Seelisch kranke Eltern

„Mama geht’s heut nicht so gut“

Gesund
28.05.2018 06:00

Das Leben von Kindern, deren Elternteil mit psychischen Problemen zu kämpfen hat, ist oft nicht einfach. Ein Salzburger Schultheaterprojekt bietet in Schulen Unterstützung bei der Aufarbeitung des brisanten Themas an.

Das Theaterstück war voll spannend, echt gut“, ereifert sich die kleine Leonore. „Ich habe gelernt, dass man sich nicht schämen muss, wenn die Mutti krank ist“, berichtet Dennis. Die beiden gehören zu einer Klasse, die gerade das Stück „Mama geht’s heut nicht so gut“ erleben durfte, präsentiert von der Salzburger Gruppe „die theaterachse“. In der etwa einstündigen Aufführung stellt sich die Situation eines Kindes dar, das mit einem seelisch kranken und alkoholabhängigen Elternteil aufwächst. Danach wird das Thema verpflichtend und zeitnah direkt in den Klassen (dritte bis sechste Schulstufe) in altersgerechten kostenfreien Workshops vertieft und von Mitarbeitern von „JoJo“ gemeinsam mit den Schülern bearbeitet.

Der Name des Salzburger Vereins leitet sich tatsächlich vom Spielgerät ab, denn das Leben mit einem psychisch erkrankten Elternteil gleicht für die Kinder dem Auf und Ab eines JoJos: Gute, gesunde Zeiten wechseln mit Krankheitsphasen. Die Kinder können die wechselnden Phasen nicht kontrollieren und sind oftmals sehr verwirrt. Viele von ihnen entwickeln Ängste und Schuldgefühle. Der Bedarf an dieser Art der Aufklärung ist heutzutage durchaus gegeben: „Bis zu fünf Kinder pro Schulklasse sind laut Expertenschätzungen von einer psychischen Erkrankung oder Alkoholabhängigkeit eines Elternteils betroffen“, erklärt Psychotherapeut Sebastian Wirnsberger, Leiter des Schultheaterprojektes. „Für Pädagogen in den Schulen ist der Umgang mit diesem ,Tabuthema‘ eine große Herausforderung. Eine schwierige Aufgabe, ,psychische Erkrankungen‘ kindgerecht in den Unterricht zu integrieren.“

Das siebenköpfige Team aus Psychotherapeuten, Pädagogen und Schauspielern ermutigt die Sprösslinge, die eigenen Gefühle und Bedürfnisse ernst zu nehmen und sich anderen anzuvertrauen. Ganz besonders wollen die Experten natürlich jene erreichen, die bereits in ihrem Familienalltag mit diesen Problemstellungen konfrontiert sind. „Gemeinsam mit den Kids reflektieren wir das Stück, beginnen mit ihren Fragen, im Anschluss nähern wir uns dem Thema Seele“, erklärt Sebastian Wirnsberger. „Dann leiten wir über zu Gefühlen. Diese machen die Seele sichtbar. Deshalb ist es wichtig, sie wahrzunehmen und richtig einzuordnen. „Gerade der Nachwuchs kranker Eltern stellt oft seine eigenen Empfindungen in den Hintergrund, um zu entlasten oder sich zu schützen. Wir vermitteln, dass es gut und richtig ist, auch auf sich selbst zu achten.“

Die Schüler sollen ebenfalls lernen, dass man in manchen Fällen mit jemandem reden sollte, dem man vertraut. „Wir sprechen über Geheimnisse - ein Thema, das die Kleinen sehr ernst nehmen. Sie erfahren, dass sie damit nicht alleine sind und es auch andere gibt, denen es so geht wie ihnen.“ Die Kinder reagieren unterschiedlich auf die Aufführung: Manche beginnen von Problemen zu Hause zu berichten, bei anderen haben die Pädagogen bereits einen Verdacht, dass ein Elternteil psychisch erkrankt ist und erhalten vom JoJo-Team Informationen, wo man bei solchen Schwierigkeiten am besten ansetzen kann. Sebastian Wirnsberger: „Auch Kinder, die nicht betroffen sind, profitieren von der Aufarbeitung dieses heiklen Themas. Nicht zuletzt werden sie dafür sensibilisiert, dass andere Hilfe brauchen könnten und es Einrichtungen gibt, welche diese auch anbieten.“

Das Stück und die Workshops des Vereins JoJo werden vom Salzburger Gesundheitsförderungsfonds finanziert und können in Salzburg Stadt und Land gratis gebucht werden.
Infos: www.jojo.or.at

Eva Greil-Schähs, Kronen Zeitung

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