Vierzylinder-Karosse

Mercedes ML 250: Protzt du noch oder sparst du schon?

Motor
08.04.2013 12:19
Er sieht zierlicher aus, als er ist, verbraucht weniger Sprit, als man ihm zutraut, weniger Zylinder, als man glaubt: Der Mercedes ML 250 CDI ist die downgesizte Sparversion der M-Klasse, was allerdings nur auf den Motor zutrifft. Und den Preis. Und so umweht er seinen Besitzer mit dem gar nicht downgesizten Nimbus dessen, der es geschafft hat.
(Bild: kmm)

Selbstredend schwingt da die Heckklappe elektrisch auf, um meinem Gepäck für den Skiurlaub und dem der Beifahrerin den Weg in den 690 bis 2.010 Liter großen Laderaum zu ebnen. Wir haben ja kurz überlegt, den gefüllten Kleiderschrank gleich komplett hineinzuschieben, aber dann hätten Ski und Snowboard die Sicht nach hinten eingeschränkt. Keine Ahnung, wie wir grundsätzlich eine Woche Nassfeld ladungsorganisatorisch bewältigen würden, wenn wir eine sagen wir vierköpfige Familie wären.

Sind wir aber nicht. Daher genießen wir auf der Fahrt die Ruhe in diesem Edel-SUV, während wir zügig über die Straßen gleiten. Der Bordcomputer zeigt eine Restreichweite von knapp 1.000 Kilometern an, und das nach einer Fahrtstrecke von über 100 Kilometern. Okay, das sind nicht die 1.500 km, die Mercedes mit dem optional 93 Liter großen Tank verspricht. Den Normverbrauch von 6,0 Liter schaffe ich nicht annähernd, weil ich es hasse, als Verkehrshindernis unterwegs zu sein, aber 8,7 Liter Testverbrauch, die es am Ende sein werden, gehen voll in Ordnung. Euro6 dank Harnstoffeinspritzung ist gut für Umwelt und Gewissen.

Vierzylinder-Diesel aus der S-Klasse
Um so günstig und ohne Einschränkung in Sachen Fahrspaß unterwegs sein zu können, arbeitet hier der 2,1-Liter-Vierzylinder-Diesel mit 204 PS, der auch die S-Klasse anzutreiben die Ehre hat. Hier im ML 250 passt er atmosphärisch besser, denn natürlich merkt man die geringe Zahl der Töpfe, aber sobald man in Bewegung ist, bekommt man vom Motor sowieso fast nichts mehr mit. Dann fallen eher die 500 Nm auf, die schon ab 1.600/min. anschieben (0-100=9,0). Auch der nach Daimler-Angaben klassenbeste Luftwiderstandsbeiwert von cW 0,32 trägt dazu bei, dass 2,1 Tonnen und eine beachtliche Stirnfläche nur milde zu Buche schlagen.

Auch den Preis hält der Antrieb relativ gering. Testwagen dieser Kategorie sprengen preislich in der Regel jeden Rahmen, doch hier stehen - man verzeihe mir die Dekadenz - gerade mal 80.000 Euro auf dem Datenblatt, inklusive Extras für knapp 20.000 Euro. Das Ganze hier fühlt sich teurer an und fährt sich so unaufgeregt, komfortabel und mit dem tiefergelegten Stahlfahrwerk doch einigermaßen straff, wie es diesem Leichtgeländebenz angemessen ist. Nicht sportlich wie ein BMW, aber auch nicht schaukelweich wie ein Range Rover und schon gar nicht so ruppig wie in Billigangeboten von Herstellern, die zwar in dieser Größenklasse, aber nicht annähernd in dieser Qualitätsklasse mitspielen.

Opa war früher
Die Optik hat auch nichts mehr von dem Schwerfälligen früherer Generationen, obwohl die Designinsignien wie die nach hinten unten verlaufende C-Säule oder die optisch umgreifende Heckscheibe vorhanden sind. Für mich ein besonderer Blickfang sind die stylischen Heckleuchten, und auch sonst ist der ML ein Auto mit begehrenswertem Design. Mit den verdunkelten Scheiben komme ich mir zwar ein wenig wie ein bulgarischer Mafiaboss vor, dennoch trauen sich immer wieder Menschen mich auf den Wagen anzusprechen. Fast alle sind perplex, als sie hören, dass sie vor einem Vierzylinder stehen.

Allradantrieb erwartet man allerdings und wird nicht enttäuscht. Serienmäßig. Nachdem ich mich nach einer Woche Skiurlaub, oben am Nassfeld eingeschneit und vom Schneepflug zugeräumt, problemlos aus der Parklücke gedieselt habe, werde ich erneut angesprochen. Ob ich ihn nicht aus seiner festgefahrenen Schneesituation schleppen könnte, fragt mich ein Wiener Familienvanfahrer. Ich habe ihm dann vorgeschlagen, seine Ketten am Fronttriebler zu montieren, damit er nach zehn Metern nicht gleich wieder hängt. Oder abstürzt. Schon war auch er wieder flott. Und auch ihn umwehte so was wie der Nimbus dessen, der es aus eigener Kraft geschafft hat.

Warum?

  • Sparsame Art, ein statusmäßig ausgezeichnetes SUV zu fahren.

Warum nicht?

  • Das mit dem Downsizing ist Geschmackssache. Und in dieser Fahrzeugkategorie keine Frage des Geldes.

Oder vielleicht …

… gut 4.000 Euro in den 258 PS starken Sechszylinder-Diesel investieren, der laut Norm auch nur 0,8 Liter mehr verbraucht.

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(Bild: kmm)



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