"Krone"-Interview

Viktor & The Blood: “Bands sind so faul geworden”

Musik
08.03.2014 07:00
Viktor & The Blood sind aufgrund ihres flotten Hard Rocks mit Punk-Attitüde nicht darauf angewiesen, mit ihren Ex-Bands Mando Diao und Sugarplum Fairy verglichen zu werden. Vor ihrem Gig im Wiener Chelsea trafen wir Sänger Viktor Norén und Drummer Samuel Giers, um über den Unterschied von Anzügen und Lederjacken, echte Superstars und die österreichische Bundesliga zu reden.
(Bild: kmm)

"Krone": Euch kennt man schon von den wesentlich bekannteren Bands Mando Diao und Sugarplum Fairy. Was war die Intention, Viktor & The Blood zu gründen?
Viktor Norén: Dahinter steckte keine Intention. Sugarplum Fairy haben einfach nichts mehr gemacht und ich habe Songs geschrieben, um ein Soloalbum aufzunehmen. Ich habe mit unserem Gitarristen Jonas Karlsson in Stockholm gelebt und wir haben einfach gejammt. Drummer Samuel war früher bei Mando Diao und wir kannten ihn schon lange, also haben wir uns einfach zusammengesetzt und gespielt. Im Musikgeschäft sagt man zu vielen Leuten: "Lass uns was zusammen machen", ohne dass etwas passiert. Aus irgendwelchen Gründen hat es bei uns aber geklappt (lacht). Es war einfach cool, wieder Rock zu spielen, und wir haben uns dann zwei Monate voll reingehängt und erkannt, dass wir eine Band geworden sind.

"Krone": Euer Sound ist wesentlich roher und kantiger als der eurer Vorgängerbands. Wolltet ihr in Richtung Garage-Rock gehen?
Samuel Giers: Nicht wirklich, Viktor schrieb Popsongs und als wir begonnen haben, diese Ideen umzusetzen, haben sie sich einfach erhärtet. Wir hatten vorher noch nie zusammengespielt und wussten nicht, wo die Reise hingeht. Einer der aussagekräftigsten Songs war "Let It Die", wo wir gesehen haben, dass wir doch etwas härter sind. Das ist einfach so passiert.

"Krone": Wenn wir den Bandnamen heranziehen – sind Samuel und Jonas das "Blut", das die Band zusammenhält, oder wie ist das gemeint?
Giers: Viktor ist der Sänger und Songschreiber und wir sind eine klassische Drei-Mann-Rockband – es war klar, dass unser Name in so eine Richtung tendieren würde. Wir wussten immer, dass wir Viktor & The ... heißen würden und hatten einen Haufen Wörter zur Auswahl. Blood passte dann am besten zu unserer Musik und außerdem kennen wir uns alle schon länger – es hat somit einfach gepasst.

"Krone": Unlängst habt ihr euer Debütalbum "Apocalypse Right Now" veröffentlicht. Habt ihr wirklich zwei Jahre dafür gebraucht?
Norén: Wir haben etwa ein Jahr daran gearbeitet und die Aufnahmen haben davon drei Monate verschlungen.

"Krone": Habt ihr auch Ideen oder Songfragmente eurer alten Bands dafür verwendet?
Norén: Nein, es sind ausschließlich neue Songs. Als wir gemerkt haben, dass die musikalische Herangehensweise wesentlich härter und direkter werden würde, habe ich auch darauf zugeschnittene Songs geschrieben. Wenn du Lieder schreibst, ist es meist schwierig, die richtige Richtung zu wissen. Hier war es aber ziemlich einfach für uns. Ich schrieb einfach harte Rock-Songs und somit waren auch sämtliche Songs nur für Viktor & The Blood gedacht.

"Krone": Ich finde es interessant, dass ihr auf dem Album-Cover Anzüge trägt, euer Sound aber nach verschwitzten Lederjacken klingt.
Norén: Die Lederjacken tragen wir auf Tour (lacht).
Giers: Wir dachten schon, dass die Anzüge auf dem Cover ganz cool rüberkommen würden. Wir sehen mehr nach Pop aus, als die Musik im Prinzip ist. Das war ein netter Kontrast, der die Leute überraschen soll.
Norén: Wir lieben diese 60er-Jahre Mod-Szene mit den Anzügen. Wenn wir den musikalischen Aspekt von der Mode her betrachten, wurden wir von unserer Kindheit an damit beeinflusst. Die Musik ist zwar härter bei uns, aber wir sind keine Heavy-Metal-Typen mit langen Haaren (lacht).

