"Kein neues Geld"

Verhandlungen EU-Griechenland gescheitert

Ausland
27.06.2015 21:09
Die Verhandlungen von Griechenland mit der EU sind nach der Referendumsankündigung von Premier Alexis Tsipras gescheitert. Wie sich bereits abgezeichnet hatte, beschlossen die Euro-Finanzminister am Samstag, das Hilfsprogramm für Griechenland nicht mehr über den 30. Juni hinaus zu verlängern. Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling erklärte schon vor der Krisensitzung: "Griechenland hat den Verhandlungstisch verlassen." Auch Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble sah keine Grundlage mehr für weitere Verhandlungen mit Athen. Einen Euro-Austritt der Griechen erwartet Schelling aber vorerst nicht.

Die griechische Regierung habe einseitig die Verhandlungen beendet, jetzt müsse gesehen werden, was daraus folge, sagte Schäuble am Samstag in Brüssel vor den Beratungen der Euro-Finanzminister. Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem erklärte ebenfalls, Griechenland habe die "Tür für weitere Gespräche geschlossen".

EZB könnte noch einspringen
Ohne eine Einigung und Zustimmung durch Parlamente in Griechenland und anderen Euro-Ländern bis zum 30. Juni verfallen die bisher blockierten Hilfskredite. Das sind 7,2 Milliarden Euro der Europäer sowie des Internationalen Währungsfonds. Zudem könnten weitere knapp elf Milliarden Euro nicht genutzt werden, die zur Stabilisierung der griechischen Banken reserviert sind. Am 30. Juni muss Athen trotz leerer Kassen aber einen Kredit von 1,54 Milliarden Euro an den IWF zurückzahlen. Vieles hängt daher jetzt auch von der EZB ab. Diese muss rasch entscheiden, ob sie weitere Nothilfen für griechische Banken gewährt - dies kann auch abgelöst von der Entscheidung der EU passieren. Dreht allerdings auch die Europäische Zentralbank den Geldhahn endgültig zu, spitzt sich die Lage weiter zu.

"Dramatische, schwierige Situation"
Schelling bezeichnete die Lage im Schuldenstreit als "äußerst dramatische, schwierige Situation". Immer öfter werde nun über den "Plan B" geredet, also einen Euro-Austritt Griechenlands. Einen sogenannten Grexit sieht der Minister derzeit aber nicht als realistische Option an. Griechenland sei "ja nirgends ausgetreten und wir haben sie auch nicht - sozusagen - aus der Euro-Gruppe entfernt". Man werde sehen, ob Griechenland am 30. Juni den Betrag an den IWF bezahle. "Vielleicht gibt es doch Geldmittel, die vorhanden sind, von denen wir nichts wissen", sagte Schelling.

Jedenfalls sei die griechische Regierung von der Entscheidung der Euro-Gruppe "sehr überrascht", während diese auf den Entschluss gut vorbereitet gewesen sei. "Es ist das passiert, was nie hätte passieren sollen: Dass wir durch das Verhalten der griechischen Regierung die Zeit verloren haben, um entsprechende Verhandlungen zu führen. Griechenland hat jetzt einmal den Verhandlungstisch verlassen. Wir werden sehen, was die griechische Regierung jetzt für Vorschläge einbringen wird."

Referendum für den 5. Juli angekündigt
Tsipras hatte in einer auf allen Kanälen übertragenen nächtlichen Fernsehansprache gesagt, das griechische Volk werde am 5. Juli über die von den Geldgebern verlangten Reformen abstimmen können. "Das Volk soll ohne jede Erpressung entscheiden", sagte der Premier. Er werde die Gläubiger bitten, das Ende Juni auslaufende Hilfspaket dafür um einige Tage zu verlängern. Der 40-jährige Linkspolitiker versprach, sich an das Ergebnis der Abstimmung zu halten. Seiner Regierung sei von den Gläubigern ein Ultimatum gestellt worden, das unvereinbar sei mit den in Europa geltenden Prinzipien. Tsipras sprach von nicht tragbaren Belastungen für die Bürger, die die sozialen Ungleichgewichte noch verstärken würden.

Die Geldgeber wollen im Gegenzug für weitere Hilfen Strukturveränderungen durchsetzen, um die griechische Wirtschaft wettbewerbsfähiger zu machen. So soll sich auch die Budgetlage verbessern. Unter anderem werden Pensions- und Arbeitsmarktreformen sowie Steuererhöhungen verlangt. Tsipras wurde mit dem Versprechen gewählt, den Sparkurs zu beenden. Während er die Forderungen als Erpressung bezeichnete, sprachen die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Francois Hollande von einem großzügigen Angebot.

Sturm auf griechische Bankomaten
Kurzfristig löste die Aussicht auf die erste Volksabstimmung in Griechenland seit Mitte der 1970er-Jahre in der Bevölkerung vor allem große Verunsicherung aus. Zwar hieß es, dass die Banken auch am Anfang der kommenden Woche öffnen sollten. Wegen denkbarer Beschränkungen des Kapitalverkehrs strömten jedoch Tausende landesweit an die Bankomaten, um noch schneller als bisher möglichst viel Bargeld von ihren Konten abzuheben. Griechischen Medienberichten zufolge waren zahlreiche Bankomaten bereits leer.

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