Argument widerlegt

Vorratsdaten nicht zur Prävention von Terror geeignet

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12.09.2012 10:34
Eines der wichtigsten Argumente der Befürworter der Vorratsdatenspeicherung lautet, man könne Terroristen damit schon vor einem Angriff identifizieren und Attacken so verhindern. Deutsche Wissenschaftler haben diese These mithilfe mathematischer Simulationen nun allerdings widerlegt - das Argument der Terrorverhinderung sei aufgrund der Studie "fraglich" und daher eine Kosten-Nutzen-Rechnung nötig.

"Entgegen bisheriger Vermutungen haben unsere Simulationen gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit, Terroristen ausfindig zu machen, praktisch nicht steigt", so Professor Kay Hamacher von der TU Darmstadt.

Zur Erforschung der Terrorismus-These wurden sogenannte Agenten-basierte Simulationen durchgeführt. Es handelt sich dabei eine Methode aus der Biologie, um Netzwerke von Interaktionen - zum Beispiel zwischen Räubern und Beutetieren - zu untersuchen. Dabei werden konkrete Situationen simuliert und Interaktionen zwischen den Beteiligten modelliert.

Simulationen nach realen Terrornetzwerken
Die Forscher der TU Darmstadt haben die Simulationen erstmals auf sicherheitsrelevante Richtlinien übertragen, als "Agenten" wurden Terroristen und Bürger eingesetzt. Die Wissenschaftler nützten reale Terrornetzwerke, deren Interaktionen nach den Anschlägen vom 11. September bekannt geworden waren.

Terrorzellen in Bürger "eingepflanzt"
Bei den Berechnungen wurden kleine Gruppen von acht bis 17 Terroristen in verschieden große Gruppen von 50.000 bis zu einer Million Bürgern quasi eingepflanzt. In den Simulationen unterschied sich die Kommunikation der Terroristen zumindest zeitweise von den anderen Personen, etwa durch mehrere kurze Telefonate, die bei einem realen Anschlag geführt werden könnten.

Suche nach der Nadel im Heuhaufen
Dieses auffällige Verhalten herauszufiltern, gleiche allerdings der Suche nach einer Nadel im Heuhaufen, so die Forscher. Schließlich seien mehrere kurze Telefonate zum Beispiel auch bei der Organisation einer Hochzeit üblich. Herausgestellt hat sich außerdem, dass das Herausfiltern potentieller Attentäter schwieriger wird, je länger Daten gespeichert werden - da ja mit jedem Tag die Wahrscheinlichkeit steigt, auch ganz normale Bürger ins Visier zu nehmen. "Eine Speicherfrist von etwa 14 Tagen bis drei Monaten hat sich in unseren Simulationen als sensitiver herausgestellt als beispielsweise eine sechsmonatige Speicherung", erklären die Forscher.

Ein weiteres Problem: Kleine Terrorzellen könnten Ermittler sehr einfach auf falsche Spuren locken. Sie könnten zum Beispiel eine Art Zwillingsgruppe schaffen, die dann an ihrer statt verfolgt werde.

Wissenschaftler fordern Kosten-Nutzen-Analyse
Insgesamt, so die Forscher, sei aufgrund der Ergebnisse der Simulationen eine Kosten-Nutzen-Analyse der sechsmonatigen Vorratsdatenspeicherung nötig. Schließlich zeige auch eine neuere Untersuchung des deutschen Bundeskriminalamts, dass auch die Aufklärungsquote bereits verübter Delikte mithilfe der Vorratsdatenspeicherung um maximal 0,06 Prozent steige - darunter vor allem Betrugsdelikte. Das Max-Planck-Institut für Strafrecht komme gar nur auf 0,002 Prozent.

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