Ein Paukenschlag aus Rimini: Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat der Europäischen Union bei einem Auftritt auf einem Kongress die rote Karte gezeigt. In einer rund 40-minütigen Rede erklärte die Vorsitzende der rechten Regierungspartei Fratelli d’Italia (Brüder Italiens), die EU sei „zunehmend zur geopolitischen Bedeutungslosigkeit verdammt“.
Die Union sei „unfähig, wirksam auf die Herausforderungen der Wettbewerbsfähigkeit durch China und die USA zu reagieren“. Während die beiden Großmächte wirtschaftlich und politisch immer stärker würden, verliere Europa, so Meloni, Schritt für Schritt an Gewicht.
Warnung im Gleichklang mit Draghi
Bemerkenswert: Mit ihren Worten griff Meloni die Linie ihres Vorgängers Mario Draghi auf. Der parteilose Ex-EZB-Chef hatte in Rimini ebenfalls vor einer geopolitischen und wirtschaftlichen Schwäche Europas gewarnt. Dass zwei politisch so unterschiedliche Figuren die gleiche Diagnose stellen, verstärkt die Sprengkraft der Aussagen.
Meloni betonte, sie habe diese Entwicklung schon lange vorhergesehen. Das Fundament, auf dem die EU und die Demokratien gebaut seien, werde zudem zunehmend von „zynischen Autokratien“ infrage gestellt. Deshalb müsse die Union „ihre Seele und ihre Wurzeln wiederentdecken“.
Gemäßigte Meloni plötzlich wieder knallhart
Die 47-jährige Regierungschefin steht seit Oktober 2022 an der Spitze einer Rechtskoalition in Italien. Schon im Wahlkampf war sie mit klar EU-skeptischen Positionen aufgefallen. In der Regierungsarbeit hat sie sich zwar gemäßigter gezeigt, doch in Rimini ließ sie durchblicken: Ihr Grundmisstrauen gegenüber Brüssel ist geblieben.
Meloni versucht zugleich, ihre Rolle auf internationaler Bühne auszubauen. Bereits zu Beginn von Donald Trumps zweiter Amtszeit hatte sie sich selbst als mögliche „Brückenbauerin“ zwischen Europa und den USA ins Spiel gebracht. Vor dessen Amtsantritt reiste sie sogar in den Privatclub Mar-a-Lago des US-Präsidenten in Florida.
„Europa hat sich ein wenig verloren“
Auch im März dieses Jahres schlug sie ähnliche Töne an: Damals stimmte sie US-Vizepräsident JD Vance zu, der Europa mangelnde Achtung vor Meinungsfreiheit und Demokratie vorgeworfen hatte. „Ich muss sagen, dass ich zustimme. Ich sage das schon seit Jahren. Europa hat sich ein wenig verloren“, erklärte Meloni damals. Ihre klare Botschaft: Europa droht, den Kontakt zu seinen eigenen Grundwerten zu verlieren.
Mit ihrer Rede in Rimini hat Giorgia Meloni jedenfalls erneut gezeigt, dass sie nicht davor zurückschreckt, der EU unbequeme Wahrheiten zuzumuten. Ob ihre Worte als Weckruf oder als Frontalangriff verstanden werden – das dürfte in Brüssel für Diskussionen sorgen.
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