krone.at vor Ort

Meine Woche als Löwenpflegerin in Südafrika

Tierecke
25.05.2015 08:00
"Wenn du mich schreien hörst, läufst du so schnell du kannst und springst über den Elektrozaun!" Das soll eine ernst gemeinte Arbeitsanweisung zum Ausmisten der Gehege sein? Mein Magen zieht sich zusammen. Ich bin nach Südafrika gereist, um in einem Schutzzentrum für Löwen zu arbeiten - und obwohl ich am Ende doch nicht um mein Leben laufen musste, ist die Woche zu einer ganz besonderen Erfahrung geworden.

"Brutus" ist 13 Jahre alt und lebt seit 2010 im Drakenstein Lion Park nahe Paarl in Südafrika. Er wurde aus einem französischen Zirkus gerettet, wo er Furchtbares erleben musste. Man hat ihn mit solcher Wucht geschlagen, dass das Löwenmännchen einen Kieferbruch erlitt, der nie behandelt wurde. Auch die Krallen hat man ihm brutal entfernt. Die Spuren der Misshandlungen werden sein restliches Leben sichtbar sein - und es tut weh, ihn anzuschauen. Brutus ist nur einer von vielen Löwen, die im Drakenstein Lion Park ihren Gnadenplatz gefunden haben. Einen Ort, an dem ihnen Menschen keinen Schaden mehr zufügen.

Der Sprung über den Elektrozaun
Mein erster Arbeitstag als Freiwillige hat es in sich: Im Zickzack laufend soll ich im Löwengehege Kot einsammeln, während die Großkatzen mit toten Hühnern als Snacks abgelenkt werden. Dabei fällt auch der Satz mit dem Sprung über den Elektrozaun. Tatsächlich sind die Tiere durch die menschlichen Misshandlungen so abgestumpft, dass die Stromschläge ihnen nicht viel ausmachen, wie man mir erklärt. Trotzdem ist die Sicherheit aller Beteiligten gewährleistet, Unfälle gab es im Drakenstein Lion Park noch nie. Ich habe Glück - "Jack" und "Edina" verhalten sich ruhig, ich muss weder weglaufen noch über den Zaun hechten und bin sehr erleichtert. Mit dem schweren Sack voller Löwenkot wäre das nämlich eine ziemliche Herausforderung gewesen...

Irgendjemand muss es ja machen
Nachdem ich die zahlreichen Kleintiere gefüttert und versorgt habe - auch Lamas, Ziegen, Ponys, Papageien, Affen und Co. gibt es im Schutzzentrum, viele davon gerettet oder beschlagnahmt -, werde ich zum "Henderl-Dienst" abkommandiert. Das bedeutet: stundenlang tote Hühner ausweiden und in Plastiksäcke stecken, damit sie eingefroren werden und den Löwen irgendwann verfüttert werden können. Handschuhe, Klimaanlage, Nasenklammer - Fehlanzeige. Aber ich will mir die Überwindung nicht anmerken lassen, auch als mir der "Inhalt" eines der Hühner in den Ärmel rinnt.

Faszinierende Begegnung mit Schimpansen
Die Feldarbeit nach der Mittagspause bringt keine Erleichterung - mein Rücken ist eben doch nur die sitzende Arbeit am Computer gewöhnt. Die afrikanische Sonne tut ihr Übriges, am Ende des ersten Arbeitstages bin ich froh, unter die Dusche und ins Bett zu kommen. Als Volunteer ist man am Parkgelände untergebracht, hat eine eigene Küche zur Verfügung und direkte Sicht auf das Schimpansengehege im benachbarten "Chimp Haven", wo geschundene Schimpansen ihre Gnadenplätze gefunden haben. "Angus", 1981 geboren, beobachtet mich jeden Abend genau - er wurde von einem chinesischen Fischerboot gerettet, angekettet an einen Tisch, wo er die Fischer unterhalten, Alkohol trinken und Zigaretten rauchen musste. Kein Wunder, dass er skeptisch ist und mich im Auge behält - Menschen bedeuten für die Tiere im Drakenstein Lion Park in erster Linie nichts Gutes.

Touristen werden oft getäuscht
Seit 1998 gibt es den Park bereits, und auf mehr als 20 Hektar Fläche finden die Großkatzen genug Platz. Zuchtprogramme und Streicheln von Löwenbabys gibt es hier im Gegensatz zu zahlreichen anderen "Gnadenhöfen" in Afrika nicht. Was nur wenige Touristen ahnen: Die süßen Jungen werden vielerorts an sogenannte "Canned Hunting"-Farmen verkauft, sobald sie zu groß zum Streicheln werden. Dort sperrt man sie in ein Gatter und lässt sie von skrupellosen Hobbyjägern abschießen - ohne Möglichkeiten zur Flucht. Die wenigen Tiere, die aus solchen Programmen gerettet werden können, landen dann meist im Drakenstein Lion Park. In die Freiheit entlassen kann man sie nie wieder, denn in der Wildnis können die Großkatzen nicht überleben.

Besucher sind bestürzt über Schicksale der Löwen
Immer, wenn Zeit bleibt, spaziere ich durch den Park. Die Besucher, die hierher kommen, können gegen einen lächerlich niedrigen Eintrittspreis die Großkatzen beobachten und erfahren nebenbei viel über die Problematik des Schutzes der Löwen in Afrika. Bei Jägern sind sie eine beliebte Trophäe, in Zirkussen eine gern gesehene "Attraktion". Ich kann die Bestürzung in den Gesichtern vieler Besucher erkennen, wenn sie auf den Schildern nachlesen, was die Löwen in der Vergangenheit erleiden mussten. Nicht wenige entschließen sich dann, den Park mit einer Spende zu unterstützen oder eine Patenschaft für eines der Tiere zu übernehmen.

Jeder kann seinen Beitrag leisten
So wie ich - die Woche mit den Löwen hat mich zutiefst beeindruckt. Das Gefühl, nicht nur mit einer Spende, sondern auch aktiv als Mitarbeiterin einen Beitrag zu einem solch tollen Tierschutzprojekt zu leisten, hinterlässt in mir eine tiefe Zufriedenheit. Freiwillige müssen mindestens 18 Jahre alt und körperlich fit sein sowie über Grundkenntnisse der englischen Sprache verfügen - sollten Sie auch Lust bekommen, sich als Löwenpfleger zu versuchen, finden Sie alle Informationen dazu unter lionrescue.org.za. Auch die Möglichkeiten in Bezug auf Spenden und Patenschaften sind dort aufgelistet. Fest steht: Es gibt viel zu wenige Einrichtungen auf der Welt, die sich so sehr dem Wohl der Tiere verschrieben haben. Und nachdem meine leichten Rückenschmerzen auch wieder verflogen sind, bleiben mir unbezahlbare Erinnerungen fürs Leben. Auf bald, Afrika!

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