Festival-Finale

Die Antwoord verwandelten Frequency in Partyzone

Musik
21.08.2016 13:08

Der letzte Tag des diesjährigen Frequency Festivals war auch mit Abstand der beste. Die südafrikanischen Rap-Raver Die Antwoord und die makellosen Bloc Party waren die Highlights des stilistisch bunten Treibens, das auch Manu Chao, Limp Bizkit, Wizo oder The Kills im Angebot hatte. Insgesamt ließen sich das lt. Veranstalter 120.000 Fans an allen vier Tagen nicht entgehen.

(Bild: kmm)

Das 16. Frequency bog Samstag in St. Pölten bei strahlendem Sonnenschein und hochsommerlichen Temperaturen ins Finale ein. Auch am dritten Tag des kunterbunten Konzertreigens zeigte man sich dem diesjährigen Motto treu ergeben und bot eine gehörige stilistische Bandbreite zeitgenössischen Popgeschehens. Der Energie der Künstler setzte das Publikum zunächst ausgiebiges Chillen entgegen.

Keine Publikumsreißer
So war es kein Wunder, dass bei den ersten Auftritten auf den großen Bühnen das Treiben davor erneut überschaubar war. Auf der Space Stage boten die US-amerikanischen Front Bottoms eine sympathische Melange aus Indie-Rock mit folkigen Einsprengseln und einer guten Portion Humor, während auf der kleineren Green Stage die Salzburger Sängerin Laura Zotti - heuer schon beim vom Rockhouse ausgetragenen Bandcontest in ihrer Heimatstadt erfolgreich - Soul, Jazz und Rock servierte. Das Endergebnis war vielleicht eine Spur zu lieblich für die etwas gezeichnete Festivalmenge, die zu (verhältnismäßig) früher Stunde aus den Zelten gekrochen war, aber der druckvolle Bandsound konnte sich durchaus hören lassen.

Danach überwogen die Gegensätze: Eher zum Vergessen waren nämlich die betont zuckersüßen Singer-Songwriter Niila und Jamie Lawson, deren Darbietungen vielleicht ins Formatradio passen, unter freiem Himmel aber vorwiegend lauwarm und bemüht wirkten. Auf der anderen Seite versuchten die deutschen Gruppen 257ers sowie Moop Mama mit bestens erprobter Festivalanimation zu punkten - und das gelang grundsätzlich ganz gut. Besonders die vielköpfige bayerische Brassband Moop Mama ist in dieser Hinsicht eine sichere Bank, verstand es im Grenzgebiet aus Hip-Hop, Funk und Blechbläser-Power ihre Duftnote zu hinterlassen und für tanzende Menschen zu sorgen. Da war es nur passend, dass Rapper Keno auf die kommenden Österreichauftritte im Dezember verwies.

Woodstock-Wuschel
Etwas mehr Publikum wagte sich zu den New Yorker Prog-Rockern Coheed And Cambria, die in Genrekreisen nicht zu Unrecht Kultstatus genießen. Die Band rund um den wuschelköpfigen Frontmann Claudio Sanchez spielte sich bei sengender Sonne in spielerische Ekstase, ließ immer wieder instrumentale Weltklasse aufblitzen und coverte gar Nirvanas legendäre Nummer "Drain You". Mit einer hinter dem Kopf gestellten Doppelhalsgitarre gab es zudem noch eine kräftige Portion Woodstock-Feeling zu bestaunen. Ein frühes Highlight, das in einem Indoor-Venue wie der Wiener Arena dennoch seine volle Wirkung entfalten könnte.

Noch seltenere Gäste in diesen Breitengraden sind Jamie Hince und Alison Mosshart vom Garage-Rock-Duo The Kills. Das britisch/amerikanische Konglomerat kehrte diesen Frühling nach fünfjähriger Pause mit dem neuen Album "Ash & Ice" wieder tatkräftige auf die Bühnen zurück und betourt das europäische Festland im Sommer trotz temporärer Lungenentzündung von Mosshart. Dem energischen Treiben tat dies aber keinen Abbruch, die nunmehr erblondete Frontfrau hat den Rock in der Seele und bot eine paralysierend-feurige Performance, die von Hince' tighter Gitarre optimal unterstützt wurde. Die Videoleinwände waren ebenso in schwarz/weiß-Optik gehalten, wie das mit feuerspeienden Vulkanen versehene Backdrop. Der Jubel hielt sich in Grenzen, die Performance hingegen war makellos.