"Krone": Seid ihr auch musikalisch von der 60er-Jahre Mod-Szene inspiriert?
Giers: Natürlich. Wenn du aufwächst, wühlst du dich durch viele Arten von Musik und irgendeine Richtung wird dann zu deiner Unterlage für die eigene Karriere. Wenn du älter wirst, ist das noch immer da und du berufst dich auf Erinnerungen, lässt diese Einflüsse raus und vermischst sie zu etwas Neuem.

"Krone": "Kicks Out On A Saturday Night" ist ein absoluter Partystampfer. Seid ihr auf Tour so wilde Feiertiere?
Norén: Samstagnachts schon (lacht). Wir hatten letztens am Samstag in Berlin gespielt und das ist doch der perfekte Ort für ein Wochenende. Wir hatten sieben Shows hintereinander, da ist es ziemlich hart, gleichzeitig Rocksänger und Partytier zu sein (lacht). Ich gebe aber mein Bestes – meine Jungs hingegen sind wie Wilde.
Giers: Du kennst das sicher selbst – die lustigsten Nächte sind immer die, die du nicht geplant hast.
Norén: Ich muss aber schon dazusagen, dass wir niemals eine gute Party abwürgen würden. Auf keinen Fall.
Giers: Es gibt schon viele Tage, wo du einfach nur müde bist, aber sobald du auf der Bühne stehst und deine Show ablieferst, die Fans abgehen siehst, bist du total aufgeweckt und dementsprechend gehst du natürlich auch in den Aftershow-Teil über. Partymachen ist lustig, aber völlig fertig gehen wir nicht auf die Bühne. Es soll schon Spaß machen, aber wir wollen ja auch davon leben und auf der Bühne zu stehen ist unser Job.

"Krone": Warum verwendet ihr eigentlich keinen Bassisten?
Norén: Als wir zu Jammen begannen, habe ich den Bass gespielt und auch die Spuren für das Album gemacht. Live mache ich das aber nicht, weil ich einfach keinen Spaß daran habe, das mit dem Singen zu kombinieren. Es war mir immer wichtig, dass es bei dieser Band nur um den Spaß und die Musik geht und den meisten Spaß habe ich, wenn ich nur singe und manchmal Gitarre spiele. Wir haben dann beschlossen, niemanden hinzuzuholen, weil wir drei so einzigartig funktionieren, dass der Bass live halt vom Band kommt. Wir haben einige Bass spielende Freunde, die uns sicher mal verstärken, werden aber kein fixes Mitglied in die Band aufnehmen.
Giers: Wir sind einfach die klassische Rock-'n'-Roll-Besetzung und es läuft einfach für uns.

"Krone": Produziert wurde euer Album von Jacob Hellner, den man von Rammstein kennt. Eine recht unübliche Entscheidung. Kanntet ihr Hellner schon im Vorfeld?
Norén: Er ist in Deutschland sicher bekannter als in Schweden. Wichtig war, dass er Schwede ist, weil das die Kommunikation im Studio im Vergleich zu einem Deutschen oder einem Briten wesentlich erleichtert. Wir wollten auch einen härteren Sound und mit Rammstein hat er schon viel vorgelegt.

"Krone": Ärgert es euch, dass ihr durch eure alten Bands als Supergroup angesehen werdet?
Norén: Nein, ich finde es eher lustig, weil wir einfach keine Supergroup sind (lacht). Um so etwas zu sein, musst du eine Legende sein wie Bob Dylan oder Tom Petty. Nicht drei Typen von schwedischen Indie-Bands (lacht).

"Krone": So Indie sind zumindest Mando Diao ja nicht mehr.
Norén: Nein, aber du weißt schon, was ich meine. Wir sind keine Rod Stewart/Bryan Adams-Kompilation (lacht).

"Krone": Ihr zieht aber doch sicher Vorteile aus eurem Status.
Norén: Natürlich, aber wir haben auch mit den anderen Bands zuvor hart gearbeitet und uns mehr als zehn Jahre gut im Geschäft gehalten. Wir haben uns das also durchaus verdient. Leute, die uns von Beginn an folgen, wissen, wie hart wir für diesen Jetztstand gearbeitet haben. Der Name allein macht es aber auch nicht. Würden wir schlecht klingen, würden sich auch die alten Fans nicht mehr um uns kümmern.

"Krone": Mit euren alten Bands kann man euch schon rein vom Sound her nicht vergleichen.
Norén: Das ist absolut unmöglich.
Giers: Deshalb planten wir von Anfang an gar nichts, um nicht in die Schiene der alten Bands zu rutschen. Das war auch der Grund, dass wir Hellner als Produzent engagierten, weil er einfach aus einer ganz anderen musikalischen Welt kam.

