Flucht über Wien

Vierfachmord in Brünn: Täter in den USA verhaftet

Ausland
24.05.2013 12:59

Im tschechischen Brünn sind in der Nacht auf Donnerstag vier Menschen brutal ermordet worden. Die Polizei vermutet, dass der 20-jährige US-Amerikaner Kevin Dahlgren (Bild) die Gewalttat verübt hat. Dem mutmaßlichen Täter gelang zunächst die Flucht nach Österreich sowie der Abflug von Wien-Schwechat Richtung Washington D.C.. Die tschechischen Beamten informierten die Kollegen in Wien und in weiterer Folge auch die US-Polizei. Diese wartete bereits am Flughafen auf Dahlgren und nahm ihn am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) noch in der Maschine fest.

Die tschechischen Behörden hätten gewusst, dass der Verdächtige Richtung Washington unterwegs sei, erklärte der Chef der südmährischen Polizei, Leos Trzil. Diese Information sei aber bewusst nicht veröffentlicht worden, denn es sei zu befürchten gewesen, dass Dahlgren von der Fahndung erfahre und weitere Verbrechen begeht.

Crew der AUA-Maschine über Mörder informiert
Die Besatzung des Flugzeuges wurde darüber informiert, wen sie an Bord hat - allerdings erst nach dem Start der Maschine am Donnerstag um 10.30 Uhr. Die Crew erhielt die Anweisung, jeden Eindruck zu vermeiden, dass der als extrem gefährlich einzuschätzende junge Passagier als mutmaßlicher Vierfachmörder erkannt worden sei. Nicht zuletzt aus diesem Grund sei auch die Überlegung, eventuell umzukehren und in Wien oder in Bratislava zu landen, verworfen worden, hieß es.

Die Situation für die Crew war insofern heikel, als dass sie mit dem Mann, nach dem international gefahndet wurde, sozusagen allein war. Mutmaßliche Straftäter als Passagiere sind an sich zwar nicht außergewöhnlich, befinden sich aber in der Regel in Begleitung von Polizeibeamten. Für AUA-Mitarbeiter finden allerdings regelmäßige Trainings mit Spezialisten des Einsatzkommandos Cobra statt, um sich auf brenzlige Situationen vorzubereiten.

Laut dem südmährischen Polizeichef arbeitete die tschechische Polizei mit den österreichischen Kollegen sowie mit einem FBI-Vertreter in Prag zusammen. Eingeschaltet wurde auch das tschechische Außenministerium, das sich um die Auslieferung des mutmaßlichen Täters bemühte. Der Festgenommene stammt aus der kalifornischen Stadt Palo Alto und war erst vor etwa drei Wochen nach Tschechien gereist.

Vier Leichen bei Hausbrand entdeckt
Wenige Stunden zuvor, in der Nacht auf Donnerstag, hatte die tschechische Feuerwehr vier Leichen bei einem Hausbrand in Brünn entdeckt. Unbestätigten Angaben zufolge dürften die Körper in der Garage des Hauses verbrannt worden sein. Nach einem Bericht des Nachrichtenportals iDNES.cz handelt es sich bei den Toten um ein Ehepaar und seine zwei Söhne. Mit dem verdächtigen US-Amerikaner seien sie verwandt gewesen. Demnach war der 20-Jährige, ein Cousin der beiden Söhne, seit knapp drei Wochen zu Besuch in Brünn.

"Es ist eine Familientragödie", sagte ein Polizist. Das ermordete Ehepaar war in dem Luxus-Vorort Ivanovice bekannt. Der Vater und einer der Söhne spielten in einer Ukulele-Band, die inzwischen alle Konzerte abgesagt hat. Die Mutter arbeitete nach Berichten örtlicher Medien als Lehrerin an einer Volksschule.

Täter hat psychische Probleme
Laut einem Bericht des tschechischen Fernsehsenders tn.cz sei der 20-Jährige wegen psychischer Probleme von seinen Eltern in Kalifornien nach Übersee geschickt worden. Demnach hätten die Dahlgrens gehofft, ein ruhigeres Leben bei Verwandten im Ausland würde ihrem Sohn gut tun. In sozialen Netzwerken sei der junge Mann bislang so gut wie nicht aufgetreten, versuchte die Tageszeitung "San Francisco Chronicle" in einem Bericht der Frage "Wer ist der Mordverdächtige Kevin Dahlgren?" nachzugehen. Der Zeitung zufolge habe der junge Mann erst am 4. Mai einen Account bei Facebook angelegt, sei jedoch kaum aktiv gewesen. Laut ersten Erkenntnissen offerierte er dort lediglich seine Dienste als Englischlehrer.

Polizei spricht von "außerordentlicher Brutalität"
Ob seine psychischen Probleme mit der Bluttat im Zusammenhang stehen, können die Ermittler, die in einer Pressekonferenz am Freitag von einer "außerordentlichen Brutalität" sprachen, noch nicht sagen. "Das Motiv kennen wir nicht. Es ist für mich schwer begreiflich. Ich habe so etwas noch nie gesehen", sagte der leitende Kriminalist Antonin Hrdlicka.

Dahlgren habe verschiedene Waffen, nicht aber Schusswaffen, verwendet. Da die Opfer in zeitlichen Abständen getötet worden seien, handle es sich offenbar nicht um Taten, die im Affekt begangen wurden, so Hrdlicka. Angaben, wonach die Verbrechen mit Messern verübt und die Leichen in eine Garage gebracht, in Textilien verpackt und angezündet wurden, wollte die Polizei zunächst nicht bestätigen.

Auslieferung an Tschechien ist ungewiss
Das tschechische Justizministerium hat nun zwei Monate Zeit, um die Auslieferung des 20-Jährigen zu beantragen. Ob die US-Behörden dem Ansuchen nachkommen, ist allerdings ungewiss: Die Vereinigten Staaten liefern eigene Bürger in der Regel nicht aus.

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