Kommenden Sonntag stimmt die Schweiz über eine Wehrpflicht für Frauen ab. Hinter dem Referendum versteckt sich eine überparteiliche Initiative bestehend aus 27 Personen aus der Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Das aktuelle System ist ihrer Ansicht nach „nicht mehr zeitgemäß“.
So sieht der Artikel 59 der Bundesverfassung vor, dass jeder Schweizer verpflichtet ist, einen Dienst zu leisten – Schweizerinnen aber nicht. „Die Männer sind, sozusagen, die ,großen Beschützer an der Front‘“, führt Noemie Roten, Präsidentin der Service-Citoyen-Initiative, aus. In der theoretisch geeigneten Altersgruppe leistet dadurch nur ein Drittel einen Dienst, ein Fünftel in der Armee. „Sicherheit betrifft aber alle – Frauen wie Männer“, so Roten.
Pflicht soll zwischen 19. und 37. Lebensjahr gelten
Geht es nach dem Komitee, sollen alle Schweizer Bürger einen Dienst zugunsten der Allgemeinheit erbringen – entweder bei der Armee, im Zivilschutz oder als gleichwertiger und anerkannter Milizdienst. Personen, die keinen Dienst leisten, sollen wie heute eine Abgabe entrichten. Sie beträgt drei Prozent des steuerpflichtigen Einkommens – wobei ein Mindestbeitrag von 400 Franken (in etwa 430 Euro) gilt – und wird zwischen dem 19. und 37. Lebensjahr erhoben.
Die Initiative zielt auch darauf ab, den Begriff der Sicherheit breiter zu definieren – weg von einer rein militärischen Perspektive, hin zu mehr Zivilschutz und Krisenresilienz. „Wir sind für eine starke Armee, aber Sicherheit bedeutet mehr“, betont Komitee-Präsidentin Roten. Naturgefahren, Klimarisiken und mangelnde Vorbereitung würden zeigen, dass die Schweiz „total blind“ in Bezug auf Klimawandel sei. Es gehe nicht um Alarmismus, sondern um die Frage, wie eine Gemeinschaft Verantwortung teilt – gerade in Zeiten, in denen auch in Europa Krieg herrscht.
Große Debatte um Gleichstellung
Mit einem Ja für die Initiative würde sich aber insbesondere für junge Frauen viel ändern. Sowohl die Befürworter als auch die Gegner argumentieren dabei mit der Gleichstellung der Geschlechter. Es soll auch ein kultureller Anstoß erfolgen – nicht die einzige, aber eine notwendige Bewegung Richtung moderner Gleichstellung. Gleichzeitig öffnet sie die Tür für Diskussionen über Dienste ohne Schweizer Pass: etwa einen freiwilligen Einsatz als möglicher Weg zu vereinfachter Einbürgerung oder mehr politischer Teilhabe auf Gemeindeebene.
Knappes Ergebnis erwartet
Abgestimmt wird am 30. November. Laut der ersten, größeren Umfrage der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft vor vier Wochen, wird die Initiative wahrscheinlich „sehr knapp“ scheitern – mit 48 Prozent der Stimmen. „Wobei ich einen Absturz erwarte“, sagt Roten. „Auch, weil die Informationen, die der Bundesrat propagiert, sehr problematisch sind.“ Gegen Aussagen à la „keine echte Gleichstellung“, wie es im Abstimmungsbüchlein (offizielle staatliche Information über die Vorlage, Anm.) stehe. Auch werde behauptet, dass die Initiative eine Militarisierung des Zivildiensts sei. „So haben wir, glaube ich, keine Chance“, erklärt die Vorsitzende des Komitees, die betont, dass man „bis zum 30. November kämpfen“ werde.
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