Prügel-Affäre

Westenthaler will BZÖ-Parteiobmann bleiben

Österreich
30.07.2008 16:56
BZÖ-Obmann Peter Westenthaler hat am Dienstagabend betont, dass er Parteiobmann der Orangen bleibe, obwohl er nicht der Spitzenkandidat seiner Partei bei der Nationalratswahl sein wird. Stunden zuvor war Westenthaler im Wiener Straflandesgericht wegen falscher Zeugenaussage zu neun Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Richter Peter Liebetreu sprach in der Urteilsbegründung von "eindeutigen Beweisergebnissen". Die Verurteilung ist nicht rechtskräftig, Verteidiger Josef Wegrostek meldete volle Berufung an. Der mitangeklagte Noch-BZÖ-Sprecher Lukas Brucker wurde im Zweifel freigesprochen.

In der "ZiB2" verwies Westenthaler darauf, dass er bis 2010 zum Parteiobmann gewählt sei. Stefan Petzner, der Sprecher von Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider, hatte zuvor nicht ausgeschlossen, dass auch der Parteivorsitz von den personellen Weichenstellungen im BZÖ betroffen sein könnte. Westenthaler versicherte, dass er als Wiener Spitzenkandidat für das BZÖ in die Nationalratswahl gehen werde.

An die Wähler richtete er gleich den Appell, das "Unrecht", das ihm durch die Verurteilung wegen falscher Zeugenaussage in erster Instanz widerfahren sei, bei der Wahl zu berücksichtigen.

Richter: Tatbestand in jeder Hinsicht erfüllt
"Es gibt in diesem ganzen Akt einen einzigen Täter, und das ist der Erstangeklagte Peter Westenthaler", stellte Richter Peter Liebetreu in seiner ausführlichen Urteilsbegründung einleitend fest. Dieser habe im Prozess gegen seinen ehemaligen Leibwächter Siegfried Kobal als Zeuge unter Wahrheitspflicht mehrfach die Unwahrheit gesagt. Der Tatbestand der falschen Zeugenaussage sei "in subjektiver und objektiver Hinsicht erfüllt", sagte der Richter.

"Die Ergebnisse des Beweisverfahrens reichen für einen Schuldspruch mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit in jeder Hinsicht aus", betonte Liebetreu. Westenthaler sei nicht nur von seinem früheren Leibwächter, sondern von "unbedenklichen, glaubwürdigen" Zeugen belastet worden.

"Wir sind daher zu einer anderen Wahrheit gekommen", wandte sich der Richter direkt an den ob des Schuldspruchs konsterniert wirkenden Spitzenpolitiker. "Wir sind keine rote Justiz! Wir machen keine Schmutzkübelkampagne gegen Sie!", meinte Liebetreu weiter. Als unabhängiger Strafrichter habe er "ohne Rücksicht und Ansehen der Person" das zu beurteilen, was die Staatsanwaltschaft einem Angeklagten vorwerfe.

"Ein ganz schlechtes Bild geliefert!"
Bei der Strafbemessung wurde die bisherige gerichtliche Unbescholtenheit des BZÖ-Obmanns als mildernd berücksichtigt. Wie Liebetreu ausführte, sei Westenthalers "absolute Schulduneinsichtigkeit" demgegenüber "beinahe einem Erschwerungsgrund" gleichgekommen: "Als jemand, der in der Öffentlichkeit steht, haben Sie mit dieser Vorbildwirkung ein ganz schlechtes Bild geliefert!"

Bei einem Strafrahmen von bis zu drei Jahren sei bei einem Ersttäter zunächst an eine Geldstrafe zu denken, doch wäre im gegenständlichen Fall eine solche aus general- und spezialpräventiven Gründen "nicht vertretbar" gewesen, befand Liebetreu. Die Bevölkerung hätte dies möglicherweise so interpretiert, "dass die oben es sich wieder gerichtet haben". Folglich sei eine "doch empfindliche Freiheitsstrafe" nötig gewesen, wobei mit neun Monaten auf Bewährung "gerade noch das Auslangen gefunden werden kann", formulierte der Richter.

Noch-BZÖ-Sprecher Brucker freigesprochen
Für Lukas Brucker hätten die Indizien demgegenüber nicht für einen Schuldspruch ausgereicht, ging Liebetreu schließlich auf den Zweitangeklagten ein. Der Freispruch für den Noch-BZÖ-Sprecher ist nicht rechtskräftig, Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter gab vorerst keine Erklärung ab.

Westenthaler nach Urteil empört
Mit fast an offene Wut grenzender Empörung reagierte Peter Westenthaler noch im Gerichtssaal auf seine Verurteilung. Die "rote Staatsanwaltschaft" und die Justiz insgesamt gehe gegen einen Oppositionspolitiker vor, "der in den letzten Jahren sehr erfolgreich war und der sich artikulieren kann", schimpfte der BZÖ-Obmann vor Journalisten. Es gebe "ein politisch gefärbtes Meinungsklima gegen mich, dazu stehe ich!"

Besonders scharfe Kritik übte der Parteichef an Richter Peter Liebetreu, "der politische Äußerungen von mir als strafverschärfend herangezogen hat." Das sei "unzulässig". Westenthaler weigerte sich explizit, das Urteil anzuerkennen: "Es gibt kein Urteil! Es gibt einen Richterspruch, der nicht halten wird!"

Er habe "noch Vertrauen in den Rechtsstaat", bemühte sich der orange Obmann um Zuversicht. Die Berufungsinstanz werde ihm recht geben, zumal er "mit Höchstrichtern" über den gegenständlichen Fall "und die anderen Gruselmärchen gegen mich" gesprochen habe. "Die schütteln alle den Kopf", behauptete Westenthaler.

Reaktionen zum Urteil findest du in der Infobox!

Prügelaffäre mit Folgen
Westenthaler hatte sich das Verfahren wegen falscher Zeugenaussage mit seinem Zeugenauftritt im Prozess gegen seinen früheren Leibwächter Siegfried Kobal eingebrockt. Dieser wurde im März 2007 wegen Körperverletzung in der sogenannten orangen Prügelaffäre zu vier Monaten bedingter Haft verurteilt, weil er den früheren Sprecher von Ex-Justizministerin Karin Gastinger, Christoph Pöchinger, am Abend der Nationalratswahlen 2006 unsanft aus dem Lokal befördert hatte, in dem das BZÖ den Einzug in den Nationalrat feierte.

Im Unterschied zu zahlreichen anderen Augenzeugen, die sich mehr oder weniger deutlich an einen Tumult oder zumindest an eine lebhafte Diskussion zwischen Westenthaler und Pöchinger erinnern konnten, hatte Westenthaler unter Wahrheitspflicht zu Protokoll gegeben, ihm sei "nichts aufgefallen von Tumulten, Schlägereien". Er habe "einen sehr, sehr fröhlichen Abend verbracht".

Bereits unmittelbar nach diesen Angaben hatte der Staatsanwalt mit folgenden Worten rechtliche Schritte angekündigt: "Wie es bei Wirtshausraufereien so üblich ist, gibt es Zeugen, die relativ dumm daher lügen. Die werden noch von der Staatsanwaltschaft hören."

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