Nach Krisensitzung

Bei SPÖ-Parteitag drohen jetzt Kampfabstimmungen

Österreich
21.11.2016 19:18

Vier Stunden lang ist am Montag innerhalb der Wiener SPÖ höchst emotional diskutiert und debattiert worden. Am Ende konnten die Reformer einen Erfolg erzielen! So wurde beschlossen, den Landesparteitag ins Frühjahr 2017 vorzuverlegen. Zudem soll es bis Jänner zu Personaländerungen in der Landesregierung kommen - was auch SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl mit einem "kann sein" quasi bestätigte. Beim nächsten Vorstand im Jänner soll auch ein Großteil der Forderungen der Reformer diskutiert oder sogar umgesetzt werden.

"Niemand ist gestürzt worden. Sie sehen mich in aller Pracht und Herrlichkeit", spielte SPÖ-Obmann und Bürgermeister Häupl nach der Sitzung auf mögliche Nachfolgedebatten an. Die inhaltliche Debatte mit den Parteifunktionären sei jedoch intensiv geführt worden. Die Mitglieder des Vorstandes sind laut Häupl nun aufgerufen, ein "Themenlisting" mit den wichtigsten Punkten zu erstellen. Diese sollen in weiterer Folge in verschiedenen Gremien abgearbeitet werden.

Parteitag spätestens im April
Ein hochrangiger SPÖ-Funktionär, der bei der Sitzung anwesend war, sagte gegenüber krone.at: "Den Parteitag vorzuverlegen war eine massive Forderung. Der Bürgermeister hat dieser Vorverlegung bei einer Wortmeldung zugestimmt." Bei diesem Parteitag, der spätestens im April stattfinden muss, könnten nicht nur inhaltliche Entscheidungen, sondern auch Personalwechsel im Regierungsteam mittels Kampfabstimmungen beschlossen werden.

Bürgermeister-Nachfolge wird vorerst ausgeklammert
Zum Ablauf der Krisensitzung sagte der SPÖ-Veteran gegenüber krone.at: "Vier Stunden wurde sehr kritisch diskutiert, es waren leidenschaftliche Diskussionen, aber es waren sich schließlich alle einig, dass wir die großen Themen anpacken müssen - der Reformweg wurde beschlossen, ich sehe das als großen Erfolg der reformwilligen Bezirkschefs." Eine Festlegung auf die Bürgermeister-Nachfolge wurde ausgeklammert, die Wiener SPÖ gibt sich Zeit bis zur Vorstandssitzung im Jänner 2017.

Partmitglied zu krone.tv vor Krisensitzung: "Haben drei große Baustellen"

Häupl schloss nicht völlig aus, dass es in den kommenden Monaten zu einem Wechsel in der roten Regierungsmannschaft kommen könnte. Hinter den Kulissen wird bereits gemunkelt, dass Anfang 2017 gleich mehrere Stadträte ihren Hut nehmen müssen. De zuletzt angedachte neuerliche Trennung von Parteivorsitz und Bürgermeisteramt scheint hingegen vom Tisch zu sein. Es habe sich gezeigt, dass es hier kein "rasendes Bedürfnis" in der Partei gebe, erzählte Häupl.

In der Krisensitzung wurde weiters ein Agreement beschlossen, Personaldebatten nicht mehr in der Öffentlichkeit zu führen. Und die kritischen Themen sollen in einer Vorstandstagung zu Jahresbeginn diskutiert werden. Die parteiinternen Kritiker hat Häupl laut eigenen Angaben darauf hingewiesen, dass öffentlich geführte Personaldiskussionen schaden. Ob es solche weiterhin geben wird, könne er nicht vorhersehen - und auch nicht verhindern: "Ich habe keine Sanktionsmöglichkeit."

Ex-Landesparteisekretär: "Häupl nicht bereit, Platz zu machen"
Der Konflikt innerhalb der Partei brodelt dennoch weiter. Der ehemalige Landesparteisekretär Christian Deutsch ließ nach der Sitzung mit einer äußerst harten Kritik in Richtung Häupl aufhorchen: "Die Aussagen Häupls machen klar, dass der Bürgermeister, aus welchen Gründen auch immer, nicht bereit ist, loszulassen und Platz zu machen für inhaltliche und personelle Erneuerungen. Es ist aber nur eine Frage der Zeit." Die Dauer der Sitzung am MOntag habe jedenfalls gezeigt, dass es "großen Diskussionsbedarf" gebe. Ein Parteitag könne dazu beitragen, dass der "ungeklärte Zustand" der Partei nicht "verschleppt" werde, sagte Deutsch.

Die Situation innerhalb der Wiener SPÖ bleibt also verfahren. Der linke Parteiflügel, der hinter Stadträtin Sonja Wehsely steht, rebelliert gegen den rechten Flügel, der wiederum Stadtrat Michael Ludwig unterstützt. Und umgekehrt. Zu dieser "Mehrheit", wie sich die rechte Gruppe nennt, gehört auch Deutsch.

Ohne geeinte Wiener SPÖ schlechte Karten für Van der Bellen
Häupl weiß, dass eine angeschlagene und zerstrittene Wiener Basis Bundeskanzler Christian Kern bei einer vorgezogenen Nationalratswahl (eventuell schon im Mai 2017?) nur schaden kann. Und auch dem Hofburg-Kandidaten Alexander Van der Bellen kommen die Streitereien innerhalb der Wiener SPÖ nicht gerade gelegen, obwohl Kanzler und Bürgermeister eine Wahl des Ex-Grünen-Chefs forcieren und für ihn innerhalb der SPÖ-Partei werben.

Sollte der Richtungsstreit innerhalb der Wiener Genossen jedoch anhalten, könnten einige enttäuschte Mitglieder aus Trotz nicht nur Wahl am 4. Dezember gehen und so ein ähnlich gutes Ergebnis Van der Bellens in der Bundeshauptstadt - wo er bei der annullierten Stichwahl 63,3% erreichte - verhindern. Eines ist klar: Ohne noch einmal in Wien kräftig abzuräumen, würden die Siegchancen Van der Bellens massiv sinken.

Eine Niederlage des Ex-Grünen-Chefs wäre aber auch eine persönliche Niederlage von Kanzler und Bürgermeister - und die Streitereien könnten sich innerhalb der SPÖ mit großer Wahrscheinlichkeit weiter zuspitzen. Es steht als viel auf dem Spiel in den nächsten Wochen und Monaten. Nicht nur für Kern und Häupl - für die gesamte SPÖ!

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