Zwölfmal stellte sich Gerhard Gulewicz dem härtesten Radrennen der Welt. 2017 begleitete ihn „Krone“-Redakteur Mario Ruhmanseder auf seiner letzten großen Herausforderung. Nun ist der Extremradsportler im Alter von 57 Jahren verstorben. Ein persönlicher Abschied von einem, der nie aufgab.
Es war einer dieser Zufälle, die sich erst im Rückblick wie ein Wink des Schicksals anfühlen: Noch vor einer Woche hatte ich meiner Bürokollegin von ihm erzählt. Von jenem Mann, mit dem ich 2017 ein Abenteuer teilte, das mich bis heute bewegt. Von Gerhard Gulewicz.
Am Samstag ist er verstorben. In St. Wolfgang. Mit nur 57 Jahren.
Ein Getriebener im besten Sinne
Gerhard war nicht nur ein Extremradfahrer. Er war ein Getriebener im besten Sinne. Ein Visionär. Ein Motivator. Einer, der nicht einfach Rennen fuhr, sondern sich selbst, seinem Körper, seiner Psyche immer wieder neue Grenzen aufzeigte – und sie verschob. Zwölf Mal stellte er sich dem Race Across America, diesem Monument an Herausforderung, diesem endlosen Kampf gegen Hitze, Höhenmeter, Schlafmangel, sich selbst.
2017 war er ein letztes Mal angetreten
Ich durfte ihn bei seinem letzten Antritt begleiten. 2017 war das, Gerhard war 50 – und hatte beschlossen, es ein letztes Mal zu versuchen. Nach vier Ausfällen in Serie sollte es diesmal klappen. Noch einmal packte er alles an. Neues Team. Neues Ernährungskonzept. Neuer Fokus. Die ersten Tage waren vielversprechend. Durch die Wüste von Arizona, bei knapp 50 Grad, kämpfte er sich wie immer stoisch. Doch in den Bergen auf über 3000 Meter kam der Einbruch. Atemprobleme, schwerer Husten. Eine Nacht im Krankenhaus. Und dann das bittere Ende: Lake Mary. Schluss.
Mit erhobenem Haupt die Bühne verlassen
Aber was mir von diesem Moment bis heute geblieben ist, ist kein Bild der Niederlage. Sondern ein anderer Satz, der mir seither nicht mehr aus dem Kopf geht. Gerhard sagte: „In den letzten Jahren habe ich oft genug die Gesundheit hinten angestellt. Doch heuer wollte ich die bei meinem allerletzten Antreten nicht mehr riskieren.“ Er hatte mit erhobenem Haupt die Bühne verlassen, die ihm so viel bedeutete. Mit Stolz. Mit Würde. Und vor allem: mit Klarheit. Ich bewunderte ihn dafür – auch wenn ich damals noch dachte, dass er mich im nächsten Frühjahr wieder kontaktieren würde. Mit neuen Plänen. Noch einem Versuch. Aber er tat es nicht.
Er gab nie auf, obwohl er oft fiel
Sein bestes Ergebnis war ein zweiter Platz – ein oder sogar mehrere Siege, wie sie Franz Spilauer, Wolfgang Fasching oder Christoph Strasser errangen, blieb ihm verwehrt. Aber vielleicht lag gerade darin seine Größe: Dass er nie aufgab, obwohl er oft fiel. Dass er immer wieder aufstand. Ob nach einer Lungenentzündung während des Rennens, oder auch nach einer Lebensmittelvergiftung. Und auch 2015, als ihn bei einer Bergabfahrt in Colorado ein Motorrad abschoss.
Gerhard Gulewicz war ein Ausnahmeathlet. Aber vor allem: ein besonderer Mensch. Ich bin dankbar, dass ich ein kleines Stück seines Weges begleiten durfte.
Mach’s gut, Gerhard.
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