Wegen Terror-Check

Tschechien nimmt nur 80 Migranten auf – EU sauer

Ausland
03.08.2016 12:58

Tschechien ist bei der Aufnahme von Flüchtlingen bislang alles andere als positiv aufgefallen. Jetzt sorgt Regierungschef Bohuslav Sobotka mit seinem Plan, bis Oktober lediglich 80 Migranten aus Syrien nach einer eingehenden Sicherheitsüberprüfung aufzunehmen, bei der EU erneut für Ärger. Laut Vizepremier Andrej Babis solle Tschechien für seinen harten Asylkurs sogar EU-Sanktionen in Kauf nehmen. Und Präsident Milos Zeman will einen kompletten Stopp der Aufnahme. Kritik kommt von EU-Kommissar Günther Oettinger.

Zeman ließ über seinen Sprecher am Dienstag ausrichten, mit der Einreise von Flüchtlingen schaffe man "einen Nährboden für Terrorattacken". Weiters sagte der Sprecher: "Der Präsident ist gegen jegliche Aufnahme von Flüchtlingen auf tschechischem Gebiet. Unser Land kann es sich nicht leisten, sich der Gefahr von Terroranschlägen wie in Frankreich und Deutschland auszusetzen." Der für seine nationalistischen Aussagen bekannte Zeman gilt als Hardliner in der Flüchtlingsfrage. So hatte er in der Vergangenheit den Asylsuchenden ausgerichtet: "Niemand hat Sie hierher eingeladen!"

Tschechien in Flüchtlingskrise unkooperativ
Die 80 Flüchtlinge, die Tschechien nun aufnehmen will, müssen eine Sicherheitsüberprüfung bestehen, die dem Innenministerium zufolge nicht vor Oktober abgeschlossen sein wird. Das Engagement des rund 10,5 Millionen-Einwohner-Landes in der Flüchtlingskrise hält sich sehr in Grenzen. Im Rahmen des Resettlement-Programms der EU (Umsiedlung von bereits anerkannten Flüchtlingen) sagte Tschechien im vergangenen Jahr 400 Plätze für Flüchtlinge zu. Bisher nahm das EU-Land über diesen Weg allerdings lediglich 52 Menschen auf.

Über das Relocation-Programm (Umverteilung von Flüchtlingen, die noch keinen Asylantrag gestellt haben) müsste Tschechien nach dem EU-Schlüssel insgesamt - also sowohl aus Italien als auch aus Griechenland - 2691 Asylsuchende willkommen heißen. Zugesagt hatte Prag 50 Aufnahmen, tatsächlich kamen vier Flüchtlinge auf diesem Weg in das Nachbarland Österreichs.

Österreich hat Resettlement-Quote schon fast erfüllt
Zum Vergleich: Österreich hat die Quote für das Resettlement mit 1453 von 1900 außerhalb des EU-Türkei-Deals zugesagten Plätzen schon zu einem Großteil erreicht. Bis Ende 2017 sollte das Kontingent laut Innenministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck endgültig erfüllt sein. Dazu kommen allerdings noch die bereits im Land befindlichen Asylwerber. Österreich gehört mit rund 90.000 Asylanträgen (ohne Resettlement-Zahlen) im vergangenen Jahr neben Deutschland und Schweden zu den Hauptaufnahmeländern.

Vizepremier: "Prag soll EU- Sanktionen in Kauf nehmen"
In Tschechien hingegen legte Vizepremier Babis nun noch nach und verschärfte seine Kritik an der Aufnahme von Flüchtlingen unter einem EU-Quotenregime. Tschechien solle Quoten auch zum Preis von EU-Sanktionen ablehnen, schrieb der Finanzminister und Chef der populistischen Partei Ano am Mittwoch auf Facebook.

"Wir müssen alles tun, um die Migranten abzulehnen. Einschließlich der Quoten, wo wir überstimmt wurden. Ich will die Quoten auch um den Preis von Sanktionen ablehnen", so Babis. Stattdessen müsse Europa die Schengengrenze schließen, "was ich schon seit genau einem Jahr sage". "Dort können und sollten wir einen Zaun aufbauen. Nicht an der tschechischen Grenze, sondern dort. Und zwar sofort."

Oettinger wirft Tschechien Schwächung Europas vor
Kritik an Tschechiens Asylpolitik kommt vom deutschen Kommissar Günther Oettinger. "Ich glaube schon, dass wir uns beschämend fragen müssen, ob wir nicht mehr für 300.000 eingeschlossene Syrer in Aleppo anzubieten haben", sagte er am Dienstag gegenüber dem deutschen Sender Radio ffn. Die Menschen dort würden hungern und in Lebensgefahr schweben.

"Natürlich sehe ich wohl, dass Tschechien historisch gesehen nicht so viele Asylgründe in der Verfassung stehen hat wie wir", so Oettinger. Doch die Flüchtlingsquote sei "mit großer Mehrheit beschlossenes, europäisches Recht". Wer als Präsident wie Zeman europäische Gesetzgebung so diffamiere, der schwäche Europa insgesamt.

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