Soziales Trittbrett

„Vollzeitkräfte finanzieren Teilzeitarbeit quer“

Wirtschaft
25.06.2025 11:00

Die Österreicher gehen laut Präsident der Industriellenvereinigung Georg Knill nicht nur zu früh in den Ruhestand, sie arbeiten im Schnitt auch zu wenige Stunden. Österreich ist mit 31 Prozent Teilzeit-Europameister. Sie sollen einen Mindestbeitrag ins Sozialsystem einzahlen – das soll soziales Trittbrettfahren unterbinden.

Österreich hat trotz Krise eine Rekordanzahl an Beschäftigten, doch sie arbeiten im Schnitt immer weniger Stunden – Teilzeit boomt. Über 1,2 Millionen Österreicher, arbeiten weniger, ganze 31 Prozent der Beschäftigten. Die Arbeitszeit nahm in den vergangenen 20 Jahren von 1600 auf 1400 Stunden jährlich ab, US-Amerikaner sind etwa um 25 Prozent mehr im Job im Einsatz.

„Teilzeitkräfte tragen zu wenig bei“
„Der Rückgang der Arbeitszeit belastet den Sozialstaat, denn die Teilzeitkräfte tragen zu wenig bei“, so IV-Präsident Georg Knill, der einen „fairen und gerechten Beitrag“ fordert. „Derzeit finanzieren Vollzeitkräfte die Teilzeitarbeit mit ihren Beiträgen quer“, meint Knill – ein soziales Trittbrettfahren sozusagen. Mehr Wohlstand sei generell nur durch mehr Arbeit erreichbar.

Die Arbeitszeit nimmt ab und Teilzeit boomt. Das schade dem Wohlstand, kritisiert die Industrie.
Die Arbeitszeit nimmt ab und Teilzeit boomt. Das schade dem Wohlstand, kritisiert die Industrie.(Bild: APA/Georg Hochmuth)

Der Industrielle sieht zwei zentrale Schrauben, an denen die Politik drehen kann: Da wäre das progressive Steuersystem. Es führt zu Folgendem: Wer seine Arbeitszeit von 20 auf 40 Stunden, verdoppelt, bekommt im Schnitt dafür nur 67,5 Prozent mehr entlohnt. Steuerfreie Boni für den Wechsel auf eine Vollzeitstelle oder eine flachere Steuerprogression wären Ansatzpunkte. 

Vollzeitkräfte finanzieren Teilzeit quer
Zweiter wichtiger Punkt sind die Beiträge zur Krankenversicherung. Das Problem: Derzeit kann sich ein Arbeitnehmer in Österreich mit 30 oder 50 Prozent der Arbeit den vollen Krankenversicherungsschutz leisten. Diesen „Rabatt“ finanzieren dann aber die Vollzeitkräfte mit ihren Beiträgen quer.

Knill schlägt eine „Kopfprämie“ wie in Rumänien oder Schweiz vor. Im Nachbarland ist der Beitrag zur Krankenversicherung nicht vom Einkommen abhängig, sondern fix. Auch über untere Limits könnte man diskutieren: „Es gibt auch einen Höchstbeitrag, warum nicht auch einen Mindestbeitrag?“, fragt Knill.

Abgesehen davon legt Knill auch in der Pensionsdebatte nach. So soll das Pensionsantrittsalter konkret ab 2034 jährlich um ein halbes Jahr steigen und so bis 2040 bei 68 Jahren liegen. „Das wäre ein pragmatischer Zugang, bei dem auch der Vertrauensschutz aufrecht bleibt.“  Zuletzt hatte sich Knill für ein Pensionsantrittsalter ab 70 ausgesprochen, und dafür viel Kritik geerntet – auch von der Gewerkschaft, die nun erneut gegen Knills Vorstoß schießt.

Gewerkschaft findet Vorschlag „realitätsfremd“
Auch diesmal meldete sich GPA-Chefin Barbara Teiber zu Wort: „Die ständigen Angriffe der Industriellenvereinigung auf Teilzeitbeschäftigte sind an Zynismus nicht zu überbieten. Bei der Kinderbetreuung hinkt Europa einem großen Teil Europas nach und viele Branchen bieten keine Vollzeitjobs an, obwohl Beschäftigte gerne mehr Stunden hätten.“ Die Vorschläge seien „zynisch und realitätsfremd“, so die SPÖ-Abgeordnete.

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