Die EU-Staaten haben sich darauf verständigt, per Mehrheitsentscheidung eine rechtliche Grundlage zur Nutzung von russischem Staatsvermögen für die Ukraine zu schaffen.
In einem ersten Schritt soll beschlossen werden, eine Rückübertragung von in der EU festgesetzten Mitteln nach Russland unbefristet zu verbieten, wie die dänische EU-Ratspräsidentschaft am Donnerstag mitteilte. Damit soll verhindert werden, dass ein Land wie Ungarn mit einem Veto die Freigabe erzwingen kann.
Russland soll Geld nur unter einer Bedingung zurückbekommen
Diese Regelung gilt als Hindernis für den Plan, die Mittel für langfristige Kredite an die Ukraine zu nutzen und nur dann eine Rückzahlung an Russland zu ermöglichen, wenn das Land nach einem Ende seines Angriffskriegs gegen die Ukraine Reparationszahlungen leistet.
Um das russische Geld unbefristet festzusetzen, berufen sich die EU-Staaten nun auf Artikel 122 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union. In ihm ist festgelegt, dass bei gravierenden Wirtschaftsschwierigkeiten mit sogenannter qualifizierter Mehrheit angemessene Maßnahmen beschlossen werden können.
EU-Staaten berufen sich auf Schwierigkeiten durch Krieg
Dazu heißt es in dem Rechtstext unter anderem, Russlands Krieg gegen die Ukraine sorge weiter für schwere wirtschaftliche Herausforderungen. Die Übertragung von Mitteln nach Russland müsse mit höchster Dringlichkeit verhindert werden, um Schaden für die Wirtschaft der Union zu begrenzen. Die Verordnung soll nun noch vor dem EU-Gipfel in der kommenden Woche angenommen werden.
Spätestens bei dem Treffen hoffen die Befürworter des Plans auch, den belgischen Regierungschef Bart De Wever zu einer Zustimmung zu dem Plan für die Darlehen bewegen zu können. Ohne Belgien gilt die Umsetzung als äußerst schwierig, weil der mit Abstand größte Teil der russischen Mittel, die für die Ukraine genutzt werden sollen, von dem belgischen Unternehmen Euroclear verwaltet wird. Dabei geht es um etwa 185 der insgesamt 210 Milliarden Euro in der EU.
Belgische Regierung blockiert
Die belgische Regierung blockiert den Plan bisher mit Verweis auf rechtliche und finanzielle Risiken. So sieht sie unter anderem die Gefahr, dass Russland Vergeltung gegen europäische Privatpersonen und Unternehmen übt und etwa Enteignungen in Russland vornimmt.
Als Voraussetzungen dafür, dass Belgien ungeachtet der Gefahren doch mitmacht, hatte De Wever zuletzt drei Bedingungen genannt. Demnach muss garantiert sein, dass eine Vergemeinschaftung aller möglichen Risiken erfolgt und ab dem ersten Moment der Umsetzung des Plans ausreichend finanzielle Garantien bestehen, um potenziellen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen.
Zudem forderte er einen umfassenden Liquiditäts- und Risikoschutz für alle durch den Plan betroffene Bürger oder Unternehmen und eine Beteiligung aller anderen EU-Länder, in denen ebenfalls noch Vermögenswerte der russischen Zentralbank eingefroren wurden.
Russland hatte die EU gewarnt, die Verwendung der Vermögenswerte wäre ein Akt des Diebstahls. Die Gelder waren nach dem Angriff auf die Ukraine 2022 eingefroren worden. Die Kommission erklärte, es handle sich nicht um eine Konfiszierung, da das Geld in Form eines Kredits bereitgestellt werde.
Finanzminister: „Beste Lösung, die jetzt möglich ist“
Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) hält die von der EU-Kommission vorgelegte Option der Finanzierung der Ukraine über ein Reparationsdarlehen für „überzeugend“. Bei der Umsetzung der Option würde eingefrorenes russisches Staatsvermögen als Sicherheit dienen, was sehr umstritten ist und insbesondere in Belgien auf Widerstand stößt. Marterbauer und die EU-Finanzminister werden am Freitag die Optionen bewerten, entscheiden werden die Staats- und Regierungschefs.
Das Reparationsdarlehen soll bis zu 165 Milliarden Euro betragen; an eingefrorenem russischem Staatsvermögen liegen rund 210 Milliarden Euro in der EU, der Großteil davon in Belgien. Das russische Geld soll als Sicherheit für EU-Anleihen dienen. Die zweite Möglichkeit zur Finanzierung der Ukraine bestünde in der Aufnahme von neuen EU-Schulden. Marterbauer hält die Verwendung der russischen Gelder für die „beste Lösung, die jetzt möglich ist“, sagte er am Donnerstag bei einem Pressegespräch in Brüssel.
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