Schaurige Geschichte

Ceausescus Hinrichtungsort als Touristenattraktion

Ausland
04.09.2013 11:08
Zu Lebzeiten war er verhasst, nun soll der rumänische Diktator Nicolae Ceausescu zum Touristenmagnet werden: Nach seinem Geburtshaus und seinen Villen ist nun auch der Ort seiner Hinrichtung der Öffentlichkeit zugänglich. Die düsteren Kasernen in der ehemaligen Militärbasis von Targoviste rund 100 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Bukarest wurden zum Museum umgebaut. Seit Dienstag können Interessierte die schaurige Stätte besuchen.

"Viele Rumänen und Ausländer sagten uns, sie wollten die Wand sehen, an der Ceausescu und seine Frau Elena am 25. Dezember 1989 erschossen wurden", sagt Museumsdirektor Ovidiu Carstina (Bild 1). Die Bilder vom Tod der Ceausescus gehören zu den Symbolen der Revolutionen in Ost- und Zentraleuropa, die damals den Eisernen Vorhang zu Fall brachten.

Diktatorenpaar nach Flucht im Schnellverfahren erschossen
Am 22. Dezember 1989, als sich vor dem Sitz der Kommunistischen Partei wütende Menschenmassen versammelten, flohen die Ceausescus in einem Hubschrauber aus der Hauptstadt Bukarest. Es sollte ihre letzte Reise werden: Sie wurden von der Armee gestoppt, in Targoviste inhaftiert und nach einem militärischen Schnellverfahren erschossen.

Damit endete Ceausescus mehr als 20-jährige Diktatur. Mithilfe der mächtigen Geheimpolizei Securitate hatte er das Volk rücksichtslos überwacht und die Meinungsfreiheit unterdrückt. Während die Bevölkerung unter Nahrungsmittel- und Strommangel litt, regierten Vetternwirtschaft und ein zunehmend wahnwitziger Personenkult. Ceausescus Frau Elena, die inoffizielle Nummer zwei des Regimes, stand ihrem Mann in puncto Skrupellosigkeit in nichts nach.

"Unser Ziel ist es, die Dinge so zu zeigen, wie sie geschahen - ohne den Prozess, das Leben der Ceausescus oder ihren Personenkult zu kommentieren", erklärt Carstina. Die 1907 erbaute Kaserne wirkt, als sei die Zeit nach der Hinrichtung angehalten worden. Selbst die Eisenbetten mit den schmutzigen Matratzen, auf denen die Ceausescus ihre letzten drei Nächte verbrachten, sind noch vorhanden.

Einschusslöcher noch immer in der Wand
Ebenso wie die Tische der Richter und Anwälte wurde auch die provisorische Anklagebank, auf der das Paar vor beinahe einem Vierteljahrhundert in dicken Wintermänteln saß und das Urteil vernahm, wieder an ihren ursprünglichen Platz gestellt. Die graugelbe Wand, vor der Nicolae und Elena Ceausescu wenige Minuten später exekutiert wurden, weist noch immer die Einschusslöcher auf. Auf einem Schwarz-Weiß-Fernseher sind die Aufnahmen des Prozesses und der Hinrichtung zu sehen, die im Dezember 1989 um die Welt gingen und Kritik am Eilverfahren hervorriefen.

"Wir wollen keine Debatte eröffnen, wir wollen nur von einem Meilenstein der rumänischen Geschichte erzählen", betont Carstina. "Jede Nation muss ihre Geschichte annehmen, ohne bestimmte Ereignisse unter den Teppich zu kehren", sagt der Soziologe Vasile Dancu. "Egal was wir tun, wir können die Bilder dieses Scheinprozesses, der vom Kollaps der rumänischen Gesellschaft in dieser Zeit zeugt, nicht ausradieren."

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