Ein Geburtstagsessen, ein Mord und das Publikum als Ermittler – das sind die wichtigsten Zutaten von „Tödliches Spiel – Das Live-Krimi-Dinner“ (20.15 Uhr, ORF 2). Wenn das beliebte Freizeitspiel auf die Bildschirme gebracht wird, sind Stars wie Axel Prahl, Jan Josef Liefers, Uwe Ochsenknecht, Bill Kaulitz und Verena Altenberger dabei. Letztere freut sich im „Krone“-Gespräch auf Improvisation und Ungewissheit.
„Krone“: Frau Altenberger, was erwarten Sie sich persönlich von der Premiere „Tödliches Spiel – Live-Krimi-Dinner“?
Verena Altenberger: Tendenziell versuche ich immer, ohne Erwartungen an meine Arbeit heranzugehen, aber das ist schon eine richtige Herausforderung. Es ist eine gute Mischung aus Aufregung und Spannung, die ich verspüre. Ich liebe das Improvisieren – besonders am Filmset. Im „Landkrimi – Acht“ von Marie Kreutzer haben wir zum Beispiel sehr viel improvisiert, auch bei „Die beste aller Welten“ von Adrian Goiginger oder bei Dominik Graf haben wir rauf und runter improvisiert, was das Zeug hält. In diesem Fall wird das Ganze nicht aufgezeichnet, sondern findet live im Fernsehen statt. In zwei Ländern und im Hauptabendprogramm. Ich stelle mir das wahnsinnig aufregend vor.
Ist das eine ähnliche Situation wie im Theater, nur dass man nicht vor Saalpublikum spielt?
Soweit ich das weiß, sind mehrere hundert Personen im Saal mit dabei.
Das klingt spannend und herausfordernd.
Das Genre, dass diesem Abend am nächsten kommt, ist wohl das Impro-Theater.
Ist so eine Rolle nicht doch eine totale Umstellung zu Film und Fernsehen im üblichen Sinne?
Eigentlich nicht. Impro ist der Kern des Schauspiels, unserer Instinkte, auch des Schauspiel-Studiums. Nur als Live-Event im Fernsehen ist es halt neu für mich. Wenn man einem Schauspieler sagt, er müsse bei der nächsten Szene improvisieren, ist das ein bisschen so, wie wenn man einem Journalisten sagt, er müsse die Fakten checken – es ist die Grundlage unseres Berufs. Dass wir also viel improvisieren werden, ist per se nicht so aufregend.
In Ihrer Rolle werden Sie sicher mehr reagieren als agieren. Sie werden Impulsen folgen, die von den Spielleitern und der Regie kommen. Wird es da viele Momente der Unsicherheit geben?
Man muss die ganze Zeit hochkonzentriert sein. Improvisation führt einen immer an die Quelle dieses Berufs zurück und die besagt, etwas aus dem anderen herauszunehmen. Es geht darum, im Moment wachsam zu sein, konzentriert zu sein, den anderen zuzuhören und darauf zu reagieren.
Sind die Liebe zur Improvisation und zu Herausforderungen der Grund, warum Sie überhaupt den Beruf der Schauspielerin ergriffen haben?
Es mag absurd klingen, aber dass ich mir diesen Beruf so gewünscht habe, hat relativ wenig mit dem Beruf an sich zu tun. Von dort, wo ich herkomme, habe ich mich sehr nach einem Freiheitsgefühl gesehnt, das ich in meinem Beruf finde. Ich habe auch das Gefühl, man verzeiht Künstlern in der Gesellschaft mehr. Man darf sich mehr so anziehen, wie man will, freier sprechen und reist mehr durch die Welt. In einem gewöhnlichen Büro zu sitzen konnte ich mir nie vorstellen, dafür bin ich nicht der Typ. Aber in der Kunst geht es oft steil bergauf und genauso steil wieder runter. Das fand ich immer reizvoll. Ich mag die große Amplitude.
