Sondersitzung

Pflege und Islam als Hauptthemen im Parlament

Österreich
16.01.2008 20:26
Der Nationalrat ist dank des BZÖ vorzeitig aus der Winterruhe zurückgekehrt und hat in einer Sondersitzung auf Antrag der Orangen gleich eine recht ordentliche Auseinandersetzung abgeliefert. Im Mittelpunkt stand die Pflegedebatte, unter die SPÖ und ÖVP mit einem gemeinsamen Initiativantrag zur Ausweitung der Amnestieregelung einen koalitionären Schlussstrich zogen. Auch die islam-feindlichen Äußerungen der Grazer FPÖ-Spitzenkandidatin Susanne Winter drangen bis ins Hohe Haus vor und sorgten für heftige Kritik vor allem von ÖVP und Grünen.

Eigentlicher Anlass für die Sondersitzung war freilich eine Dringliche Anfrage des BZÖ, mit der die "soziale Kälte" der Regierung Alfred Gusenbauer gegeißelt werden sollte. Für die Koalition war dieses Thema so attraktiv, dass gleich 18 der 20 Regierungsmitglieder im Hohen Haus aufmarschiert waren, die Sozialdemokraten schickten gleich sämtliche ihrer sieben Minister und drei Staatssekretäre.

"Die Streithammeln" für Gusenbauer
Zumindest der Kanzler wurde für sein Erscheinen gleich mit einer Lektüre belohnt - das Kinderbuch "Die Streithammeln" wurde ihm von BZÖ-Chef Peter Westenthaler symbolisch für den Zustand der Koalition übergeben. In seiner Rede sprach der orange Obmann dann von "permanenten Schröpfaktionen" unter anderem im Gesundheitswesen und bei den Autofahrern, nannte die Pflegeeinigung einen "Kapitalbauchfleck der Sozialdemokratie" und warb in einem (am Ende der Debatte abgeschmetterten) Entschließungsantrag mit dem Titel "Pakt für ein soziales Österreich" etwa für einen Teuerungsausgleich.

Der Kanzler war da froh, seine "Streithammel"-Lektüre zu haben, sei diese beim kurzen Durchblättern doch deutlich besser als Westenthalers Vortrag. In der Beantwortung der "Dringlichen" des Bündnisses verwies der SPÖ-Chef wiederholt auf soziale Leistungen der Koalition, beispielsweise die Rezeptgebühren-Deckelung, und würdigte die "soziale Handschrift", die durch die SPÖ in die Regierung eingekehrt sei. Bei Westenthaler mutmaßte Gusenbauer, dass dieser wohl in einem anderen Land leben müsse angesichts seiner Vorwürfe der sozialen Kälte, SPÖ-Klubobmann Josef Cap wähnte den Bündnischef gleich im russischen Winter 1918.

Mahnende Worte von Schüssel
Mit einer Winter setzte sich VP-Klubobmann Wolfgang Schüssel in seiner Rede auseinander, Susanne Winter, FPÖ-Spitzenkandidatin in Graz, der freilich vom Altkanzler keine namentliche Erwähnung wenige Tage vor dem Urnengang in der steirischen Landeshauptstadt gegönnt wurde. Angesichts derer islam-feindlicher Aussagen beim freiheitlichen Neujahrsauftakt vergangenen Sonntag meinte Schüssel, auf diesem Weg werde bewusst das in Österreich ganz besondere Modell des Zusammenlebens der Bevölkerungsgruppen gefährdet: "Österreich könnte dadurch zur Zielscheibe werden."

Ganz ähnlich äußerte sich Grünen-Bundessprecher Alexander Van der Bellen, der Winteres Ausfälle "unsäglich dumm und gefährlich" nannte. Die FPÖ sprach vor allem über die zerstrittene Regierung und forderte so manche Erleichterung für pflegende Angehörige. So plädierten die Freiheitlichen vergeblich für die allgemeine Abschaffung des Angehörigen-Regresses sowie für eine Valorisierung des Pflegegeldes.

Friede in der Pflegedebatte
Friede eingekehrt ist in der Regierung indes in der Pflegedebatte. Im Nationalrat wurde am Mittwoch ein gemeinsamer Initiativantrag eingebracht, der die illegale Beschäftigung von Pflegern bis Mitte 2008 straffrei stellt, selbst wenn die Anmeldung der Betreuungsperson erst nach einer entsprechenden Anzeige erfolgt. Zusätzlich dürfen Pfleger nicht bestraft werden, wenn sie Tätigkeiten ausüben, die ihnen gar nicht erlaubt wären, wie etwa das Füttern ihrer Schützlinge. Hier soll in den kommenden Wochen gesetzlich eine Ausweitung der Befugnisse festgelegt werden, ein entsprechender Entschließungsantrag fand im Nationalrat seine Zustimmung.

Die erweiterte Pflege-Amnestie dürfte bereits in der nächsten Plenarwoche am 30. oder 31. Jänner abgestimmt werden. Ebenfalls zur Behandlung im zuständigen Ausschuss freigegeben wurde nach der Mittwoch-Sitzung die Ratifizierung des EU-Reformvertrags.

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