Das freie Wort

Durchwachsenes Urteil

Als Jurist fallen mir zwei große Ungerechtigkeiten im Grasser-Prozess auf: Erstens der unglaublich lange Prozess. So etwas darf es in einem Rechtsstaat nicht geben. Es grenzt an Folter, bei einem Prozess, in dem die Höchststrafe bei zehn Jahren liegt, so lange auf ein Urteil warten zu müssen. Das ist tatsächlich eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung. Zweitens werden Vermögensdelikte wieder einmal viel strenger bestraft als Taten gegen Leib und Leben. Erinnern wir uns an den Fall Teichtmeister. Er wurde schuldig gesprochen, sich grausige Kinderpornos heruntergeladen zu haben. Hinzu kamen widerlichste Kommentierungen und Fantasien. Tja, ohne diese Perversen, die sich so etwas anschauen, gäbe es diesen Müll nicht. Insofern tragen die Konsumenten sehr wohl enorm zu diesem Elend bei. Im Buwog-Fall ist sicher ein hoher Schaden entstanden, sodass das Urteil in der Höhe auch nachvollziehbar ist. Allerdings ist es völlig unverständlich, dass Kinderschänder viel weniger bestraft werden als Personen, die einen Vermögensschaden angerichtet haben. Anscheinend ist Geld wichtiger als die sexuelle Unversehrtheit der Kinder. Das kann doch nicht sein! Ich würde bei Kinderschändern ganz andere Seiten aufziehen. Im Gegensatz zu Teichtmeister werden sich die Leute aber nicht ansatzweise so vor Grassers Taten ekeln. Moralisch wirkt das, was der Schauspieler gemacht hat, viel schwerer!

Mag. Klaus Goldmann, Gallneukirchen

Erschienen am Do, 27.3.2025

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