Keine Bereitschaft?

Ärzte-Nachtdienste in Gefahr

Salzburg
09.09.2015 20:44
Im Land Salzburg könnte der ärztliche Bereitschaftsdienst in den Nachtstunden bald der Vergangenheit angehören: Zwischen 23 Uhr und sieben Uhr früh soll es nur noch eine Beratung am Telefon geben, so plant es die Ärztekammer. Viele Allgemeinmediziner wollen so arbeiten wie bisher, derzeit läuft eine Ur-Abstimmung.

"Die Unzufriedenheit unter den Ärzten wächst, wir mussten einfach reagieren", so sieht es Ärztekammer-Präsident Dr. Karl Forstner: Denn immer mehr Jung-Mediziner seien nicht mehr bereit, neben der Arbeit in ihren überfüllten Arzt-Praxen auch noch mehrmals im Monat einen nächtlichen Bereitschaftsdienst zu übernehmen. Forstner: "Beim Mediziner-Nachwuchs haben wir bereits 60 Prozent Ärztinnen, die sich auch noch um die Familie kümmern müssen. Wenn wir wollen, dass wir weiterhin Nachwuchs bei den niedergelassenen Ärzten bekommen, müssen wir uns einfach etwas einfallen lassen."

Nur mehr ein Arzt am Telefon für Salzburg
Und das ist geplant: Statt eines Bereitschaftsdienstes soll es künftig für das ganze Bundesland (ausgenommen ist hier die Stadt Salzburg) nur noch einen Arzt geben, der zwischen 23 Uhr und sieben Uhr früh bei Problemfällen berät. Forstner: "Statistisch gesehen gibt es nämlich im ganzen Land während dieser Zeit nur vier Notfälle." Und die, so Forstner, könnten ja ein nahe gelegenes Spital aufsuchen.

Die Bürokratie macht den Ärzten zu schaffen
Der Piesendorfer Arzt Wolfgang Farkas ist ein vehementer Gegner: "Ich studiere doch nicht viele Jahre, damit ich dann einen Telefon-Dienst mache." Forstners Versuch, junge Kollegen als Begründung für den Wegfall des nächtlichen Bereitschaftsdienstes vorzuschieben, hält er für fatal: "Es ist definitiv nicht die Arbeitsbelastung, sondern die überbordende Bürokratie, die uns zu schaffen macht. Seit Jahren hören wir: Man muss die Rolle des Hausarztes stärken, doch unsere Arbeit wird nur torpediert." Auch Karl Schnell, Arzt in Saalbach-Hinterglemm, ist ein entschiedener Gegner dieses Modells: "Ich kann doch einem Patienten am Telefon nicht eine Diagnose zu seinen Kopfschmerzen stellen. Er könnte eine Gehirnblutung haben und mangels Versorgung sterben. Und ich trage dann die Verantwortung."

Urabstimmung unter 174 Ärzten läuft gerade
Derzeit läuft noch bis 19. September eine Urabstimmung unter den 174 niedergelassenen Ärzten im Land, in Oberösterreich hat man sich bereits eindeutig für die Beibehaltung des nächtlichen Bereitschaftsdienstes entschieden. Mediziner Wolfgang Farkas: "Natürlich geht es auch um das lächerliche Honorar, Kostendeckelung und dass die Kasse weiter sparen will. Wenn mir die Kasse so wie bisher für eine abendliche Patienten-Visite 6,80 Euro bezahlt, dann findet sie eben keine Mediziner mehr."

Es geht um persönlichen Kontakt und Zuwendung
Dass nur noch ein Arzt von Krimml bis Hallein nachts via Telefon beraten soll, widerspreche aber, so Farkas, komplett dem Berufsethos: "Die Leute wollen nicht in Erstversorgungszentren, auch nicht ins Krankenhaus, wo sie ständig auf einen anderen Mediziner treffen. Sondern sie wollen Zuwendung, am besten von einem Arzt, der sie kennt."

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