Künstlerische Berufe haben weniger Sicherheiten als andere. Gehen Sie deshalb auch entspannter in ein nicht vorab planbares Konzept wie das „Live-Krimi-Dinner“, weil Sie es gewohnt sind, auf Unvorbereitetes reagieren zu müssen?
Gut formuliert, das kommt hin. Ich weiß aber nicht, ob das so allgemeingültig ist. Die Unsicherheit liegt mehr an der Selbstständigkeit als am Künstlerinnendasein an sich, aber für jemanden, der nach zehn oder 15 Jahren in einer Firma gekündigt wird oder wo der Standort aufgelassen wird, ist das eine größere Dramatik für das Leben. Wenn ich mal einen Job nicht bekomme, ist das normal. Ich kriege fünfmal die Woche einen Job nicht (lacht). Dadurch wächst man mit der Unsicherheit zusammen, aber daraus entsteht eine gewisse Sicherheit. Wissen Sie ungefähr, was ich meine?
Man wird die Unsicherheit so gewohnt, dass man sich in ihr fast schon sicher fühlt?
Ja, und die Situation verliert an Dramatik. Zumindest ein bisschen.
Im „Live-Krimi-Dinner“ spielen Sie die Rolle der Eila Kampstahl, die kluge und ambitionierte Tochter des Familienoberhauptes, die beim Familienfest mit ihrer Vergangenheit und inneren Abgründen konfrontiert wird. Sie kennen also Ihren Charakter, nicht aber den Verlauf des Spiels. Kann man sich darauf überhaupt vorbereiten?
Meinen Charakter kann ich formidabel vorbereiten, ich kann nur nicht vorbereiten, was ihm zustößt. Es ist eigentlich so wie im echten Leben: Man kennt sich selbst sehr gut, weiß aber nicht, was übermorgen oder in den nächsten fünf Minuten passiert.
Man ist von den äußeren Umständen abhängig.
Von anderen Personen und einem Knopf im Ohr.
Wie bereiten Sie sich auf den Charakter der Eila Kampstahl vor?
Ich habe mir zwei, drei Referenzprodukte angeschaut, die ich mit der Regie abgesprochen habe. Da war zum Beispiel „Succession“ dabei. Man schaut sich andere Kunstwerke an und versucht darüber, eine gemeinsame Sprache zu finden. Dazu gab es im Vorhinein den Castingprozess und man wird dann aufgrund der Interpretation für die Rolle besetzt. In Wirklichkeit habe ich noch zwei, drei Sachen verfeinert, hatte aber schon beim Casting eine sehr konkrete Ahnung von meiner Rolle. Ich muss jetzt nicht Klavier spielen oder derartiges, was man wirklich langwierig vorbereiten müsste. Ich muss nur wissen, wie ich in der jeweiligen Situation reagiere.
Beruhigt es, wenn man weiß, auch andere tolle Kollegen, die bei dem Projekt an Bord sind, haben dieselben Voraussetzungen und wissen auch nicht mehr als man selbst?
Das ist mir ziemlich wurscht. Ich finde es nicht beunruhigend, nicht zu wissen, was passiert, sondern erfreulich. Wir haben untereinander schon ein bisschen darüber geredet. Es gibt Kolleginnen, die sagen zur Regie, sie wollen so viel wie möglich von ihr wissen. Ich sagte zu unserem Regisseur Nils Willbrandt, er soll mir so wenig wie möglich sagen.
Weil man dadurch unbefangener agiert?
Nein, weil ich es einfach viel spannender finde. Ich möchte so viel Spaß wie möglich haben und finde es viel cooler, vorher nicht zu wissen, wer wann stirbt. (lacht)
Sie haben im besten Fall also genauso viel Spaß wie Saal- und Fernsehpublikum?
Ich glaube, dass ich sogar mehr Spaß haben werde.
Kann man mit so einem Live-Krimi-Konzept, das erfolgreichen Brettspielen nachempfunden ist, auch ein bisschen das brachliegende und oft nicht mehr innovative lineare Fernsehen aufpeppen?
