"In den Hunderten Mails, die ich seit Sonntagabend erhalten habe, werde ich in meinem Entschluss bestätigt, eine eigene Sendung gestartet zu haben", wird Kampusch vom Sender Puls 4 zitiert. Gratulationen für die Talkshow und Glückwünsche für die Zukunft seien Inhalte der Botschaften von Zusehern und "Fans".
"Meiner Meinung nach haben sie die Opferrolle schon lange abgelegt", schrieb etwa eine der Seherinnen. Verfolgt wurde die 40-minütige Sendung auf Puls 4 am Sonntag offenbar nicht nur von Österreichern. Neben deutscher hat die 20-Jährige auch italienische "Fanpost" für ihren "Mut" und ihre "Stärke" bekommen.
114.000 sahen zu
Trotz maximal möglicher Vorabberichterstattung in allen heimischen Zeitungen und Werbespots auf Konkurrenzsendern haben sich am Sonntagabend lediglich 114.000 Menschen für die neue Show von Natascha Kampusch interessiert. Das entspricht einem Marktanteil von 4,7 Prozent auf allen Ebenen. Für Puls 4 war der Talk zwischen dem Entführungsopfer und Niki Lauda ein Erfolg - verglichen mit den bisherigen Einschaltquoten. "Natascha Kampusch trifft" sei seit dem Sendestart am 28. Jänner das erfolgreichste Format auf Puls 4 gewesen, ließ der Sender wissen. Den Hauptabendfilm "Collateral" im ORF sahen mehr als drei Mal so viele Österreicher, der üblichen Liebesschnulze auf ORF 2 wohnten gar sieben Mal so viele bei.
Psychologe: "Bisschen ein Bewältigungsversuch"
Für den Psychologen Gerald Kral im Berufsverband der Österreichischen Psychologen war das erste Talkshow-Gespräch mit Lauda vor allem ein Verarbeitungsversuch und ein mutiger Schritt von Natascha Kampusch. "Es ist für mich auch ein bisschen ein Bewältigungsversuch", sagte Kral. Die Entscheidung, selbst in so einer Sendung an die Öffentlichkeit zu treten, habe aus seiner Sicht mit dem Wunsch zu tun, mit der Gesamtsituation zu Recht zu kommen. "Es ist in jedem Fall mutig", betonte der Psychologe. "Beachtenswert ist, dass sie diesen Versuch macht."
Insgesamt wirke Natascha Kampusch im Fernsehen angespannt, nervös und untrainiert, so Kral. "Aufgefallen ist halt schon, dass es beträchtliche Unsicherheiten gibt." Merkbar sei dies beispielsweise am Augenkontakt zu Niki Lauda. Man dürfe jedoch nicht vergessen, dass die 20-Jährige in ihrer achteinhalb Jahre dauernden Gefangenschaft fast niemals die Chance gehabt habe, solch soziale Kontaktfähigkeiten zu üben.
Kampusch hat Martyrium nicht "bereits verarbeitet"
Was Niki Lauda erzähle, klinge nachvollziehbar und emotional greifbar, erklärte Kral. Bei Natascha Kampusch sei dies nicht der Fall. "Ich glaub, dass sie sich sehr schützt und schützen muss, um nicht zu viel von sich preiszugeben", meinte er. Dass sie das Martyrium - wie Natascha Kampusch in dem Interview selbst meint - bereits verarbeitet habe, glaubt der Psychologe nicht. "Davon kann man nicht ausgehen", betonte der Fachmann. Wenn sie dies allerdings sage, müsse man ihr diese Sichtweise lassen.
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