Martin Schulz:

“Berlusconi ist eine Gefahr für Stabilität Italiens und der EU”

Ausland
10.12.2012 06:58
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz kritisiert die Comeback-Pläne von Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi. Der Medienzar sei eine "Gefahr für die Stabilität Italiens und der EU", betonte Schulz im Gespräch mit der italienischen Nachrichtenagentur ANSA. "Viele Probleme Italiens sind das Resultat der zehn Jahre, in denen Berlusconi als Ministerpräsident amtiert hat", erklärte Schulz.

Berlusconis Comeback hänge stark mit der Verteidigung dessen "persönlicher Interessen" zusammen, warnte Schulz. Die Interessen Italiens würden dabei jenen des Medienzaren untergeordnet. "Die Italiener wissen genau, wer die Ursache der Probleme Italiens ist und wer zu deren Lösung beigetragen hat", so Schulz in Anspielung auf den in der EU hoch angesehenen Ministerpräsidenten Mario Monti, der unmittelbar nach Verabschiedung des Haushaltsgesetzes für das kommende Jahr zurücktreten will (siehe Infobox).

Große Empörung im Berlusconi-Lager
Die Worte von Schulz lösten kritische Reaktionen in Berlusconis Lager aus. Als "unangebracht" bezeichnete etwa der Vizepräsident der EU-Kommission und Berlusconi-Vertrauter Antonio Tajani die Aussagen. "In meiner amtlichen Funktion habe ich mich nie in die internen Angelegenheiten der EU-Mitglieder eingemischt", so Tajani.

In einer Mitteilung forderten einige Senatoren von Berlusconis Mitte-rechts-Partei "Volk der Freiheit" Schulz' Rücktritt. "Es ist unerhört, dass sich der EU-Parlamentspräsident in die demokratische Debatte eines freien Landes wie Italien einmischt und Berlusconi attackiert", hieß es in der Presseaussendung, in der Schulz "unannehmbare Arroganz" vorgeworfen wurde.

Mit KZ-Sager seinerzeit Schulz beleidigt
Das Verhältnis von Schulz und Berlusconi ist schon länger getrübt. Im Juli 2003 hatte der italienische Premier für einen veritablen Eklat im Europäischen Parlament gesorgt: Nachdem Schulz die ständigen Eskapaden der Regierung in Rom kritisiert hatte, erklärte Berlusconi, dass in Italien gerade ein Film über nationalsozialistische Konzentrationslager gedreht werde – und schlug den deutschen sozialdemokratischen Europa-Abgeordneten als Idealbesetzung für die Rolle eines KZ-Aufsehers vor. Dafür wäre dieser sehr geeignet, meinte Berlusconi. Später behauptete er dann, er habe mit seiner Wortspende nur seinen Humor unter Beweis stellen wollen.

Auch ESM-Chef warnt vor Turbulenzen
Doch nicht nur Schulz, auch der Chef der Euro-Rettungsfonds ESM und EFSF, Klaus Regling, warnt mit Blick auf die jüngsten Turbulenzen in Italien vor einer neuerlichen Verschärfung der Euro-Krise. "Italien hat im vergangenen Jahr wichtige Reformen angeschoben. Das haben die Märkte bislang honoriert, allerdings haben sie auf die aktuellen Entwicklungen beunruhigt reagiert", sagte Regling am Montag in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung".

Für Italien wie für die gesamte Währungsunion sei es wichtig, dass der Reformprozess fortgesetzt werde. Regling bezog sich damit auf den Rücktritt von Monti und die Kandidatur Berlusconis für das höchste Regierungsamt in der drittgrößten Volkswirtschaft Europas.

Scheidender Monti "natürlich besorgt"
Monti gibt sich indes wegen der Zukunft seines Landes besorgt. "Ich bin natürlich besorgt, nicht wegen mir, sondern wegen dem, was ich sehe", erklärte Monti am Montag der Zeitung "La Repubblica". Er habe am Samstag erst kurz vor seinem Gespräch mit Präsident Giorgio Napolitano beschlossen, seinen Rücktritt nach Verabschiedung der Schuldenbremse anzukündigen. "Ich fühle nicht mehr die Unterstützung einer Mehrheit, die mit Überzeugung die politische Linie und das Programm umzusetzen will, das wir vereinbart haben", erklärte Monti.

Berlusconis Partei hatte am Donnerstag der Technokratenregierung des parteilosen Regierungschefs bei getrennten Vertrauensabstimmungen im Senat und im Abgeordnetenhaus die Unterstützung versagt. Berlusconi klagte über die "Schäden", die das Fachleutekabinett in dem Land angerichtet habe. Italien sei wegen der drastischen Spar- und Steuerpolitik Montis in eine tiefe Rezession gestürzt. "Nach der Zeit des Fachleutekabinetts ist es Zeit, dass sich die Wähler wieder zu Worte melden", so Berlusconi.

Berlusconi: "Trete an, um zu gewinnen"
Der 76-Jährige will somit erneut italienischer Ministerpräsident werden. Der schillernde Politiker und Unternehmer kündigte am Donnerstag auf dem Trainingsgelände seines Fußballklubs AC Mailand im Hinblick auf die nächsten Wahlen an: "Ich trete an, um zu gewinnen." Berlusconi hatte im vergangenen Jahr seinen Posten als Regierungschef geräumt.

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