Vergleichbar mit einer Hochschaubahn wechseln die Gefühle von Menschen mit bipolarer Erkrankung. "Etwa 42 Prozent der Patienten leiden unter stark ausgeprägten Symptomen, die sie bei ihrer Arbeit belasten oder diese sogar unmöglich machen", berichtet Univ.-Prof. Dr. Christian Simhandl, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie vom Bipolar-Zentrum Wiener Neustadt. "Bipolar-I-Betroffene befinden sich etwa ein Drittel der Zeit in einer depressiven Phase, Bipolar-II-Betroffene sogar die Hälfte."
Die starken "Hochs" dagegen sind oft kurz. Während ihnen werden außergewöhnliche Pläne geschmiedet, große Vorhaben begonnen oder viel Geld ausgegeben, was sich Betroffene dann während der Depression gar nicht mehr vorstellen können und sogar darunter leiden. Jede Phase der Krankheit muss daher gezielt behandelt werden, ohne die jeweils andere zu begünstigen.
Die Behandlung ist auf drei Säulen aufgebaut, wobei Medikamente allein oder in Kombination zur Stabilisierung der jeweiligen Stimmungslage – gezielt auf die Bedürfnisse abgestimmt – eine große Rolle spielen. Simhandl erklärt die Einteilung:
"Nicht genügend Angebote zur Verfügung"
Außerdem können Psychotherapie und spezielle Psychoedukation (umfangreiches Aufklärungsprogramm) einen wichtigen Beitrag zum Erfolg leisten. "Leider stehen in Österreich noch nicht genügend solcher Angebote zur Verfügung", bedauert Simhandl.
Die Patienten schildern dem Arzt oder Therapeuten ihre Erfahrungen mit den Stimmungsschwankungen, umgekehrt erhalten die Betroffenen wichtige Informationen darüber, was Bestandteil der Erkrankung ist und wobei es sich um alltägliche Situationen handelt. So lernen Betroffene nach und nach den Umgang mit ihrer Krankheit und sind ihr nicht mehr ausgeliefert.
Regelmäßiger Tag-Nacht-Rythmus wichtig
Für Bipolar-Erkrankte ist ein gleichmäßiger Tag-Nacht-Rhythmus sehr wichtig und hat sogar Rückfall verhütende Wirkung. Wer einen Langstreckenflug plant, sollte sich schon einige Tage vorher auf die andere Zeitzone umstellen, um Jetlag zu verhindern. Empfehlenswert ist es, einen Verlaufskalender zu führen, in dem täglich Befindlichkeit, Schlafzeiten usw. eingetragen werden. So können Patienten selbst ein Frühwarnsystem aufbauen, damit der Beginn einer depressiven bzw. manischen Phase rasch erkannt wird und rechtzeitig gegengesteuert werden kann.
Durch die stark wechselnden Stimmungen des Patienten sind auch Angehörige oft sehr belastet. Sie sollten sich Freiräume schaffen, in denen sie Kontakt mit Freunden haben oder Hobbys nachgehen, die nichts mit der Erkrankung zu tun haben. Experten der Österreichischen Gesellschaft für Bipolare Erkrankungen haben für Betroffene und Angehörige weitere Tipps im Umgang mit den Stimmungsschwankungen erarbeitet.
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