Debatte geht weiter

Verlag droht mit Klage gegen Töchter-Hymne

Österreich
15.07.2011 07:56
Nach sechs Jahren ständig wiederkehrender Debatte ist sich die Politik am Mittwoch einig geworden, die "großen Töchter" in die Bundeshymne zu hieven. Nach der kürzlich ad acta gelegten Ortstafelfrage scheint damit eine weitere "Jahrhundert-Debatte" beendet. Fast. Wäre da nicht der Thomas-Sessler-Verlag, der die Rechte der Erben von Autorin Paula Preradovic am Text hält und am Donnerstag "urheberrechtliche Überlegungen" signalisierte.

Dass schon einmal eine Klage gegen eine Textänderung abgewiesen wurde, scheint den Verlag nicht zu kümmern. 2010 zog man bis vor den Obersten Gerichtshof mit der Forderung, eine Neuinterpretation der Hymne durch Popstar Christina Stürmer im Rahmen einer Kampagne des Unterrichtsministeriums zu untersagen. Damals waren auch die Erben mitgezogen. Die Klage ging nicht durch.

Erbin nicht erfreut, gratuliert aber Frauen
Diesmal dürften die Erben offenbar eine andere Sichtweise haben als der Verlag. "Die Bundeshymne gehört der Republik Österreich", meinte Koschka Hetzer-Molden, Schwiegertochter Preradovics, am Donnerstag in einer Stellungnahme. "Sie kann mit dem Werk machen, was sie will. Und das tut sie jetzt auch." Sie persönlich hätte aber lieber die Originalfassung behalten. Diese sei "Teil der Geschichte Österreichs, entstanden in den Nachkriegsjahren, in einer Zeit, in der nicht alle 'großen Söhne' heimgekehrt sind..."

Der ehemaligen Frauenministerin Maria Rauch-Kallat, die am Freitag die Einbringung eines entsprechenden Antrages im Parlament initiiert hatte, gratulierte Hetzer-Molden dennoch. "Sie hat einigen intrigierenden Grantscherben in der ÖVP gezeigt, wie man mit Intrigen umgeht. Ein Erfolg für Frauen ganz allgemein - wenn auch auf europäischer Provinzebene", meinte Hetzer-Molden.

Verlag will klagen - oder miteinbezogen werden
Konträr der Thomas-Sessler-Verlag: Man sehe "keinen aktuellen Handlungsbedarf zur gendermäßigen Änderung der österreichischen Bundeshymne", hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme am Donnerstag. Deshalb stelle man "urheberrechtliche Überlegungen" an. Vielleicht geht es aber auch nur um Aufmerksamkeit: Im Sinne des Urheberrechts erwartet sich der Verlag nämlich nun eine "koordinierte Vorgangsweise sowie die Miteinbeziehung des Verlages in Gespräche bezüglich Änderungen und Modifikationen des Textes".

Verlagsleiter Ulrich N. Schulenburg ließ ausrichten, er teile die Argumentation von Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle, der am Mittwoch Bedenken bezüglich der Änderungen eines poetischen Textes einer Künstlerin angemeldet hatte.

SPÖ-Frauensprecherin Gisela Wurm wie auch die grüne Frauensprecherin Judith Schwentner verwiesen in Bezug auf die Töchterle-Warnung hingegen darauf, dass die Hymne schon 1947 einmal geändert wurde - unter anderem von "Großer Väter freie Söhne" in "Heimat bist du großer Söhne". "Damals hatte kein Wissenschafter Bedenken, den Text zu ändern", so Wurm. Und Schwentner bezeichnete die Bedenken Töchterles als "lächerlich".

"Tochter" Nadine Beiler singt lieber "traditionell"
Eine Gelegenheit, die "Töchter-Hymne" schon jetzt einem größeren Pubiklum vorzuführen, nämlich im Rahmen des Auftaktes zur Fußball-Bundesliga, wird indes ausgelassen. Song-Contest-Teilnehmerin Nadine Beiler, die am Sonntag im Vorfeld zum Meisterschaftsspiel FC Red Bull Salzburg gegen FK Austria Wien a cappella die erste Strophe singt, wird laut Auskunft ihres Managements die Bundeshymne "traditionell", also ohne "Töchter" vortragen.

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