Korruptionsskandal

Türkei: Journalistin wegen Tweets festgenommen

Web
31.12.2014 08:47
Die türkische Journalistin und TV-Moderatorin Sedef Kabas ist wegen kritischer Äußerungen auf Twitter zur Einstellung von Korruptionsermittlungen gegen Verbündete von Präsident Recep Tayyip Erdogan am Dienstag vorübergehend festgenommen worden. Wie türkische Medien berichteten, durchsuchte die Polizei Kabas' Wohnung in Istanbul. Sie beschlagnahmte demnach ihren Laptop, ihr Tablet und ihr Smartphone.

Kabas hatte im November im Kurzmitteilungsdienst Twitter dazu aufgefordert, den Namen des für die Einstellung der Ermittlungen verantwortlichen Richters nicht zu vergessen. Sie nannte dessen Namen und fügte sein Foto hinzu. Festgenommen wurde Kabas nun wegen des Vorwurfs, sich auf Anti-Terror-Ermittler einzuschießen. Ein Gericht setzte sie auf freien Fuß, kündigte aber eine weitere Anhörung für Montag an.

Korruptionsvorwürfe gegen Erdogan-Vertraute
Stunden zuvor wurden am Dienstag die vier Staatsanwälte entlassen, die vor einem Jahr Korruptionsermittlungen gegen zahlreiche Minister und Vertraute des damaligen Regierungschefs Erdogans angeordnet hatten. Der oberste Verwaltungsrat habe Disziplinargründe für seine Entscheidung angegeben und könnte die vier Spitzenbeamten später ganz aus dem Staatsdienst entlassen, meldete die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu.

Die Korruptionsaffäre hatte vor einem Jahr Erdogans Regierung erschüttert. Auch seine eigene Familie war ins Visier der Ermittler geraten. Der starke Mann der Türkei bezichtigte seinen früheren Verbündeten und späteren Erzrivalen Fethullah Gülen, den Skandal angezettelt zu haben, um die Regierung zu stürzen.

Twitter-Nachricht kritisiert Mangel an Beweisen
In einer ersten Reaktion war den vier Staatsanwälten der Fall abgenommen worden. Es folgte eine beispiellose Welle von Zwangsversetzungen von tausenden Justizbeamten und Polizisten. Im Oktober wurden sämtliche Ermittlungen gegen 53 Verdächtige - darunter die Söhne mehrerer Minister - aus "Mangel an Beweisen" eingestellt. Darauf bezog sich Kabas mit ihrer Twitter-Nachricht.

Erdogan wurde im Sommer zum Staatschef gewählt. Im Kampf gegen die Gülen-Bewegung hat er seitdem nicht nachgelassen. Erst kürzlich erließ die Justiz einen Haftbefehl gegen den islamistischen Imam Gülen, der sich seit Jahren in den USA aufhält.

Unterdessen wurde am Dienstag auch der Journalist Mehmet Baransu vorübergehend festgenommen. Ihm wurde zur Last gelegt, auf Twitter einen Erdogan-Berater kritisiert zu haben. Der investigative Reporter, der für die regierungskritische Zeitung "Taraf" arbeitet, war zuvor bereits drei Mal festgenommen worden. Ende 2013 hatte er berichtet, dass die Erdogan-Regierung Gülen-Anhänger überwachen ließ.

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