"Krone": Mit der neuen Band müsst ihr jetzt auch wieder die großen Bühnen räumen und in den verschwitzten Clubs spielen.
Giers: Das ist großartig. Das Gefühl ist etwas ganz Besonderes, weil wir wieder etwas zum ersten Mal machen. Wir wissen das jetzt viel besser zu schätzen als früher.
Norén: Wenn du Erfolg hast, kannst du ihn nicht genießen, ohne dafür hart gearbeitet zu haben. Einen schnellen Hit zu haben kann dich niemals so befriedigen, wie durch die Kellerclubs zu ziehen. Hart zu arbeiten fühlt sich immer besser an. Wir lieben die Tatsache, dass wir am Startpunkt beginnen.

"Krone": Die ersten Sporten habt ihr euch als Support von den Sounds verdient. Jetzt läuft gerade eure erste Headliner-Tour. Wie nimmt das Publikum euch auf?
Norén: Absolut gut, den Leuten gefällt, was wir machen. Die Pop-Bands, die wir früher hatten, kommen halt nicht mehr, weil es ihnen wohl zu hart ist. Aber es kommen aber viele Rocker zu den Shows.

"Krone": Ihr musstet auch ein tragisches Ereignis hinnehmen, denn letzten September verstarb der langjährige Sugarplum-Fairy-Drummer Kristian Gridlung an Magenkrebs und ihr habt ihm das Album gewidmet. War die tragische Krankheitsgeschichte eine Art Zusatzmotivation für Viktor & The Blood?
Norén: Wir haben keine direkte Verbindung dazu, aber wenn das einem nahestehenden Freund passiert, ist natürlich jeder Schritt unweigerlich mit diesem Ereignis verbunden. Die Songs wurden von diesem lebensverändernden Schritt nicht inspiriert, aber beeinflusst. Wir haben keinen Song über unseren verstorbenen Freund geschrieben, ich bin der Meinung, so etwas geht einfach nicht, weil es nicht okay ist. So wie etwa Eric Clapton, der einen Song für seinen toten Sohn schrieb, aber ich finde das irgendwie billig. Es ist eher eine Art Widmung und wir wollen einfach die Erinnerungen behalten, als er noch am Leben war. Unsere Musik wird immer in Verbindung zu ihm stehen – er war einer unserer allerbesten Freunde.

"Krone": Viktor, du hast für "Das wilde Leben" sogar einmal eine Filmrolle abgeräumt.
Norén: Ja, das war vor acht Jahren und nicht wirklich Schauspiel, sondern ein kleiner, kurzer Part. Ich glaube sie haben damals ein Video von Sugarplum Fairy gesehen und einen Typen gesucht, der eine kleine Mick-Jagger-Rolle für diesen deutschen Film spielt. Es waren nur ein paar Zeilen und ich fand das ganz cool. Da ich Mick ein bisschen ähnle, war es einfach. Ich musste nicht fünf Stunden in der Maske verbringen (lacht).

"Krone": Eine große Filmkarriere hast du also nicht geplant?
Norén: Nein, das nicht. Es war aber ziemlich cool. Das ist so, wie wenn dir jemand ein Spiel in der Bundesliga anbietet – das würdest du doch auch machen wollen (lacht).

"Krone": Aber wohl nicht in der österreichischen Bundesliga.
(Alle lachen)
Norén: Womöglich nicht. Aber du bekommst eine tolle Chance, etwas Branchenfremdes zu machen und es ist eine coole Erfahrung für deine Tätigkeitsliste, aber es hat mich nicht in das Business gesogen.

"Krone": Samuel, vor einigen Jahren bist du aus Mando Diao rausgeflogen. Herrscht noch immer böses Blut zwischen dir und der Band?
Giers: Nicht wirklich. Ich kümmere mich auch nicht mehr wirklich darum, denn wenn du einmal etwas Neues startest, bist du dort fokussiert und denkst nicht mehr an die Vergangenheit. Das klingt nach einem Klischee, aber so sieht es nun einmal aus. Nach dem Rauswurf wusste ich natürlich nicht, was ich jetzt tun sollte, aber Viktor & The Blood waren ein absoluter Glückstreffer. Ich bin mittlerweile sehr glücklich mit der Situation und sehe es wie eine Beziehung – es läuft einfach hervorragend. Es klingt ein bisschen verrückt, ist aber so. Ich weiß natürlich schon, dass das damals auch etwas freundlicher hätte verlaufen können, aber dann wäre alles nicht so gekommen, wie es jetzt ist. Alles passiert aus einem Grund.