Nimmermüder Klassiker
Nicht minder grandios rockten die 90er-Legenden Skunk Anansie zu fast gleicher Zeit die gut besuchte Green Stage. Die heuer mit dem Album "Anarchytecture" ins Rampenlicht zurückgekehrten Crossover-Rocker boten eine querbeete Melange aus alten Hits wie "Hedonism (Just Because You Feel Good)" und "Twisted (Everyday Hurts)", sowie neuen Songs wie "Bullets" oder "Love Someone Else". Verstärkt wurde die Show nicht nur mit einer energischen und bereits zu Beginn des Konzerts ins Publikum segelnden Frontfrau, sondern auch mit zahlreichen Videoeffekten und grell-grauer Kleidung. Ein Kult-Revival, das bereits jetzt Lust auf das Einzelkonzert 2017 in Wien macht.

Dass Alternative Rock gut ankommt, bewiesen Bloc Party: Die Band um Sänger Kele, die sich für das aktuelle Album "Hymns" nicht nur inhaltlich eine Spur neu definiert hat, sondern auch das eigene Line-up veränderte, konnte dank leicht angepasster Lichtverhältnisse - die Traisen zog zu diesem Zeitpunkt wohl erstmals weniger Leute an als das musikalische Angebot - den standesgemäßen Andrang in voller Linie befriedigen. Älteres Material, das eher einer Rockidee nachspürte, aber auch aktuelle Songs mit stärkerem Elektronikeinschlag fanden gleichermaßen ihre Abnehmer und wurden gefeiert - so wie die deutsche Punk-Legende Wizo, die auf der Green Stage für mächtig Wirbel sorgte und damit auf Limp Bizkit einstimmte.

Geburtstag mit Stimmschwierigkeiten
Die Nu-Metal-Kultband, die rund um das Millennium zu den größten Rockbands des Planeten zählte, verspricht zwar schon seit knapp fünf Jahren ein neues Studioalbum, doch auch ohne Finalisierung dieses "Lebensprojekts" erfreuen sich Fred Durst und Co. seit geraumer Zeit wieder größter Beliebtheit. Das mag wohl auch an der Nostalgie liegen, schließlich entdecken einstige Teenies ihre Helden zur ersten Midlife-Crisis wieder neu und lassen sich dadurch gerne in die Vergangenheit spülen. Der vollbärtige Durst, der nebenbei seinen 46. Geburtstag feierte, ließ alle großen Hits vom Stapel und füllte die Green Stage wie keine andere Band an diesem Wochenende. "Break Stuff", "My Way", "Nookie" oder "My Generation" schallten über das Gelände, dass bei den beiden Nirvana-Covers "Heart-Shaped Box" und "Smells Like Teen Spirit" die Stimme brach, störte niemanden. Ebensowenig der grauenhafte Sound, der sich über das ganze Wochenende hinweg auf der Green Stage verbreitete.

Die südafrikanischen Die Antwoord konnten von den US-Rockern Limp Bizkit eine reichlich enthusiasmierte Fanschar übernehmen, die nach gut einer Stunde einfach gestricktem, aber offenbar bestens funktionierenden Rap-Rock für noch eine Schippe mehr Verrücktheit gewappnet waren. Als Kerngruppe zu Zweit unterwegs, gab das Duo genau das, was man sich wünschen konnte: Verquere Sounds, klare Ansagen und reichlich Mittelfinger, um die Menschen vor der Bühne zu ebensolchen Ausdrucksweisen zu bewegen. Unterstützt wurde das grellbunte und höchst sportliche Treiben von paralysierenden Visuals und heftigen Techno-Einlagen, die Songs wie "Fatty Boom Boom", "Pitbull Terrier" oder "Rich Bitch" zum größten Erlebnis und klaren Highlight des Wochenendes gedeihen ließen. Ein wundervoller Lichtblick im lieblos zusammengestellten Gesamtprogramm.

Schunkeln mit Polit-Agenda
Wer im 21. Jahrhundert eindeutig das Feeling längst vergangener Zeiten versprüht, ist der Franzose Manu Chao. Mit seiner Band sorgte er zum Abschluss des Frequency für gute Laune ohne Kompromisse. Wobei man Jose-Manuel Thomas Arthur Chao zugutehalten muss, dass er selbst das Publikum mit kaum Kontakt zu seinem Material ohne Probleme um den Finger wickeln kann. Mit ordentlich Verve und noch mehr Sympathie ausgestattet, sorgte der 55-Jährige mit seiner Band für viel Bewegung vor und auf der Bühne. Grundsätzlich klang hier vieles gleich - was keineswegs als langwierige Konzertsituation auszulegen war. Vielmehr durfte man sich mit Gitarre, Bass, Schlagzeug und einer perfekt disponierten Bläser-Partie in die frühen Morgenstunden wiegen. Auftritte mit politischer Agenda und qualitativem Zusatz sind ohnehin eine fix gebuchte Bank bei Manu Chao.

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