Jet "pulverisiert"

Experte: Blackbox könnte zerstört worden sein

Ausland
30.03.2015 13:32
Knapp eine Woche nach dem Absturz der Germanwings-Maschine in den französischen Alpen läuft die Suche nach dem zweiten Flugschreiber noch immer auf Hochtouren. Ein großes Problem dabei ist die Tatsache, dass die Blackbox an Land keine Funksignale abgibt. "Die Geräte senden nur bei Kontakt mit Wasser", erläuterte Jens Friedemann von der deutschen Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) am Montag in Braunschweig. Zudem besteht auch die Möglichkeit, dass der Flugdatenschreiber bei dem Aufprall zerstört wurde.

Die Maschine sei mit Tempo 800, also mit unvorstellbarer Wucht an dem Bergmassiv nordöstlich von Marseille zerschellt und somit "pulverisiert" worden, sagte Lufthansa-Manager Kay Kratky am Sonntagabend in der ARD-Talkshow "Günther Jauch". Es sei daher durchaus möglich, dass die Blackbox zerstört worden sei: "Es könnte sein, dass die Belastung hier zu groß war." Der zweite Flugschreiber werde aber gebraucht, um sich ein genaues Bild vom Unglückshergang zu machen.

In den Alpen sendet der Datenschreiber zudem keine Funksignale, wie BFU-Sprecher Friedemann am Montag gegenüber der Deutschen Presse-Agentur erklärte. Flugschreiber verfügen über einen Unterwassersender, welcher sich beim Kontakt mit Wasser einschaltet und ein periodisches Ultraschall-Signal abgibt. Die BFU ist mit sieben Personen an den Untersuchungen des Absturzes beteiligt - fünf davon in Frankreich. Sie werden den Schreiber gemeinsam mit ihren französischen Kollegen auswerten, sobald er gefunden ist, hieß es. Der Chip mit Hunderten gespeicherten Daten steckt in einem gepanzerten Zylinder von der Größe einer Konservendose.

Blackbox möglicherweise "vollständig zerschmettert"
"Wenn sie nicht vollständig zerschmettert wurde, liegt die Blackbox unter Schutt oder Trümmerteilen", sagte am Montag Stephane Laout von der Hochgebirgsgendarmerie aus Grenoble. Da es aber laut Yves Naffrechoux von der Gendarmerie des Departements Alpes-de-Haute-Provence kaum Trümmer gebe, unter denen nicht eine Leiche liege, wäre das Bergen des Flugschreibers sehr schwierig: "Denn wir müssen äußerst vorsichtig vorgehen, um die Leichen einzuwickeln und so gut wie möglich zu erhalten. Und das kostet zusätzliche Zeit."

Nach bisherigen Erkenntnissen hat der 27 Jahre alte Co-Pilot Andreas Lubitz die Maschine mit insgesamt 150 Menschen an Bord am Dienstag nordöstlich von Marseille mutwillig zum Absturz gebracht - niemand überlebte. Auf Fragen nach dem genauen Hintergrund des Dramas haben die Ermittler noch keine Antwort geben können. Der Mann aus Montabaur hat seinem Arbeitgeber, der Lufthansa-Tochter Germanwings, eine Erkrankung verheimlicht.

Widersprüchliche Angaben zur Erkrankung des Co-Piloten
Doch auch dazu gibt es widersprüchliche Angaben. Während die Konzernleitung der Lufthansa am Sonntag betonte, es seien keinerlei Aufzeichnungen über eine psychichsche Erkrankung des Co-Piloten vorgelegen, hat es laut des deutschen Luftfahrtbundesamts (LBA) sehr wohl einen entsprechenden Vermerk gegeben, wie die "Welt" in ihrer Online-Ausgabe berichtete. Sollte es tatsächlich eine Aufzeichnung beim LBA gegeben haben, diese jedoch nicht an den Arbeitgeber des Todespiloten weitergegeben wurde, wäre das ein schwerwiegendes Versäumnis.

Um die Hintegründe des Unglücks möglichst rasch aufzuklären, wurde bei der Düsseldorfer Polizei eine Sonderkommission eingerichtet. Die aus rund 100 Beamten zusammengesetzte SOKO "Alpen" soll nicht nur die genauen Lebensumstände des Co-Piloten durchleuchten, sondern auch bei der Identifizierung der deutschen Opfer mithelfen.

Staatsanwalt: Bergung der Toten hat absoluten Vorrang
Indes ist nach einer nächtlichen Unterbrechung die Suche nach Opfern und der Blackbox Montagfrüh fortgesetzt worden. Gleichzeitig wird ein Weg ins Absturzgebiet in der Nähe des Örtchens Seyne-les-Alpes geschaffen. Der Zugang könnte Montagabend fertig sein und soll es vor allem ermöglichen, schwereres Bergungsgerät in die Region zu bringen. Bisher werden Ermittler und Bergungskräfte mit Hubschraubern in das unwegsame Gebiet gebracht. Die Bergung der Toten habe absoluten Vorrang, sagte der französische Staatsanwalt Brice Robin am Montag.

Hunderte Angehörige zur Absturzstelle angereist
Für die Angehörigen hat die Lufthansa in Marseille ein Betreuungszentrum eingerichtet. Mittlerweile seien bereits 325 Menschen nach Seyne-les-Alpes gereist, um sich vor Ort über die Bergungsarbeiten zu informieren, erklärte Germanwings-Geschäftsführer Oliver Wagner am Montag. Die meisten seien deutsche und spanische Familienangehörige, aber auch Angehörige aus Mexiko, Japan, Kolumbien, Venezuela oder Argentinien seien gekommen. Wagner erinnerte daran, dass Germanwings eine Soforthilfe für jede Familie in Höhe von 50.000 Euro beschlossen habe. Nach seinen Worten wird dieser Betrag nicht von möglichen späteren Schadenersatzzahlungen abgezogen.

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