Wehrdienstreform fix
D: Mehr Geld, mehr Soldaten, im Ernstfall Los
In Deutschland ist sich die Koalition bei der Reform des Wehrdienstes im zweiten Anlauf einig geworden. Ab 2026 soll eine flächendeckende Musterung kommen und die Truppenstärke soll wachsen. Soldatinnen und Soldaten winkt mehr Geld, vor allem, wenn sie länger dienen. Und falls die Freiwilligenzahlen zu niedrig sein sollten, aber durch Ernstfälle mehr Bedarf entsteht, kann per Los entschieden werden, wer eingezogen wird.
„Der Bundestag entscheidet durch Gesetz über die Einsetzung einer Bedarfswehrpflicht, insbesondere wenn die verteidigungspolitische Lage oder die Personallage der Streitkräfte dies erforderlich macht“, heißt es zum Pflichtanteil. Die Bedarfswehrpflicht diene der Schließung möglicher Lücken zwischen dem Bedarf der Streitkräfte und der tatsächlichen Zahl an Freiwilligen.
Auch Frauen bekommen Musterungspost
Bei der Musterung gilt künftig: Alle Personen – Männer und Frauen - ab dem Jahrgang 2008 bekommen Post, verpflichtend auszufüllen sind die Formulare nur für Männer, Frauen können dies freiwillig tun.
Wer länger dient, kassiert mehr
Beim Status der Soldaten im neuen Wehrdienst gibt es eine Änderung zu bisherigen Planungen. „Der freiwillige Wehrdienst als besonderes staatsbürgerliches Engagement bleibt erhalten. Ab zwölf Monaten Verpflichtungsdauer wird der Status Soldat auf Zeit (SAZ 1) eingeführt“, heißt es. Bisher war geplant, dass alle neuen Wehrdienstleistenden sofort Soldaten auf Zeit werden. Wer länger dient, soll also auch profitieren und wie ein Berufssoldat behandelt und auch bezahlt werden.
Es gibt aber auch andere finanzielle Anreize: Freiwillige erhalten 2600 Euro brutto pro Monat und wer sich für mehr als ein Jahr verpflichtet, bekommt einen Zuschuss für den Führerschein.
Im Bedarfsfall wird ausgelost, wer einrücken muss
„Übersteige die Zahl der Wehrpflichtigen eines Jahrgangs den Bedarf, kann nach Anwendung der Wehrdienstausnahmen und aller anderen Maßnahmen als ultima ratio ein Zufallsverfahren zur Auswahl angewendet werden. Einen Automatismus zur Aktivierung der Wehrpflicht wird es nicht geben“, heißt es.
Erster Anlauf gescheitert, nun Einigung auf Reform ab 2026
Um die Frage einer Pflicht hatte es Streit gegeben. Im Oktober hatte die Fraktion der christdemokratischen Union (CDU und CSU) das schon vom Kabinett verabschiedete Gesetz zum neuen Wehrdienst wegen Bedenken gestoppt. Strittig war besonders die Frage, wie zwangsweise ausgewählt wird, wenn sich nicht genug Freiwillige für den Aufwuchs der Bundeswehr finden. Details dafür sollen jetzt erst festgelegt werden, wenn dieser Fall eintritt. Verteidigungsminister Boris Pistorius von der sozialdemokratischen SPD will, dass das Wehrdienstgesetz im Dezember beschlossen wird und die Reform Anfang 2026 in Kraft tritt.
Truppenstärke wird angehoben
Wegen der Bedrohung durch Russland und der deswegen veränderten NATO-Planungen soll Deutschlands Militär, die Bundeswehr, um rund 80.000 auf 260.000 Männer und Frauen in der stehenden Truppe wachsen. Zudem soll es 200.000 Reservisten geben, deren Zahl vor allem mit dem neuen Wehrdienst gesteigert werden soll.
Das bisherige Ziel von 203.000 Soldaten wurde allerdings nie erreicht. Vor allem Politiker der Union haben wiederholt angezweifelt, dass Freiwilligkeit ausreichen wird, um einen ausreichend schnellen Aufwuchs der Bundeswehr zu garantieren. In den Koalitionsverhandlungen hatte sich die SPD aber mit der Forderung nach Freiwilligkeit durchgesetzt.
Die Wehrpflicht wurde 2011 ausgesetzt, ist aber weiter in der deutschen Verfassung, dem Grundgesetz, verankert. Sie kann mit einfacher Mehrheit im Bundestag wieder eingeführt werden und tritt auch in Kraft, wenn der Bundestag den Spannungs- oder Verteidigungsfall feststellt.
Pistorius sieht keinerlei Einwände
Pistorius lobte den Kompromiss zum umstrittenen Wehrdienstgesetz. „Ich bin sehr zufrieden“, sagte der SPD-Politiker nach einer Sondersitzung seiner SPD-Fraktion am Donnerstagmorgen. „Es hat keine Wortmeldung dagegen gegeben.“ Auch in der parallelen Sitzung der Union wurde das Vorhaben gebilligt. Das Gesetz soll nun Anfang Dezember beschlossen werden.
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