Rot-Grün in Wien

Bürgermeister Häupl mit knapper Mehrheit gewählt

Österreich
24.11.2015 13:28
Im Wiener Rathaus hat die konstituierende Sitzung des Wiener Gemeinderates am Dienstag mit einer Schweigeminute begonnen: Das neu zusammengesetzte Stadtparlament gedachte der Terroropfer von Paris. Anschließend wurden die insgesamt 100 Abgeordneten angelobt bzw. wurde von diesen der Bürgermeister gewählt. Mit knappem Ergebnis: Michael Häupl erhielt lediglich 52 Stimmen. Nach seiner Wiederwahl wurde er von Bundespräsident Heinz Fischer als Landeshauptmann angelobt.

Der Bürgermeister versicherte zunächst beim gemeinsamen Gedenken, dass man sich durch Anschläge wie jene in Frankreich die Freiheit und die demokratischen Grundrechte nicht nehmen lasse. "Wir fürchten uns nicht", so das Stadtoberhaupt.

Mageres Wahlergebnis für Häupl
Anschließend stellte er sich der Wahl, die mit einem mageren Resultat endete: Häupl konnte 52 der 100 abgegebenen Stimmen für sich lukrieren. Das bedeutet, dass er nicht einmal von allen der 54 roten bzw. grünen Mandatare die Zustimmung erhielt. 2010 hatte er noch 65 Abgeordnete von sich überzeugen können - also auch fünf von Fraktionen, die nicht in der Regierung vertreten waren. Das nunmehrige magere Wahlergebnis sei ihm aber "völlig egal", so Häupl.

Anschließend überließ die SPÖ als stimmenstärkste Fraktion das eigentlich ihr zustehende Amt des Vizebürgermeisters den Grünen - konkret Maria Vassilakou. Sie wurde mit 51 Stimmen (bei 99 abgegebenen) bestätigt. Insofern war das eine doch deutliche Wahl, als man als Vizebürgermeister nicht die Mehrheit des gesamten Plenums benötigt, sondern nur jene der jeweiligen vorschlagsberechtigten Fraktion. Das war in diesem Fall die SPÖ mit 44 Mandataren, womit Vassilakou bereits 23 Stimmen gereicht hätten.

Ludwig-Wahl mit Signalwirkung
Als zweiter Vizebürgermeister wurde der nicht amtsführende FPÖ-Stadtrat Johann Gudenus gewählt. Er kam auf 40 Unterstützer bei 99 abgegebenen Kuverts. Auch der neue Gemeinderatsvorsitzende wurde gewählt. Mit diesem Amt wurde Thomas Reindl von der SPÖ betraut. Er folgt auf Godwin Schuster, der nicht mehr kandidiert hatte.

Signalwirkung hatte das Resultat von SP-Wohnbaustadtrat Michael Ludwig: Der Floridsdorfer, dem immer wieder nachgesagt wird, entgegen dem strikten Anti-FPÖ-Bekenntnis der Wiener SPÖ keine Berührungsängste gegenüber den Blauen zu haben, streifte beachtliche 81 Stimmen ein. Damit wurde er auch von einem großen Teil der Opposition, also ÖVP, FPÖ und NEOS, unterstützt.

Angelobung in der Hofburg
Häupl wurde zum sechsten Mal zum Stadtchef ernannt. Bei der anschließenden Angelobung als Landeshauptmann in der Hofburg waren unter anderem Bundeskanzler Werner Faymann und sein Vize Reinhold Mitterlehner dabei. Häupls Besuch bei Bundespräsident Heinz Fischer dauerte etwa eine Stunde. Das Staatsoberhaupt stellte anschließend fest, dass beide bereits eine "gewisse Routine" hätten, und gratulierte Häupl.

Für Häupl ist die Angelobung immer wieder ein spezieller Moment, wie er sagte: "Natürlich, es ist jedes Mal schon etwas Besonderes. Eine Routine im Angeloben vom Landeshauptmann gibt es glaube ich nicht." Die Journalistenfrage, ob die sechste zugleich seine letzte Vereidigung gewesen sei, umschiffte Häupl: "Schauen wir mal. Jetzt fange ich gerade das sechste Mal an. Da kann ich über das siebente Mal nicht reden."

Der Bürgermeister ging auch auf die Kritik an der Neuauflage von Rot-Grün ein: "Was ich bisher dazu gehört habe, war extrem allgemein. Ich habe den Eindruck, dass diejenigen, die zum Beispiel sagen, da gibt's nicht Inhaltliches, den 140-Seiten-Vertrag zwischen den beiden Regierungsparteien nicht gelesen haben."

Wien ist "stolz auf seine Zuwanderer"
Häupl, seit 1994 im Amt, warb danach in seiner Regierungserklärung für Wien als "offene, tolerante Stadt, in der niemand zurückgelassen wird". Es sei entscheidend, welche Schlüsse aus den Attentaten von Paris gezogen würden: "Und ich möchte es hier in aller Deutlichkeit sagen: Zäune innerhalb Europas werden das Friedensprojekt EU zum Scheitern bringen", warnte der Stadtchef. Wien sei jedenfalls stolz auf seine Zuwanderer.

Vizebürgermeisterin Vassilakou ließ in ihrer Rede zunächst ebenso die Ereignisse von Paris bzw. Brüssel Revue passieren. "Die Versuche, unsere Städte zu spalten, uns gegeneinander auszuspielen, das Trennende vor das Gemeinsame zu stellen, werden nicht weniger", befand sie. Die "extreme Rechte" würde die Vielfalt bekämpfen, die Fanatiker die Freiheit im Denken und Handeln. Erwartbaren Streitigkeiten im Stadtparlament kann sie durchaus Positives abgewinnen: "Wir werden in den kommenden fünf Jahren sicher nicht in jedem Punkt einer Meinung sein, das ist gut so, das liegt im Wesen der Demokratie."

Die Rathaus-Opposition redete sich in der anschließenden Debatte am Nachmittag ebenfalls schon warm für die neue Legislaturperiode. FPÖ-Vizebürgermeister Johann Gudenus freute sich vor allem über sein neues Amt und kündigte an, dieses zu nutzen, um Rot-Grün II auf die Finger zu schauen und auf diese wenn nötig zu klopfen. Seinen ersten Auftritt am Rathaus-Rednerpult bestritt ÖVP-Landesparteichef Gernot Blümel mit einer Bilanz des Regierungspakts: "Weltstadtniveau hätte es werden können, Mariahilfer-Straßen-Niveau ist es geblieben." Ebenfalls ihren ersten Auftritt im Gemeinderat absolvierte NEOS-Frontfrau Beate Meinl-Reisinger, die das Arbeitspapier von SPÖ und Grünen als "Roman mit schwachem Plot" bewertete.

Was sagen Sie zu Häupls knappem Wahlsieg? Wie stehen Sie zur Neuauflage von Rot-Grün? Teilen Sie uns Ihre Meinung in den Kommentaren mit!

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