Konferenz in Graz

Gute Miene trotz Krach um Jobs für Flüchtlinge

Österreich
04.10.2016 16:50

Die Landeshauptleute haben ihre Konferenz am Dienstag in Graz mit steirischem Wein gestartet. Gemeinsam mit Kanzler Christian Kern (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) betonten sie dann, dass es nun konsequente Schritte geben werde, um etwas weiterzubringen. Doch auch der betonte Optimismus und die bemüht gute Stimmung können nicht über den Riesenkrach um Billig-Jobs für Asylwerber hinwegtäuschen.

Nach dem kurzen Ministerrat Dienstagfrüh, bei dem kein einziger relevanter Punkt auf der Tagesordnung stand, fuhren Kern und Mitterlehner zur Landeshauptleutekonferenz. Da jedoch war der Streit um 1-, 5- oder 2,50-Euro-Jobs für Asylwerber längst eskaliert. Für Sozialminister Alois Stöger ist die Forderung von Innenminister Wolfgang Sobotka - er fordert 2,50 Euro Lohn, weil fünf Euro viel zu viel seien - "nicht produktiv".

Drozda: ÖVP-Vorschlag "obszön"
SPÖ-Kanzleramtsminister Thomas Drozda nennt den ÖVP-Vorschlag sogar "obszön". Die Kalmierungsversuche des schwarzen Staatssekretärs Harald Mahrer nutzten da nicht mehr viel. Und aus dem Innenministerium hieß es, man werde von den 2,50 Euro "sicher nicht runtergehen", ebenso wenig wie vom bisherigen Höchstverdienst von 110 Euro.

Kanzler Kern gab sich in Graz diplomatisch. Integration sei wichtig, es gebe einen Vorschlag der Flüchtlingsreferenten (diese hatten sich auf einen Stundenlohn in der Höhe von fünf Euro geeinigt), und der scheine ausgewogen zu sein, so Kern.

Mindestsicherung: Weiter keine Einigung
Auch beim Streitthema Mindestsicherung - einige Bundesländer sind ja bereits eigene Wege gegangen und haben die Leistungen gekürzt - gibt es weiterhin keine Einigung. Vizekanzler Mitterlehner wähnt die Regierung in dieser Sache dennoch auf einem guten Weg. Beim Finanzausgleich, der, so war bei der Konferenz zu vernehmen, "im Hintergrund ausgearbeitet wird", dürfte - das scheint schon jetzt klar - kein großer Wurf herauskommen.

Zweckoptimismus und schöne Bekenntnisse
Übrig blieben also schöne Worte, wiederholte "Wir packen's an"-Aufrufe und eine gehörige Portion Zweckoptimismus. Und eine Arbeitsgruppe. Hermann Schützenhöfer, Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz: "Wir wollen die Welt nicht neu erfinden, aber wir haben uns ernsthaft vorgenommen, etwas weiterzubringen." Kanzler Kern ergänzte: "Das Land braucht Wirtschaftsförderung und Beschäftigungswachstum. Dazu brauchen wir engste Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern."

Gut informierte Kreise berichten, dass es hinter den verschlossenen Türen nicht ganz so kuschelig zugegangen sei. Da sei teils sehr offen gesprochen worden, und so mancher Landeshauptmann habe auch Positionen entgegen der eigenen Parteilinie eingenommen.

Kommentar von Doris Vettermann: Juhu - eine Arbeitsgruppe
Jetzt aber wirklich! Jetzt packen es Regierung und Länder an! Ganz sicher. Immerhin haben sie bei der Landeshauptleutekonferenz, bei der im Vorfeld vereinbart worden war, heikle Themen auszusparen, die Einsetzung einer Arbeitsgruppe beschlossen. Wenn das nichts ist.

Doch die elf Herren (neun Landeschefs sowie Kanzler Kern und Vizekanzler Mitterlehner) haben wohl übersehen, dass dem gelernten Österreicher längst klar ist, was eine Arbeitsgruppe bedeutet. Nämlich: dass rein gar nichts passiert. So ganz nach dem Motto: Wenn wir nicht weiterkommen und keinen Plan haben, dann machen wir einmal eine Arbeitsgruppe, das verläuft dann sowieso im Sand.

Besonders angestrengt haben sich Bund und Länder bei ihrer Erklärung nicht. "Gemeinsam neue Wege gehen" und "Einstieg zum Umstieg" sind die wenig originellen Schlagwörter. Das wird nur noch durch die Passage übertroffen, in der darauf hingewiesen wird, dass die Dinge nicht auf die lange Bank geschoben werden: "hat man sich ein sehr ambitioniertes Ziel gesetzt: Bereits im ersten Quartal 2017" soll es einen ersten Bericht der Arbeitsgruppe geben. Echt, so schnell? Nicht erst in ein paar Jahren?

Die inhaltslose Friede-Freude-Eierkuchen-Show von Bund und Ländern ist ein Spiegelbild der Regierung, wo so gut wie nichts mehr geht. Nur ÖVP-Chef Mitterlehner hat die Realität offenbar völlig ausgeblendet - er sieht "keinen ideologischen Konflikt oder eine Auseinandersetzung" im heftigen Streit um die Flüchtlings-Jobs.

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