Schauen wir mal, aber ein Aufpeppen hängt am Ende immer mit einer guten Quote zusammen. Ich finde das Konzept cool und es prinzipiell gut, dass Gelder da sind, die für Mutiges eingesetzt und verwendet werden können. Das passiert hier definitiv, ich sehe das aber auch sonst oft. Es gibt fantastische „Tatorte“ und die Öffentlich-Rechtlichen wie der ORF oder ZDF finanzieren immer wieder tolle Spielfilme und Projekte, zuletzt zum Beispiel „Sturm kommt auf“ von Matti Geschonneck. Da kommen aber auch Filme mit Newcomerinnen, die dann teilweise in Cannes laufen und die auf die Oscar-Longlist kommen. Mit Starthilfe von Geldern wird vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk wirklich interessantes und wichtiges Kino und Fernsehen erzählt.
Gerade Österreich ist ein Land, das sich in der internationalen Film- und Fernsehwelt keinesfalls verstecken muss. Die budgetäre Lage wird aber zunehmend zum Problem – wird es umso wichtiger, dass man auf die Kreativität der Schauspieler setzen kann? Sind Schauspieler mehr gefordert, wenn es monetär prekärer wird?
Das würde ich so nicht unterschreiben wollen, weil ich das fast zynisch finde. Wir alle brauchen gute Arbeitsbedingungen, auch im Film. Menschen sind keine Maschinen und Menschen an Filmsets stehen vor ganz besonderen Herausforderungen. Diese Herausforderungen sind mit einem hohen zeitlichen Druck verbunden und zu sagen, Schauspieler müssten noch mehr Kreativität zeigen, wenn es weniger Geld gibt, ist für mich schwierig. Das bedeutet nicht, dass man kreativer werden sollte, sondern unter noch prekäreren Bedingungen zu arbeiten - und das sollte nicht sein.
Kommen wir zurück zum „Live-Krimi-Dinner“. Das Ensemble ist sensationell. U.a. wird man Axel Prahl, Jan Josef Liefers und sogar Bill Kaulitz sehen. Macht ein solches Projekt noch mehr Spaß, wenn man so eine Kollegenschaft um sich hat?
Ich bin wirklich gespannt, denn ist tatsächlich kein einziger Kollege dabei, mit dem ich bislang schon gearbeitet habe. Max Giermann etwa kenne und mag ich schon lange, aber wir haben noch nie zusammengearbeitet.
Da gibt es neben der Sendung selbst dann also noch zahlreiche weitere Premieren.
Sehr gut kenne ich allerdings Regisseur Nils Willbrandt und er war ein wichtiger Grund für meine Zusage. Mit ihm und Schauspieler Oliver Masucci habe ich schon bei „Schuld – Der Freund“ nach Ferdinand von Schirach zusammengearbeitet und ich habe Nils dabei als inspirierenden und tollen Regisseur kennengelernt und wahrgenommen. Er ist auf meiner Liste mit Personen, wo ich zu meiner Agentur sage, wenn die anrufen und sagen, sie bräuchten mich für eine Waschmittelwerbung, kannst du auch das zusagen, weil es gut wird.
Hat Sie zusätzlich auch das Konzept des „Live-Krimi-Dinner“ an sich schon so brennend interessiert?
Wenn etwas außergewöhnlich, herausfordernd oder noch nicht dagewesen ist, dann ist die Chance, dass ich bei so einem Projekt zusage, schon sehr hoch. Ich finde es lustig, seltsame Herausforderungen in diesem Beruf zu haben. In diesem Fall wurde mir von einigen Leuten gesagt, dass es auch schiefgehen könnte. Will ich da wirklich dabei sein? Ja, und wenn etwas schiefgeht, ist es auch okay.
Was wäre denn Ihr persönliches Worst-Case-Szenario?
Dass ich sofort sterbe. Aber die Chance sehe ich eigentlich nicht. Das Ensemble ist so toll besetzt, mit bekannten Schauspielerinnen und Comedygrößen und Kabarettnamen – die Mischung ist echt interessant, da wird ja niemand nach fünf Minuten abtreten müssen. Hoffe ich!
