"Grüß Gott" in Rom

Van der Bellen beim Papst: “Hat mich beeindruckt”

Österreich
16.11.2017 13:40

Bundespräsident Alexander Van der Bellen ist am Donnerstagvormittag von Papst Franziskus im Vatikan empfangen worden. Der bekennende Agnostiker Van der Bellen, der als Gastgeschenk drei Brotlaibe aus seiner engeren Heimat, dem Tiroler Kaunertal, mitgebracht hatte, zeigte sich äußerst angetan vom Meinungsaustausch mit dem katholischen Kirchenobersten: "Die Mischung aus Intelligenz und Spiritualität hat mich beeindruckt."

"Grüß Gott", sagte der argentinische Papst zu Beginn der Audienz in seiner Privatbibliothek. "Ich spreche leider nur schlecht Deutsch und brauche einen Dolmetscher", entschuldigte sich Franziskus, der als junger Mann ein Jahr in Deutschland studiert hatte, zu Beginn des Gespräches.

Brot aus dem Kaunertal als Gastgeschenk für den Papst
"Eigentlich müsste man es herausnehmen und brechen" - ganz als Priester präsentierte sich Franziskus, als ihm dann von Van der Bellen drei Brotlaibe aus seiner Heimat, dem Kaunertal, übergeben wurden. Letztlich blieben diese unversehrt. Ob das Brot auch versteigert wird, wie ein rasanter Lamborghini, den Franziskus  - wie berichtet - einen Tag zuvor bekommen hatte? Der laut Medien 150.000 Euro teure Bolide soll vom Vatikan bei einer Auktion zu einem guten Zweck veräußert werden.

Van der Bellen wurde gemeinsam mit seiner Ehefrau Doris Schmidauer, die auf den bei Papst-Audienzen früher üblichen Schleier verzichtete, in Begleitung des Noch-Wirtschaftsministers und designierten Wirtschaftskammerpräsidenten Harald Mahrer (ÖVP) und des Künstlers André Heller empfangen. Er erhielt seinerseits eine Medaille des Pontifikats von Franziskus, auf der als Friedenssymbol die Darstellung einer Taube mit Olivenzweig im Schnabel zu sehen ist, sowie eine deutschsprachige Ausgabe seiner apostolischen Schreiben "Amoris Laetitia", "Evangelii Gaudium" und "Laudato Si'".

Vom Papst, den er als Nicht-Katholik als "Repräsentanten einer ethisch und humanistisch orientierten Organisation" schätze, könnten auch Politiker viel lernen, sagte Van der Bellen. "Er ist einer, der mit seinen Formulierungen Bilder schafft, die direkt ins Herz gehen. Das vermittelt eine Spiritualität, die man über die Jahre vermisst hat." Möglicherweise nehme er das aber auch vor allem persönlich so auf, räumte der frühere Universitätsprofessor ein, weil er als Wirtschaftswissenschaftler eher gelernt habe, nüchtern zu denken und analysieren.

Van der Bellen erinnerte erneut an ein von Franziskus verwendetes Zitat aus dem Matthäus-Evangelium: "Ich war fremd, und ihr habt mich aufgenommen." Schöner und kürzer könne man "die Frage der Annahme von Menschen in Not und ihre spätere Integration nicht formulieren".

Thema Flüchtlinge: Van der Bellen versteht Situation nicht
Das Thema Flüchtlinge habe er nach dem Treffen mit dem Papst auch mit dem Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin diskutiert, so Van der Bellen. Gegenüber Journalisten zeigte sich der 73-Jährige auch verwundert, wie das Thema in Österreich behandelt werde. "Ich verstehe die Situation nicht. Wir hatten 2015 echte Probleme bei der Aufnahme und Versorgung", so der Bundespräsident, seither seien die Asylanträge aber sukzessive deutlich zurückgegangen.

Es sei daher merkwürdig, dass die Sorgen und Ängste heute "eine größere Rolle spielen als bei der echten Krise 2015". In dem Gespräch mit Franziskus sei in diesem Zusammenhang auch erwähnt worden, dass beide aus Migrantenfamilien stammten, merkte Van der Bellen an. Der Vater des Papstes sei aus Italien nach Argentinien ausgewandert, seine eigene Familie stammt aus dem Baltikum.

Papst-Besuch in Österreich "in nächster Zeit wenig realistisch"
Van der Bellen lud Franziskus auch nach Österreich ein, eine Visite des 80-jährigen Papstes sei in nächster Zeit aber wenig realistisch, räumte er ein: "Er reist dorthin, wo es brennt", das sei gewissermaßen ein Nachteil für Österreich: "Bei uns brennt nichts." Er verstehe, dass es für den Papst nicht dringend sei, ein EU-Land zu besuchen, wo es den Menschen verhältnismäßig gut gehe.

Der ehemalige Grünen-Politiker, der früher der evangelischen Kirche angehört hatte, aber seit Jahrzehnten konfessionslos ist, beendete seine Reise in den Vatikan bereits früher, als es ursprünglich vorgesehen war. Der für Freitag geplante Besuch beim Souveränen Malteser-Ritter-Orden wurde ebenso auf Donnerstagnachmittag vorverlegt wie jener bei der insbesondere in Flüchtlingsfragen engagierten Gemeinschaft Sant'Egidio. Gestrichen wurden dafür Besichtigungen des Petersdoms und der Sixtinischen Kapelle.

Hintergrund für die verkürzte Reisezeit: Seitens der Präsidentschaftskanzlei hieß es, der Bundespräsident lasse sich am Freitag routinemäßig von den Koalitionsverhandlern aus ÖVP und FPÖ über den Verlauf ihrer Gespräche informieren. Van der Bellen flog deshalb bereits am Donnerstag nach Wien zurück.

Van der Bellen fehlt bei Koalitionsverhandlungen das "Neue"
Bereits am Rande seines Rom-Besuchs nahm Van der Bellen auch Stellung zu den laufenden Regierungsverhandlungen. Dem Bundespräsidenten fehle dabei bisher das "Neue", sagte er. "Darauf warte ich noch." Dass Steuern gesenkt werden sollen, sei beispielsweise schon früher öfters ein Thema gewesen.

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