Ernüchterndes Fazit

Chef suchte Personal: "Anpacken wollte nur einer"

Österreich
25.06.2017 11:09

Firmenchef sucht Mitarbeiter - eigentlich erfreulich, doch was Dominik Jenewein, Inhaber einer Maßmöbelfirma aus dem Tiroler Stubaital, bei der Personalsuche erlebte, ist ernüchternd. Eine Mixtur, geprägt von Demotiviertheit, Unzuverlässigkeit und Provokation. Die Schilderung Jeneweins auf Facebook hat den Nerv vieler getroffen, denn es gab eine Flut von Reaktionen.

Das aufstrebende Unternehmen JEWA, eine moderne Firmenhalle, steigender Arbeitskräftebedarf. "Wir haben daher drei Wochen lang in Medien, Internet und beim AMS gesucht", schildert Jenewein. Resultat: 0 Bewerbungen für die beiden Facharbeiterjobs, 1 Bewerbung eines Lehrlings, 15 Bewerbungen als Hilfsarbeiter. "Ich habe 13 Personen zum Gespräch eingeladen und sie über den Hilfsarbeiterlohn von 1300 Euro netto informiert. Mit zehn wurde ein bezahltes Probearbeiten vereinbart", sagt Jenewein.

Probearbeit: Von zehn Bewerbern kamen fünf
Wie es weiterging, schilderte der Firmenchef ausführlich auf Facebook: "Fünf Personen erschienen erst gar nicht. Auf telefonische Nachfrage sagten zwei Bewerber (beide mit Asylstatus), für 1300 Euro nicht zu kommen, da die Bus-Anreise (Innsbruck - Mieders) zu anstrengend sei. Ein Tschetschene sagte, er habe es sich anders überlegt. Die vierte Person (Asylstatus) war telefonisch nicht mehr erreichbar. Ein Syrer (17), dem eine Lehre zur Fachkraft angeboten wurde, erschien nicht. Zwei Personen brachen das Testarbeiten nach dem ersten Tag ab (Zitat: "Zu Hause ist es angenehmer")."

Unentschuldigt nicht da wegen der Katze
Der einzige Österreicher sei am zweiten Tag unentschuldigt nicht mehr gekommen, weil die Katze kastriert werden musste, wie Jenewein erst auf telefonische Nachfrage erfahren habe.

"Zwei Personen, ein Iraner und ein Serbe, habe ich am zweiten Tag abgelehnt, da sie keinerlei Motivation zeigten", erklärt Jenewein. Was ihm besonders auffiel: "Alle Bewerber, die nicht erschienen, waren Mindestsicherungsbezieher oder im Asylstatus mit Arbeitserlaubnis."

Ein Lichtblick unter den Bewerbern
Doch es gibt einen Lichtblick in der ernüchternden Prozedur: ein Mann aus Ghana, der (weil nur Englisch sprechend) zuerst abgelehnt wurde. "Doch er hat mich drei Mal angerufen und zwei SMS geschickt. Das beeindruckte mich und er stand beim Probearbeiten nie still, suchte etwas zu tun. Ich erfuhr, dass er vom Staat kein Geld bekommt, einen kleinen Sohn hat. Jetzt arbeitet er bei mir, ich zahle ihm sogar die Bustickets."

Jeneweins (noch etwas detailliertere) Schilderung auf Facebook, die er am 14. Juni veröffentlicht hatte, wurde bis Samstag fast 2400 Mal geteilt. Er habe Dutzende Nachrichten mit Zuspruch und Bestätigung bekommen. "Man sieht einfach, dass hier starke Probleme herrschen." Auch am 21. Juni sei erneut ein Bewerber einfach nicht zum vereinbarten Vorstellungsgespräch gekommen.

"Nichtstun oder Arbeiten macht finanziell kaum einen Unterschied"
Kritik, dass sich viele Menschen mit 1300 Euro netto neben Wohnung und weiteren nötigen Ausgaben nichts mehr leisten könnten und der Lohn deshalb einfach zu niedrig angesetzt sei, konterte Jenewein mehrmals: Die 1300 Euro seien nicht der Lohn für einen Facharbeiter, sondern jener für einfache Hilfsarbeiten, für Arbeiter "ohne Qualifikation und Sprachkenntnisse". Und es sei lediglich das Anfangsgehalt.

Er sieht die Politik gefordert, weil es "finanziell kaum einen Unterschied macht", ob man nichts tut oder arbeitet. Und viele würden sich daher lieber für das Nichtstun entscheiden. Aber: "Das System, nicht der Bürger, ist das Problem", und solange sich dieses nicht ändere, "werden diese Leute immer weiter in der Hängematte liegen".

Andreas Moser, Kronen Zeitung, krone.at

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