Das Publikum kann meines Wissens auch interaktiv mitspielen und entscheiden. Ist das auch so ein neuer Parameter, der den Reiz der Rolle ausmacht?
Wie das alles abläuft und funktioniert, habe ich selbst noch nicht gecheckt. Ich weiß, dass das Publikum zu Hause abstimmen kann, aber ob das irgendeinen Einfluss auf mich, meine Rolle und mein Spiel hat, weiß ich nicht. Wird mir dann was anderes ins Ohr gesagt? Muss ich anders reagieren? Keine Ahnung. Ich weiß wirklich nicht, inwieweit uns das Publikum beeinflusst.
Sind Sie selbst passionierte Brettspiel- und/oder Krimibegeisterte?
Nein, gar nicht. Das einzige Spiel, nach dem ich schon seit Jahrzehnten süchtig bin und das mich wirklich begeistert, ist „Scrabble“. Als Kind hatte ich „Cluedo“, aber weder sind Brettspiele mein Ding, noch ist der Krimi mein Hauptjob.
Umso interessanter dann also dieser Ausflug in die Live-Krimigefilde.
Es ist einfach wieder eine schöne Abwechslung. Ich liebe es und bin sehr dankbar dafür, dass ich so viele unterschiedliche Sachen machen darf. Jetzt ist gerade ein Film angelaufen, wo ich neben Matthias Schweighöfer die weibliche Hauptrolle spiele – das große deutsche Kino sozusagen. Dann lief im Fernsehen gerade „Sturm kommt auf“, dieses bedrückende Kriegsdrama von Matti Geschonneck und im Dezember kommt „Mozart/Mozart“, wo ich eine sexsüchtige Marie Antoinette spiele. Das ist fast schon Comedy auf Slapstick-Niveau. Alle hat seinen Platz, alles passt. Ich mag es, dass alles so unterschiedlich ist.
Marie Antoinette ist eine Person aus der Geschichte, Eila Kampstahl im „Live-Krimi-Dinner“ völlig fiktiv. Einmal gibt es eine Vorlage, das andere Mal nicht – das spielt sich dann doch ganz anders?
Ja, wobei wir uns bei „Mozart/Mozart“ um die historisch korrekten Fakten herum, sehr frei bewegt haben. Die Fakten haben wir natürlich korrekt vorbereitet, aber sonst gab es viel Freiraum.
Ist diese Form von Freiheit für Sie in jeder Rolle besonders wichtig?
Ja, obwohl es natürlich auch die Drehbücher gibt, wo ich das Gefühl habe, nichts ändern zu müssen oder zu wollen. Nicht einmal ein Satzzeichen. Es ist mein Beruf, etwas auszufüllen, was vorher geschrieben wurde und das mache ich zwingend mit der größtmöglichen Freiheit.
Hat es für Sie einen besonderen Reiz, eine historisch festgelegte Rolle wie jene von Marie Antoinette so frei interpretieren zu können, dass sie dann ganz anders wirkt?
Der Hauptanreiz bei „Mozart/Mozart“ waren die fantastischen Drehbücher. Ich habe sie förmlich verschlungen. Es sind sechs Drehbücher, die ich in knapp zwei Stunden inhaliert habe. Ich wollte diese Rolle unbedingt spielen. Dann gibt es die fantastische, junge und mutige Regisseurin Clara Zoë My-Linh von Arnim und fünf Monate lang in Riga zu drehen fand ich auch reizvoll. Das ist wieder eine Mischung aus ganz vielen verschiedenen Sachen, die mich interessiert haben. Und wer weiß schon, was wirklich historisch festgeschrieben und ganz wahr ist, vor allem bei den so lange vernachlässigten Frauen unserer Geschichte ...
Man weiß vorher nie so genau, ob die Umsetzung dann so viel Spaß macht wie das Lesen der Drehbücher im Vorfeld.
Korrekt, das weiß man nie genau. Wobei ich sagen muss: Ich werde dabei jedes Jahr treffsicherer.
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