"Krone": Schreibt ihr schon an neuem Material?
Norén: Wir arbeiten hart an unserem nächsten Album und wollen es Ende des Jahres veröffentlichen. Ich liebe eben die 60er-Jahre, als alle Bands noch zwei Alben pro Jahr veröffentlicht haben. Auch in den 90er-Jahren haben die Bands noch jährlich veröffentlicht, mittlerweile sind es nur mehr alle fünf Jahre. Die Bands sind so faul geworden.
Giers: Du verlierst als Fan ja das Interesse daran. Du willst einem Künstler folgen und wenn du dich dann – wie Beck jetzt – sechs Jahre versteckst, ist das nicht gut. Wenn du etwa ein 14-Jähriger warst, bist du dann 21 und ein komplett anderer Mensch mit einem womöglich anderen Musikgeschmack.
Norén: Wir haben auch schon an die zwölf Songs und schreiben fleißig weiter für die nächsten Alben. Das ist unser Masterplan. Viele Künstler schreiben 45 Songs und wählen dann die zehn besten, aber ich finde es interessanter, wenn du die komplette Entwicklung einer Band verfolgen kannst – wie eben auch in den 60ern. Da wurde alles veröffentlicht. Wir wollen eigentlich jeden Song veröffentlichen, den wir schreiben – sofern er halt gut genug ist.

"Krone": Gibt es Verbindungen zwischen den Alben, wenn du die schon so früh planst?
Norén: Eine Verbindung in natürlicher Art und Weise. Es wird auch härtere Songs als jetzt geben und wir bleiben eine Hard-Rock-Band.

"Krone": Bis ihr dann wirklich zu einer langhaarigen Metal-Band mutiert.
(Alle lachen)
Giers: Es ist auch wichtig, eine Verbindung zu haben, um eben der Entwicklung der Band folgen zu können. Wir wollen nicht in der Versenkung verschwinden und plötzlich mit einem Country-Album wiederkommen (lacht).

"Krone": Fällt es euch so leicht, Songs so schnell zu schreiben?
Norén: Wenn du ein Songwriter bist, musst du auch in einer Situation sein, wo du leicht inspiriert wirst. Bei Viktor & The Blood weiß ich, dass ich einen Song schreiben kann und er sich nach zwei Tagen üben toll anhören wird. Wir nehmen auf Tour auch Demos auf, Songs schreiben wir aber zu Hause. Wir sind eben schon dabei, die letzten Schritte für das nächste Album fertigzustellen - das geht ganz schnell bei uns.

"Krone": Was sind jetzt die näheren Ziele für die Zukunft? Bekannter als eure alten Bands zu werden? Noch mehr Spaß zu haben?
Giers: So kann man nicht denken, aber natürlich wollen wir erfolgreicher und größer werden. Andererseits würden wir das nicht machen. Wenn du nur nach dem Geld gehst, wird das sicher daneben gehen.
Norén: Wenn du lange genug im Geschäft bist, lernst du, dass du solche Dinge nicht kontrollieren kannst. Du kannst nur die Musik kontrollieren – alles drumherum nicht.

"Krone": Wenn das nächste Album aber härter wird, könnte es schwierig sein, noch mehr Leute zu erreichen.
Norén: So hart wird es dann auch nicht (lacht).
Giers: Die Songs sind immer noch Popsongs, nur härter gespielt. Die Rockszene ist auch nicht auf kommerzielle Musik angewiesen, weil sie sich schon immer selbst förderte. Schau dir nur mal die ganzen Rock-Festivals in Europa an – da brauchst du keinen Fokus auf die Charts. Haben wir mal einen Nummer-Eins-Hit, wäre das natürlich wundervoll, aber wir arbeiten nicht darauf hin.

"Krone": Obwohl Schweden und Österreich ähnlich viele Einwohner haben, werden Bands und Künstler bei euch in einer viel größeren Anzahl international bekannt. Woran liegt das?
Norén: Wir singen alle in Englisch und sprechen diese Sprache auch sehr gut. Wenn du dur sind also auf die schwedischen Untertitel angewiesen. In Schweden will jeder auf die große Bühne. Würden die Bands in Österreich vielleicht perfekt auf Englisch singen, wäre die Chance auf internationalen Erfolg auch größer. In Schweden herrscht auch ein Rieseninteresse an heimischer Musik.
Giers: In den 60er-Jahren hat sich in Skandinavien die Verbindung zu England aufgetan, wo die Musik von drüben rüberschwappte und alle die Songs nachspielten. Das ist eine lange Geschichte, die zum Status Quo führte.

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