht nur äußerst effektiv, sondern auch schön anzusehen ist.

Die Zauber stehen damit der restlichen Welt in nichts nach. Wer über die nötige Rechenpower verfügt – empfohlen wird ein Dual-Core mit mindestens 2,4 GHz, zwei GB Ram sowie Minimum 512 MB Grafikspeicher-, kann sich an einer ungemein prächtig detaillierten Welt erfreuen, die sich von sandigen Küstenstrichen über schneebedeckte Berglandschaften bis hin zu tropischen Urwäldern erstreckt und immer wieder mit Höhlen, Gräbern und anderen unterirdischen Verstrecken aufwartet.

Etwas gewöhnungsbedürftig dürfte für viele klassische Rollenspieler der Humor des Titel sein, der vor allem in den Sagern der Protagonisten und Gegner zum Vorschein kommt: Sprüche wie "Du depperter Depp, du" oder "Ich wusste es, ich bin nur Statist" muss man sich etwa von den lästigen Kobolden anhören lassen. Die Soundkulisse ist ansonsten überaus stimmig, schade ist jedoch, dass weitestgehend auf die Verwendung von Sprachausgabe verzichtet wurde und der Spieler neue Missionen lediglich als bloßen Text präsentiert bekommt.

Fazit: "Sacred 2" ist ein klassisches Hack'n'Slay, das aufgrund einiger technischer Patzer (Logbuch, Karte, Inventar) anfangs eher sauer aufstößt. Wer sich jedoch durchbeißt, verfällt schnell dem süchtig machenden Prinzip des Genres: metzeln, sammeln, kaufen, aufrüsten. Quests und Monster gibt es reichlich, und auch wenn diese nicht immer sonderlich anspruchsvoll sind, so wird nicht zuletzt aufgrund der umfangreichen Individualisierungsmöglichkeiten zumindest garantiert, dass der Spieltrieb nicht vorschnell verkümmert. Sollte der eigene PC bereits in den letzten Zuckungen liegen, aber noch eine PS3 oder Xbox 360 im Wohnzimmer vorhanden sein, könnte sich das Warten lohnen: Anfang Februar 2009 bringt Ascaron "Sacred 2" auch auf die Konsole.

Plattform: PC (getestet), PS3/Xbox 360 (Februar 2009)
Publisher: Deep Silver
Krone.at-Wertung: 8/10

von Sebastian Räuchle

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