Bettelverbot nichtig

Fürstenfeld hebt nach VfGH-Klage Bettelverbot auf

Steiermark
14.01.2008 13:57
Der Verfassungsgerichtshof hat das Verbot "passiven" Bettelns in Fürstenfeld aufgehoben. Ein Bettler aus der Slowakei war mit seiner Beschwerde beim Höchstgericht erfolgreich. Der VfGH stellte fest, dass die Gemeinde in diesem Fall keine Verordnung erlassen durfte, die über das Landesgesetz hinaus geht. Das steirische Landes-Sicherheitsgesetz verbietet seit 2005 "nur" aggressives Betteln und Betteln mit Kindern.

Der Fürstenfelder Gemeinderat hatte im Oktober 2006 das Betteln "in nicht aufdringlicher Weise wie durch Sitzen und Stehen vor Gebäuden, durch Knien auf Straßen" unter Strafe gestellt. Dies erachtete der VfGH als gesetzeswidrig. Denn der Landesgesetzgeber habe "bereits jene Erscheinungsformen des Bettelns verboten, die seiner Auffassung nach im Allgemeinen als unerwünscht erachtet werden". Dazu zählt das "passive" Betteln nicht. Ein weitergehendes Verbot wäre nur dann verfassungsrechtlich zulässig, wenn es um die "Abwehr eines spezifisch das örtliche Gemeinschaftsleben der Stadtgemeinde Fürstenfeld störenden Missstand" geht.  Einen solchen in Fürstenfeld "wurzelnden und konkret in dieser Gemeinden auftretenden Missstand" sah der VfGH aber nicht.

Nicht mehr geprüft werden musste die Frage, ob die Verordnung tatsächlich Menschenrechte des Bettlers verletzt. Der Mann, ein Angehöriger der ungarisch sprechenden Minderheit in der Südost-Slowakei und Roma, fühlt sich durch das Bettelverbot in seinen Rechten auf Achtung des Privatlebens sowie auf Freiheit der Meinungsäußerung verletzt.

"Betteln als Lebensgrundlage"
Seit Verlust seiner Beschäftigung sei das Betteln der einzige Weg, sich und seine Familie zu ernähren. Als Roma finde er keine neue Arbeitsstelle. Ohne den durch Betteln erworbenen Lebensunterhalt könnte seine Lebensführung nicht frei gestaltet werden. Und das Recht auf Privatleben sei ein "Jedermannsrecht und kein Staatsbürgerrecht", argumentierte die Gratkorner Rechtsanwältin, die den slowakischen Staatsbürger beim VfGH vertrat.

Das Recht auf Meinungsfreiheit sei verletzt, weil "stilles" Betteln als "Äußerung einer Tatsache, nämlich bedürftig und damit auf Almosen angewiesen zu sein, gewertet" werden könne. Die Meinungsfreiheit gelte für alle Ausdrucksmittel, also auch "für die meist körpersprachlich artikulierte Äußerung eines Bettlers", hieß es in der Beschwerde.

Symbolbild

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